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Nichtamtliche Begründung zur Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland über Anforderungen an die berufliche Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Diakonie (Mitarbeitsrichtlinie)

Lfd. Nr.
Begründung
Fundstelle
Richtlinie
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Begründung zur Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland über Anforderungen an die berufliche Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Diakonie (Mitarbeitsrichtlinie)
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Begründung
zur Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
über Anforderungen an die beruflichen Mitarbeit
in der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Diakonie
vom 20. Januar 2024

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I. Allgemeines
1. Ausgangslage und Zielsetzung

Dienststellen und Einrichtungen der Kirche und ihrer Diakonie müssen ihrem Auftrag gerecht werden, das Evangelium in Wort und Tat zu verkündigen. Dies tun sie, indem sie ihre Dienststellen und Einrichtungen evangelisch profilieren und zu diesem Zweck bestimmte Anforderungen an ihre Mitarbeitenden stellen.
Kirche und ihre Diakonie stehen vor Herausforderungen, denen sie sich offensiv stellen und zu deren Umsetzung die Mitarbeitsrichtlinie beitragen soll:
Das zunehmende Handeln unter Marktbedingungen in vielen Bereichen der Sozialwirtschaft, des Gesundheits- und Bildungswesens, wie auch der Verwaltung stellt diakonische Einrichtungen wie verfasstkirchliche Dienststellen vor die Aufgabe, ihrem Auftrag unter den gegebenen ökonomischen Rahmenbedingungen gerecht zu werden. Zugleich wird das religiöse Profil einer Einrichtung zu einem Wettbewerbsfaktor, der adäquat erkennbar sein muss.
Der zunehmende Fachkräftemangel in vielen Bereichen der kirchlichen und diakonischen Arbeit führt dazu, dass zur Aufrechterhaltung dieser Arbeit Mitarbeitende eingestellt werden, die durch Begleitung in der beruflichen Praxis sowie durch Fort- und Weiterbildung in Grundlagen des christlichen Selbstverständnisses und Ethos eingeführt werden müssen, so dass sie als Mitarbeitende an der Profilierung der Dienststelle oder Einrichtung mitwirken können.
Die zunehmend multireligiös und säkularer werdende Gesellschaft stellt Kirche und ihre Diakonie vor mehrfache Herausforderungen:
  • Aus Gründen der Wahrung des Rechts auf individuelle Religionsausübung ist es wichtig, das evangelische Profil einer Einrichtung oder Dienststelle erkennbar darzustellen und umzusetzen: Mitarbeitende sollen ihren Arbeitgeber auch hinsichtlich des organisationskulturellen, -ethischen bzw. religiösen Profils einer Einrichtung wählen können. Klientinnen und Klienten wiederum sollen die Möglichkeit haben, bestimmte Leistungen mit einem bestimmten ethischen bzw. religiösen Profil in Anspruch zu nehmen (z.B. christliche Erziehung im Kindergarten, evangelisches Profil in der Beratung, christliche Spiritualität im Altenheim).
  • Aus fachlichen Gründen sind in bestimmten Bereichen (z.B. Kindertagesstätten, Pflege, Beratung) Mitarbeitende einzustellen, die kultur- und religionssensibel auf ihre Klientel eingehen können, wozu es hilfreich sein kann, dass Mitarbeitende einer nicht-christlichen Religion angehören.
  • In der Öffentlichkeit wie auch in der Mitarbeiterschaft von Kirche und ihrer Diakonie ist ein Plausibilitätsverlust hinsichtlich des kirchlichen Arbeitsrechts wahrzunehmen. Dass es sich hier nicht um ein unzeitgemäßes, in einem weltanschaulich neutralen Staat unangemessenes „Privileg“ der Kirche handelt, ist durch schlüssige Argumentation und vor allem durch möglichst konsequente Umsetzung von Profilierungsmaßnahmen in der öffentlichen und internen Kommunikation darzustellen.
Die Rechtslage gibt der Kirche mit ihrer Diakonie nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV den Raum, ihr Selbstbestimmungsrecht auch im arbeitsrechtlichen Bereich ausüben zu dürfen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seiner Entscheidung vom 25. Oktober 2018 (sog. „Fall Egenberger“) entschieden, dass das Selbstbestimmungsrecht durch die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, das auf die EU-Richtlinie 2000/78 zurückgeht, begrenzt wird und hierfür eigene Kriterien vorgelegt. Hierdurch ist nun eine unklare Rechtslage entstanden. Das EWDE hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen, um zu einer Klärung zu kommen. Erst die Entscheidung des BVerfG kann die Spannungen zwischen dem aus der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie 2000/78 stammenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), dessen Auslegung durch das BAG und dem verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen auflösen.
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2. Kirchlicher Auftrag

