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Richtlinie der Evangelischen Kirche in Deutschland
zur Erreichung der Netto-Treihausgasneutralität
(Klimaschutzrichtlinie-EKD)

Vom 16. September 2022

(ABl. EKD S. 145)

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Auf Grund von Artikel 9 der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland mit Zustimmung der Kirchenkonferenz die folgende Richtlinie beschlossen:
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Präambel

Klimaschutz ist nicht nur Aufgabe staatlicher Gesetzgebung, sondern auch Gegenstand kirchlichen Auftrages. Dieser begründet sich aus der Verantwortung des christlichen Glaubens zur Bewahrung der Schöpfung und zur Wahrung der Lebensrechte aller Menschen der gegenwärtigen gegenwärtigen ebenso wie der künftigen Generationen. Deshalb tritt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in gemeinsamer Verantwortung mit ihren Gliedkirchen auf vielfältige Weise für Klimaschutz, globale Klimagerechtigkeit und Generationengerechtigkeit sowie Nachhaltigkeit ein. Die Beschlüsse der Pariser Weltklimakonferenz und die Verabschiedung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen von 2015 sind eine wichtige Orientierungshilfe für das kirchliche Handeln. Dieser Rahmen beschreibt Nachhaltigkeit als Querschnittsaufgabe, die den Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung umfasst. Die Klimaschutzrichtlinie der EKD leistet einen Beitrag für Klimaschutz und ist Vorlage für mehr Verbindlichkeit und mehr Ambitionen im Klimaschutzhandeln in der EKD. Ein wichtiges Ziel dabei ist die Minderung der Treibhausgasemissionen zum Schutz des Klimas und die Erreichung der Netto-Treibhausgasneutralität in der EKD.
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§ 1
Zweck, Anwendungsbereich

( 1 ) Zweck dieser Richtlinie ist die Erreichung der Netto-Treibhausgasneutralität in der EKD bis spätestens 2045, um dem weiteren Fortschreiten des Klimawandels entgegenzutreten.
( 2 ) Dabei sind insbesondere die ökologischen und sozialen Auswirkungen sowie die ökonomischen Auswirkungen der zu ergreifenden Maßnahmen und Faktoren in ihren jeweiligen regionalen, nationalen und globalen Dimensionen zu berücksichtigen.
( 3 ) Diese Richtlinie findet Anwendung für die EKD.
( 4 ) Den Gliedkirchen und gliedkirchlichen Zusammenschlüssen wird empfohlen, entsprechende Regelungen auf der Grundlage dieser Richtlinie zu treffen.
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§ 2
Begriffsbestimmungen

Es gelten die Begriffsbestimmungen des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) in der jeweils geltenden Fassung.
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§ 3
Allgemeine Klimaschutzziele

( 1 ) Die Treibhausgasemissionen werden so reduziert, dass ausgehend vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2035 eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen auf 10 vom Hundert erreicht wird. Im Anschluss werden die Treibhausgasemissionen so weit reduziert, dass jährlich eins vom Hundert reduziert wird, sodass mit Ende des Jahres 2045 Netto-Treibhausgasneutralität gewährleistet ist. Hierzu gelten die in der Anlage dargestellten Reduktionspfade.
( 2 ) Alle kirchlichen Stellen berücksichtigen bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck dieser Richtlinie und die zu ihrer Erfüllung festgelegten Ziele.
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§ 4
Gebäude

( 1 ) Für die Umsetzung der Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen wird unverzüglich ein konkreter Zeitplan aufgestellt.
( 2 ) Es wird ein Gebäudebedarfsplan aufgestellt und klimafreundlich umgesetzt. Notwendige Maßnahmen zur Vermeidung sowie zur möglichst effizienten Nutzung von Energie werden vorgesehen.
( 3 ) Ziel ist es, in den Gebäuden und sonstigen Anlagen ausschließlich elektrische Energie aus erneuerbaren Energien, die nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik zertifiziert sind, zu nutzen. Wo es bei Gebäuden möglich ist, werden Photovoltaikanlagen errichtet.
( 4 ) Auf den Einbau von neuen Heizungsanlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, oder den Anschluss an ein Wärmeversorgungsnetz, bei dem die Wärmeversorgung auf der Nutzung fossiler Brennstoffe beruht, ist zu verzichten. Ausnahmen sind besonders zu begründen.
Beim Einbau von Heizungsanlagen werden, sofern möglich, klimaverträgliche Heizungstechnologien nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik verwendet, insbesondere
  1. Wärmepumpenheizungen,
  2. Solarthermie,
  3. Photovoltaikanlagen,
  4. Wärmenetze mit erneuerbaren Energien und
  5. biogene Reststoffe.
( 5 ) In Sakralbauten sollen vorrangig körpernahe Heizsysteme eingesetzt werden.
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§ 5
Mobilität

( 1 ) Bei Dienstreisen ist auf öffentliche und klimafreundliche Verkehrsmittel zurückzugreifen, insbesondere
  1. spurgebundene Verkehrs- und Transportmittel,
  2. elektrisch betriebene Fahrzeuge,
  3. öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) und
  4. Fahrrad.
Ausnahmen sind besonders zu begründen.
( 2 ) Auf Inlandsflüge bei Dienstreisen ist grundsätzlich zu verzichten.
( 3 ) Dienstreisen dürfen nur angeordnet und genehmigt werden, wenn das Dienstgeschäft nicht ebenso auf andere Weise, insbesondere durch Einsatz digitaler Kommunikationsmittel, erledigt werden kann.
( 4 ) Soweit möglich sollte den Mitarbeitenden die Möglichkeit des mobilen Arbeitens angeboten und eine klimafreundliche Anreise der Mitarbeitenden zur jeweiligen Dienststelle gefördert werden.
( 5 ) Bei der Neuanschaffung von Dienstfahrzeugen soll auf die Anschaffung von Fahrzeugen mit fossiler Verbrennungstechnik verzichtet werden.
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§ 6
Beschaffung

( 1 ) Bei der Beschaffung sollen ökologisch zertifizierte und aus fairem Handel stammende Produkte eingekauft werden.
( 2 ) In kirchlichen Einrichtungen und Kantinen sollen ökologische, nachhaltig hergestellte, faire, regionale, saisonale und das Tierwohl angemessen berücksichtigende Lebensmittel sowie fleischreduzierte Mahlzeiten angeboten werden.
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§ 7
Bildung und Kommunikation

( 1 ) Die Themen Schöpfungsverantwortung und Klimagerechtigkeit sollen regelmäßig in den kirchlichen Bildungseinrichtungen behandelt werden.
( 2 ) Die Themen Schöpfungsverantwortung und Klimagerechtigkeit sollen regelmäßig auch in Gottesdiensten und anderen spirituellen Angeboten thematisiert werden.
( 3 ) Schöpfungstheologie und Schöpfungsspiritualität sollen regelmäßig in der Ausbildung von haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden in den pastoralen und pädagogischen Arbeitsfeldern thematisiert werden. Auf die Anpassung der Curricula ist hinzuwirken.
( 4 