Der kirchliche Dienst ist durch den Auftrag bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu verkündigen. Diesem generellen Anliegen dienen alle Dienststellen, Einrichtungen, Werke und Dienste der Evangelischen Kirche in Deutschland, ihrer Gliedkirchen und der Diakonie mittel- oder unmittelbar.
Der kirchliche Auftrag wird in vier Grundvollzügen umgesetzt:
  1. Gottesdienst und Spiritualität (Leiturgia),
  2. Helfendes Handeln (Diakonia),
  3. Bekenntnis und Zeugnis (Martyria) sowie
  4. Gemeinschaft (Koinonia).
Die vier Grundvollzüge setzen sich gegenseitig voraus und beziehen sich aufeinander. Daher darf keiner aus dem Zusammenhang der anderen gerissen werden. Beispielsweise werden die Grundvollzüge Helfendes Handeln, Bekenntnis und Gemeinschaft durch die motivierende und ethisch orientierende Kraft des Evangeliums, die durch den Gottesdienst erfahren wird, bestimmt und geprägt. Sie werden als „Gottesdienst in der Welt“ oder als „Verkündigung im weiteren Sinne“ verstanden. Damit unterscheidet sich kirchliches Handeln von säkularer Sozialarbeit, Bildungsarbeit und Gemeinschaftspflege.
Zugleich haben Tätigkeiten im kirchlichen Auftrag immer folgende Dimensionen, die in kirchlichen und diakonischen Dienststellen und Einrichtungen gestaltet und verantwortet werden müssen:
  • eine funktionale (zweckbezogene) und zugleich eine personale (beziehungsorientierte) Dimension sowie
  • eine individuelle und zugleich eine gemeinschaftliche bzw. organisationale Dimension.
Auch bei Tätigkeiten, die vorwiegend funktional sind, bleibt die personale Dimension, in der persönliche Haltungen und (Glaubens-)Überzeugungen erkennbar werden, wichtig. Tätigkeiten dürfen nicht auf ihre Funktion reduziert werden (funktionalistisches Verständnis). Umgekehrt müssen bei vorwiegend personalen Tätigkeiten funktionale Wirkungen im Blick sein.
Tätigkeiten im kirchlichen Auftrag werden immer individuell vollzogen, stärken und prägen aber zugleich die Identität, das Profil, die Kultur der Gemeinschaft und Organisation. Bei Tätigkeiten dürfen nicht nur die individuell Handelnden im Blick sein (individualistisches Verständnis). Umgekehrt motivieren, stärken und orientieren Gemeinschaft und Organisation die individuell Handelnden.
Nach dem Selbstverständnis und Ethos der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie schließt „Fachlichkeit“ neben der funktionalen Tätigkeitsdimension immer auch die personale und ggf. religiöse Dimension ein. Ebenso gehört es nach diesem Selbstverständnis und Ethos zur Fachlichkeit, dass individuelle Tätigkeiten immer in ihrem Zusammenhang zur Dienstgemeinschaft, ggf. auch zur geistlichen Gemeinschaft gesehen werden.
In Dienststellen und Einrichtungen der Kirche und ihrer Diakonie sind die Zusammenhänge der vier Grundvollzüge von Kirche sowie die Tätigkeiten in ihrer funktional-personalen sowie ihrer individuell-gemeinschaftlichen Dimension zu gestalten. Die Mitarbeitsrichtlinie dient dem Zweck, dieses Selbstverständnis und Ethos von Kirche und ihrer Diakonie zu fördern.
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3. Die Umsetzung des kirchlichen Auftrags in einer
funktional ausdifferenzierten Gesellschaft

Kirche und ihre Diakonie in ihren institutionellen und organisationalen Formen leisten in der funktional ausdifferenzierten Gesellschaft bzw. in gesellschaftlichen Teilbereichen ihren Beitrag. Sie unterliegen den Bedingungen der modernen Gesellschaft ebenso wie dem rechtlich gesetzten Rahmen der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere dem Religionsverfassungsrecht.
Ein Kernmerkmal des deutschen Religionsverfassungsrechts ist die Religionsfreiheit (vgl. Art. 4 Grundgesetz). Als Institutionen bzw. Organisationen üben Kirche und Diakonie sie als korporative Religionsfreiheit (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG) im Religionssystem selbst, aber auch in anderen gesellschaftlichen Teilsystemen aus (z.B. in Gestalt der Krankenhaus-, Gefängnisseelsorge und Seelsorge in der Bundeswehr, Religionsunterricht in Schulen). Darüber hinaus tragen Kirche und Diakonie nach dem sozialstaatlich verankerten Prinzip der Subsidiarität zum Gelingen wesentlicher Teilbereiche der Gesellschaft bei, insbesondere im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen (Pflege, Medizin, Sozialarbeit, Beratung, Jugend-, Familien- und Erwachsenenbildung u.a.). Kirche und Diakonie nehmen diese Rolle innerhalb einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft wahr. Dieses institutionelle und organisationale Handeln von Kirche und ihrer Diakonie ist zugleich die Voraussetzung dafür, dass Menschen auf eine bestimmte Art und Weise ihre individuelle Religionsfreiheit (nach Art. 4 GG) leben können: sei es dadurch, dass sie in Kirche und Diakonie, dessen Selbstverständnis und Ethos sie in ihrem persönlichen christlichen Glauben teilen, mitarbeiten, sei es dadurch, dass sie die kirchlich und diakonisch geprägten Leistungen der kirchlichen oder diakonischen Anbieter (z.B. evangelische Kindertagesstätte, diakonisches Altenheim) wählen und in Anspruch nehmen, weil deren Selbstverständnis und Organisationskultur ihren christlichen Grundüberzeugungen besonders nahe kommen.
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4. Evangelisch profilierte Einrichtungen und Dienststellen

Um dem kirchlichen Auftrag und den gesellschaftlichen wie rechtlichen Rahmenbedingungen gerecht werden zu können, brauchen Kirche und ihre Diakonie evangelisch profilierte Einrichtungen sowie Mitarbeitende, die dieses Profil sicherstellen können.
Daraus ergeben sich zum einen Anforderungen an die Dienststellen und Einrichtungen:
Dienststellen und Einrichtungen müssen ihr jeweiliges spezifisches, kontextuelles Profil definieren. Ein solches Profil ist kontextuell und nicht für jeden vergleichbaren Einrichtungstyp (Kindertagesstätte, Pflegedienst usw.) unabhängig von örtlichen und gesellschaftlichen Bedingungen identisch. Es muss vielmehr auf den kirchlichen Auftrag, die Einrichtung mit ihren Ressourcen (Personal, Finanzmittel, Einrichtungskultur u.a.m.) und zugleich auf den örtlichen gesellschaftlichen Kontext bezogen sein. Entsprechende Maßnahmen (z.B. geistlich-spirituelle Angebote, Aus-, Fort-, Weiterbildung, ethische Reflexion von Alltagsvollzügen u.a.m.), die in einer Profilkonzeption beschrieben werden können, prägen Strukturen, Regeln und Abläufe einer Einrichtung. Sie fördern zugleich die selbstverantwortliche und die gemeinschaftliche Mitwirkung der Mitarbeitenden im Sinne des kirchlichen Auftrages. Zugleich spiegeln sie sich in Arbeitsplatzbeschreibungen, in denen Aussagen darüber aufzunehmen sind, wie das Selbstverständnis und Ethos und wie Maßnahmen der Profilentwicklung und -sicherung der Dienststelle oder Einrichtung die jeweilige Tätigkeit oder die Umstände ihrer Ausübung prägen.
Solche strukturellen Anforderungen an Dienststellen und Einrichtungen sind auch Gegenstand des Kirchengesetzes zur Zuordnung rechtlich selbständiger Einrichtungen zur Kirche (Zuordnungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 12. November 2014). Dort sind beispielhaft genannt: Leitbildgestaltung, Mitwirkung von Ehrenamtlichen, Qualifizierung und Begleitung der Mitarbeitenden im Blick auf die geistliche Dimension von Leben und Arbeit, das Vorhalten von Räumlichkeiten für Gottesdienste, Andachten und seelsorgliche Gespräche, die Feier von Gottesdiensten oder Andachten u.a.m. In der Praxis sind darüber hinaus Formate der Ethikberatung, Führungsgrundsätze, Kooperationen mit Kirchengemeinden, ethisch-seelsorglicher Umgang mit exemplarischen Themenfeldern (wie z.B. Sterben und Tod, Behinderung, Schwangerschaftskonflikt) etabliert.
Zum anderen ergeben sich hieraus Anforderungen an die Mitarbeitenden:
Wie in Abschnitt 2 beschrieben, ist für Tätigkeiten im Auftrag von Kirche und ihrer Diakonie neben der jeweiligen funktionalen Dimension immer auch die personale, beziehungsorientierte, ggf. auch zeugnishafte Dimension wichtig bzw. für manche Tätigkeiten unverzichtbar. Gleiches gilt für die individuelle Dimension, die niemals ohne die gemeinschaftliche, ggf. auch glaubensgemeinschaftliche Dimension zu gestalten ist. „Glauben“ der bezeugt werden könnte und „innere Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft“ lassen sich jedoch weder nachweisen, noch prüfen. Die Kirchenmitgliedschaft ist aber das geeignetste Indiz für „Glauben“ und „Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft“, auch wenn es beides nicht garantieren kann. Das Eingehen und Aufrechterhalten der Kirchenmitgliedschaft ist als freier Entscheidungsakt, als Selbstaussage (Glaubenszeugnis) wie auch als Aussage gegenüber anderen Mitgliedern der Kirche und der Öffentlichkeit zur inneren Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft und zur Bereitschaft, die Glaubensgemeinschaft auch finanziell zu unterstützen, ernst zu nehmen. Hinzu kommt, dass mit der Kirchenmitgliedschaft eine Sozialisation einhergeht (u.a. durch Konfirmandenarbeit, Gottesdienstteilnahme, Inanspruchnahme kirchlicher Amtshandlungen, Teilnahme am Gemeindeleben). Insofern signalisiert die Kirchenmitgliedschaft die Ansprechbarkeit von Mitarbeitenden für Glaubensthemen und kirchliche Traditionen, die zentrale Anknüpfungspunkte für Maßnahmen der Profilentwicklung und Personalführung einer Dienststelle und Einrichtung darstellen.
Aus theologischen Gründen ist es deswegen sinnvoll und wünschenswert, die Kirchenmitgliedschaft und ihre Relevanz für die Profilentwicklung der Einrichtung und Maßnahmen der Personalführung in allen Einstellungsverfahren thematisieren zu können – ohne dass dabei die Kirchenmitgliedschaft grundsätzlich zur Einstellungsvoraussetzung gemacht wird.
Vor dem Hintergrund dieser theologischen Überlegungen und juristischen Rahmenbedingungen werden in der Mitarbeitsrichtlinie je nach Art der Tätigkeiten und den Umständen ihrer Ausübung folgende Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche unterschieden:
  • Grundsätzlich können Personen eingestellt werden, die keiner christlichen Kirche angehören. Dies schließt ein, dass aus fachlichen Gründen auch Mitarbeitende, die Mitglied einer anderen Religionsgemeinschaft sind, eingestellt werden können (z.B. Einstellung einer muslimischen Erzieherin in einer Kindertagesstätte in einem Wohngebiet mit hohem Anteil muslimischer Familien).
  • Für Tätigkeiten der Verkündigung im engeren Sinne, der Seelsorge, der evangelischen Bildung sowie der besonderen Verantwortlichkeit für das evangelische Profil ist die Mitgliedschaft in einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder eine entsprechende Beauftragung Voraussetzung (generelle Notwendigkeit). Bei diesen Tätigkeiten steht die personale Zeugnisdimension für den christlichen Glauben nach evangelischem Bekenntnis und für das Handeln als Teil der christlichen Gemeinschaft im Zentrum. Für diese Zeugnisdimension ist die Mitgliedschaft in einer der Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland erforderlich.
  • Die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche (Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirche der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) oder der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF)) muss auch bei anderen Tätigkeiten oder unter besonderen Umständen ihrer Ausübung als Voraussetzung gelten können (kontextuelle Notwendigkeit). Diese stellenbezogene Anforderung an Mitarbeitende ist dann berechtigt, wenn die Zeugnisdimension für den christlichen Glauben und für die Teilhabe an der christlichen Gemeinschaft oder auch wenn die Verantwortlichkeit für die evangelische Profilierung der Dienststelle oder Einrichtung zur Tätigkeit gehört. Dies ist auch der Fall in Fragen der glaubwürdigen Außenvertretung der Einrichtung bzw. Dienststelle. Umstände der Ausübung der Tätigkeit, die eine solche Anforderung rechtfertigen, sind z.B. die Größe der Einrichtung und der Anteil von Kirchenmitgliedern unter den Mitarbeitenden, die es im konkreten Fall erforderlich machen, dass die Mitarbeitenden Maßnahmen der evangelischen Profilentwicklung persönlich, ggf. auch durch zeugnishaftes Handeln, unterstützt. Beispiele werden in der Kommentierung zu § 4, Abs. 3 genannt (Erzieher/innen, Pflegekräfte, Kirchenmusiker/innen, Gemeindesekretäre/innen mit besonderen Tätigkeitsmerkmalen und unter spezifischen Umständen der Tätigkeit).
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5. Unterstützung der evangelischen Dienststellen und Einrichtungen

Die Anforderungen an Mitarbeitende jenseits der vier Tätigkeits- und Verantwortungsbereiche Verkündigung, Seelsorge, evangelische Bildung und evangelische Profilbildung werden nach der Mitarbeitsrichtlinie kontextualisiert. D.h. sie werden an den Tätigkeiten und den Umständen ihrer Ausübung einer konkreten Stelle und ihrem Beitrag für das evangelische Profil der Dienststelle oder Einrichtung ausgerichtet. Damit gewinnen die Anstellungsträger einerseits mehr Flexibilität bei der Gewinnung von Mitarbeitenden. Auf der anderen Seite erhöht sich ihr Aufwand, zu dokumentieren und darzustellen, wie sie „ihre Dienststellen und Einrichtungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen und örtlichen Herausforderungen dem kirchlichen Auftrag gemäß … gestalten“ (§ 3 Satz 1 Mitarbeitsrichtlinie) und welche Konsequenzen dies für die Anforderungen an Mitarbeitende auf konkreten Stellen hat. Diese nicht unerhebliche Herausforderung für die Anstellungsträger kann leichter bewältigt werden, wenn Evangelische Kirche in Deutschland, Diakonie Deutschland, die Gliedkirchen der EKD sowie gliedkirchliche Diakonische Werke die Anstellungsträger bei der Darstellung der evangelischen Profilentwicklung und -sicherung ihrer Dienststellen und Einrichtungen, die einen fortdauernden Prozess darstellen und auch bei der Darstellung entsprechender Arbeitsplatzbeschreibungen unterstützen. Eckpunkte eines solchen Zusammenwirkens aller beteiligten Akteure könnten sein:
  • Die Evangelische Kirche in Deutschland und Diakonie Deutschland erstellen Rahmenkonzeptionen für klassische Einrichtungs- und Organisationsformen (Kirchengemeinde, Kindertagesstätte, Beratungsstelle, Pflegedienst, Altenheim, Krankenhaus u.a.m.) sowie für traditionelle Berufsbilder/Tätigkeitsfelder (Altenheimleitung, Chefärztin/-arzt, Erzieher/in, Pflegekraft, Kirchenmusiker/in, Küster/in, Gemeindesekretär/in u.a.m.).
  • Landeskirchen und gliedkirchliche Diakonische Werke bieten Beratung für die Erstellung von kontextuellen, einrichtungsspezifischen Profilkonzeptionen und Arbeitsplatzbeschreibungen auf Basis der Rahmenkonzeptionen an.
  • Einrichtungen und Dienststellen erstellen kontextuelle, einrichtungsspezifische Profilkonzeptionen und entsprechende Arbeitsplatzbeschreibungen.
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II. Zum Rechtscharakter der Richtlinie

Mit der Richtlinienkompetenz nach Art. 9 GO-EKD ist der Evangelischen Kirche in Deutschland ein Instrument in die Hand gegeben, mit dem sie regelnd und ordnend auf die Belange der Gliedkirchen einwirken kann, ohne deren Eigenständigkeit in Frage zu stellen. Richtlinien bezwecken einen gemeinschaftlichen rechtlichen Rahmen zur einheitlichen Regelung. Auch wenn sie nicht die Rechtsverbindlichkeit von Kirchengesetzen oder Rechtsverordnungen haben, geht ihr normativer Gehalt doch über die Bindungswirkung einer Anregung nach Art. 8 GO-EKD hinaus. Die Richtlinien sind für die Gliedkirchen insoweit nicht verbindlich, als sie im Ganzen wie im Einzelnen davon abweichen können; sie setzen sich aber dann in einen Widerspruch zur durch die Richtlinie gestalteten rechtlichen Ordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland (vgl. Claessen, H.; GO-EKD, S. 290).
Die Gliedkirchen sollen daher soweit möglich die Richtlinie in der Gestaltung ihrer Rechtsordnung aufnehmen.
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III. Zu den Bestimmungen im Einzelnen

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Zur Präambel

Als Auslegungsmaxime für die folgenden einzelnen Bestimmungen wird in den ersten beiden Sätzen der Präambel zunächst auf den kirchlichen Auftrag hingewiesen, das Evangelium in Wort und Tat zu verkündigen. Dabei vollzieht sich kirchliches Handeln in den in der Präambel explizierten vier Grunddimensionen von Kirche.
Satz 4 unterstreicht, dass sich jede Tätigkeit nicht auf die bloße Funktionalität beschränkt, sondern auch eine personale, ggf. religiöse Dimension hat. Dies wird verstärkt durch den Hinweis auf die Dienstgemeinschaft innerhalb der die berufliche Tätigkeit ausgeübt wird. „Dienstgemeinschaft“ ist im Sinne der Präambel zum Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland zu verstehen (Die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche und ihrer Diakonie „verbindet Dienststellenleitungen sowie Mitarbeitende zu einer Dienstgemeinschaft“). Dienstgemeinschaft in diesem Sinne ist ein objektiv existierender Tatbestand, wobei die Qualität der Dienstgemeinschaft von allen Beteiligten abhängt. An der Dienstgemeinschaft haben Christinnen und Christen wie anders- und nichtgläubige Mitarbeitende einen je eigenen Anteil. Im Rahmen der Dienstgemeinschaft können an Christinnen und Christen in Bezug auf die religiöse Profilierung der Einrichtung andere Anforderungen adressiert werden als an anders- oder nichtgläubige Mitarbeitende. Die Teilhabe an der Dienstgemeinschaft besteht unabhängig von der jeweiligen beruflichen Funktion oder Stellung oder „der Nähe zum Verkündigungsauftrag“.
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Zu § 1 Geltungsbereich

Absatz 1 bestimmt zunächst als unmittelbaren Geltungsbereich der Richtlinie den Bereich der Dienststellen und Einrichtungen der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Diakonie sowie weiterer Einrichtungen, die der Evangelischen Kirche in Deutschland im Sinne des Zuordnungsgesetzes zugeordnet sind. Satz 2 unterstreicht den Rechtscharakter der Richtlinie, da den Gliedkirchen mit ihren Diakonischen Werken empfohlen wird, ihre Rechtsordnung auf der Grundlage der Richtlinie zu regeln.
Absatz 2 ermöglicht über Absatz 1 hinaus, anderen kirchlichen und diakonischen Einrichtungen, Werken und Dienste, die Richtlinie aufgrund von Beschlüssen ihrer zuständigen Gremien anzuwenden. Voraussetzung dafür ist, dass sie dem Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. angeschlossen sind, wie z.B. ein Teil der Evangelischen Freikirchen mit ihrer Diakonie. Absatz 2 achtet deren eigenes verfassungsrechtlich gewährleistetes Selbstbestimmungsrecht.
In Absatz 3 werden wie bereits in den Vorgängerrichtlinien Mitarbeitende in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen, insbesondere Pfarrerinnen und Pfarrer sowie Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamte, vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen, da für diese speziellere und weitergehende Regelungen gelten.
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Zu § 2 Grundlagen des kirchlichen Dienstes

Satz 1 nimmt das Leitbild aus der Präambel auf und weist auf die daraus resultierende Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit unter den Mitarbeitenden aber auch der Leitungen und den ihnen zugeordneten Mitarbeitenden. Satz 2 verdeutlicht, dass alle Mitarbeitenden unabhängig von ihrer beruflichen Funktion, konkreten Tätigkeit, Stellung und ihrem Glauben an der Erfüllung des kirchlichen Auftrags teilhaben. Der Auftrag ist gleichermaßen Grundlage von Rechten und Pflichten der Anstellungsträger sowie der Mitarbeitenden (vgl. Satz 3). Satz 4 bestimmt, dass sich der kirchliche Auftrag profilbildend auf die Dienststellen und Einrichtungen auswirken muss. Damit verbunden ist der Auftrag an die Anstellungsträger und Leitungen, den kirchlichen Auftrag im Rahmen von Profilkonzeptionen umzusetzen und auch bei konkreten Arbeitsplatzbeschreibungen diese Zusammenhänge zu berücksichtigen.
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Zu § 3 Anforderungen an die Anstellungsträger

Bereits aus der systematischen Stellung der Regelung ergibt sich, dass es primär Aufgabe der Anstellungsträger in der Kirche und ihrer Diakonie ist, die Arbeit dem kirchlichen Auftrag gemäß zu gestalten. Satz 1 bestimmt die Aufgabe, die Dienststelle oder Einrichtung in ihren Zielen, Regeln und Maßnahmen nach einem evangelischen Profil zu gestalten, das aus der Vermittlung von kirchlichem Auftrag, Ressourcen bzw. internen Rahmenbedingungen und örtlichen Herausforderungen entwickelt werden kann. Dazu gehört, allen Mitarbeitenden die christlichen Grundsätze ihrer Arbeit zu vermitteln (Satz 2) und die Auseinandersetzung mit den wesentlichen Themen des christlichen Glaubens und des christlichen Menschen- und Gesellschaftsbildes zu fördern (Satz 3). Leitbild hierfür kann die einladende, partizipative, repressionsfreie Lerngemeinschaft sein, an der Christinnen und Christen wie auch Mitarbeitende anderer Religionen und Weltanschauungen sowie auch nicht religionsgebundene Personen teilhaben.
§ 3 korrespondiert in besonderer Weise mit den Regelungen des Zuordnungsgesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 12. November 2014, aufgrund dessen sich die Zugehörigkeit einer Einrichtung zur Kirche und die daraus folgende abgeleitete Teilhabe an deren kirchlichem Selbstbestimmungsrecht ergibt.
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Zu § 4 Anforderungen an Mitarbeitende bei der
Begründung des Arbeitsverhältnisses

In Abs. 1 ist zunächst in Bezug auf die Personalauswahl vorgesehen, dass sich diese nach der Erfüllung des kirchlichen Auftrags in seiner „konkreten Ausgestaltung“ richtet. Maßgeblich für die konkrete Ausgestaltung ist das kirchliche Selbstbestimmungsrecht. In Aufnahme des grundsätzlichen Rechtsgedankens aus § 9 AGG ist vorgesehen, dass sich das Erfordernis der Mitgliedschaft in der evangelischen oder in einer anderen christlichen Kirche nach der Art der Tätigkeit und der Umstände ihrer Ausübung bestimmt. Dies stimmt insoweit auch mit Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 EG überein.
In Abs. 2 sind die Tätigkeiten genannt, die das explizite Zeugnis des evangelischen Glaubens sowie die ausdrückliche Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Christinnen und Christen nach evangelischem Verständnis zum Gegenstand haben. Zu diesen Tätigkeiten zählen Verkündigung (gemeint ist hier die Verkündigung im engeren Sinne, durch Wort und Sakrament – im Unterschied zur Verkündigung im weiten Sinne, die auch die Verkündigung durch die Tat einschließt), Seelsorge und evangelische Bildung (gemeint sind hier alle Formen religiöser Bildung wie z.B. Konfirmandenarbeit, religiöse Elemantarbildung, religiöse Erwachsenenbildung). Gleiches gilt für Tätigkeiten, die mit einer besonderen Verantwortung für das evangelische Profil von Dienststellen und Einrichtungen verbunden sind. Die Regelung von Abs. 3 schließt Mitarbeitende ein, die einen entsprechenden kirchlichen Auftrag haben (z.B. Vokation).
In Abs. 3 werden die weiteren Fälle genannt, in denen eine kirchliche Mitgliedschaft erforderlich sein kann. Es wird geregelt, dass aufgrund der Art der Tätigkeit und der Umstände ihrer Ausübung die Zugehörigkeit zu einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer anderen christlichen Kirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) oder der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEK) auch für andere Tätigkeiten erforderlich sein kann. Diese Anforderung ist insbesondere dann gegeben, wenn die Zeugnisdimension für den christlichen Glauben und für die Teilhabe an der christlichen Gemeinschaft oder auch die Verantwortlichkeit für die evangelische Profilierung der Dienststelle oder Einrichtung oder eine glaubwürdige Außenvertretung zur Tätigkeit gehört oder auch, wenn eine evangelische Profilierung der Dienststelle oder Einrichtung angesichts der Größe der Einrichtung und dem Anteil von Kirchenmitgliedern unter den Mitarbeitenden dies verlangen. Hier ist beispielsweise an solche Erzieherinnen und Erzieher zu denken, die für die religiöse Elementarbildung zuständig sind und in deren Kindertagesstätte diese Aufgabe nicht von anderen Erzieherinnen und Erzieher übernommen werden kann. Ein weiteres Beispiel sind Pflegekräfte, die für die evangelische Profilierung oder auch die Spiritual-Care-Ausbildung ihres Pflegedienstes oder ihres Pflegeteams verantwortlich sind. Auch ist an solche Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker zu denken, die in der liturgischen Ausbildung tätig sind und eine Aufsichts- oder Beratungsfunktion über andere Kirchenmusikerinnen und -musiker haben. Gleiche Anforderungen sind an Gemeindesekretärinnen zu stellen, wenn von ihnen zum Beispiel erwartet wird, dass sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Friedhofsverwaltung seelsorglich sensibel und kompetent mit ihren Klientinnen und Klienten kommunizieren.
Satz 3 macht deutlich, dass diese Kriterien, die sich aus dem Selbstverständnis und Ethos der Kirche und ihrer Diakonie ergeben und die in einer Profilkonzeption der Dienststelle bzw. Einrichtung und der darauf bezogenen Arbeitsplatzbeschreibung dargestellt sein können, in Ausübung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechtes vom Anstellungsträger festgelegt werden und ggf. einer gerichtlichen Plausibilitätskontrolle unterzogen werden können.
Die Textwiederholung von Absatz 1 Satz 2 in Absatz 3 Satz 1 liegt darin begründet, dass Absatz 1 wie ein Obersatz im Sinne des AGG und der dazugehörigen Rechtsprechung die „Art der Tätigkeit und die Umstände ihrer Ausübung“ als für alle Anstellungen zu berücksichtigende Grundkriterien feststellt, während aufgrund von Absatz 3 ausschnitthaft Anwendungsfälle erfasst werden können, die sich von denen des Absatzes 2 unterscheiden, aber einer konkreten, dem jeweiligen Kontext entsprechenden Beschreibung bedürfen. Dafür gibt der durch „insbesondere“ eingeleitete Satz 2 beispielhaft weitere Hinweise. An die in diesen Anwendungsbereich fallenden Arbeitsplatzbeschreibungen und Stellenausschreibungen, die ein entsprechendes Mitgliedschaftserfordernis enthalten, sind dementsprechend besondere Begründungsanforderungen zu knüpfen.
Um die Entwicklung des evangelischen Profils einer Dienststelle oder Einrichtung effektiv betreiben zu können, bleibt es ein Ziel, viele Christinnen und Christen zu beschäftigen, weil diese mit ihrer Kirchenmitgliedschaft eine Ansprechbarkeit auf christliche Traditionen und Glaubensinhalte, eine innere Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft und die Bereitschaft zur Unterstützung der Kirche signalisieren, woraus sich Anknüpfungspunkte für Maßnahmen der Profilentwicklung ergeben, die nicht bei allen Mitarbeitenden erwartet werden können. Wenn aber zugleich die Rechtsprechung des BAG zu beachten ist, müssen die Anstellungsträger zwangsläufig die Relevanz der Kirchenmitgliedschaft für die jeweilige Tätigkeit und die Umstände ihrer Ausübung in Arbeitsplatzbeschreibungen konkret formulieren und in den Kontext einer Profilkonzeption stellen. Im Vergleich zur Richtlinie in der Fassung des Jahres 2016 wächst somit die Verantwortung und der Aufwand für die evangelische Profilierung einer Dienststelle oder Einrichtung auf Seiten der Anstellungsträger.
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Zu § 5 Kirchliche Anforderungen an Mitarbeitende während des Arbeitsverhältnisses

Satz 1 postuliert die Mitverantwortung, die alle Mitarbeitenden in einer je nach der Tätigkeit und den Umständen ihrer Ausübung unterschiedlichen Weise für die glaubwürdige Erfüllung des kirchlichen und diakonischen Auftrags trägt.
Satz 2 enthält die Generalklausel in Bezug auf Loyalität. Alle Mitarbeitenden sind grundsätzlich verpflichtet, sich gegenüber dem Anstellungsträger und darüber hinaus auch gegenüber der evangelischen Kirche loyal zu verhalten. Die Loyalitätspflicht gilt umgekehrt aber auch im Rahmen der Fürsorgepflicht für den Anstellungsträger gegenüber seinen Mitarbeitenden. Auch außerhalb des Dienstes haben sich die Mitarbeitenden so zu verhalten, dass die loyale Ausübung ihres Dienstes nicht beeinträchtigt wird. Eine derartige Beeinträchtigung wäre beispielsweise beim Engagement für rechtsextremistische Organisationen sowie bei grob sittenwidrigen Verhalten gegeben.
Satz 3 geht über die Loyalitätsforderung hinaus, indem von allen Mitarbeitenden Achtung gegenüber dem evangelischen Profil erwartet wird, auch dann, wenn z.B. der christliche Glaube nicht geteilt oder Elemente des Selbstverständnisses und Ethos der Dienststelle bzw. Einrichtung nicht aus eigenem Glauben oder eigener Überzeugung getragen werden kann. Dabei ist die Achtung als „Mindestpflicht“ aller Mitarbeitenden zu verstehen. Jeder aktive Beitrag zur christlichen bzw. evangelischen Profilierung ist selbstverständlich erwünscht.
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Zu § 6 Verstöße gegen kirchliche Anforderungen durch Mitarbeitende

Absatz 1 regelt zunächst ein gestuftes Verfahren für den Fall, dass Mitarbeitende gegen kirchliche Anforderungen der Richtlinie verstoßen, indem er z.B. aus der evangelischen Kirche austritt oder grob oder wiederholt gegen Loyalitätspflichten verstoßen. Nach Abs. 1 ist der Anstellungsträger verpflichtet, zunächst durch Beratung und Gespräch auf die Beseitigung des Mangels hinzuwirken. Bei willensgesteuertem Fehlverhalten ist in der zweiten Stufe zu prüfen ob der Mangel durch arbeitsrechtliche Maßnahmen unterhalb einer Kündigung beseitigt werden kann (z.B. durch Abmahnung oder Versetzung). Erst in der dritten Stufe kommt dann die (außerordentliche) Kündigung in Betracht. Durch dieses gestufte Verfahren wird zum Ausdruck gebracht, dass keine „Kündigungsautomatik“ existiert, sondern es sich bei einer (außerordentlichen) Kündigung stets um eine Abwägungsentscheidung des Anstellungsträgers handelt, in der das Interesse der Mitarbeitenden am Bestand des Arbeitsverhältnisses mit dem Interesse des Anstellungsträgers, das Arbeitsverhältnis aufgrund von Pflichtverletzungen zu beenden, abzuwägen sind.
Insbesondere rechtfertigt nach Absatz 2 der Austritt aus der Kirche – ohne einen entsprechenden Eintritt in eine andere christliche Kirche – für diejenigen Mitarbeitenden eine Kündigung, für die nach § 4 Absatz 3 oder 4 die Kirchenmitgliedschaft eine rechtmäßige Anforderung für die Wahrnehmung der Tätigkeit darstellt.
Nach Absatz 3 kommt für die weitere Mitarbeit nicht in Betracht, wer in seinem Verhalten die evangelische Kirche mit den ihr zugeordneten Einrichtungen und ihre Ordnung grob missachtet. Selbstverständlich steht es allen Mitarbeitenden zu, das kirchliche Handeln in der Öffentlichkeit kritisch zu reflektieren. Eine grobe Missachtung tragender kirchlicher Glaubenssätze und anderer wesentlicher Prinzipien der evangelischen Kirche kann dagegen nicht toleriert werden. Gleiches gilt für eine deutliche Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit des kirchlichen Dienstes z.B. durch Leugnung des Holocaust oder bei kirchen- bzw. verfassungsfeindlichem Verhalten.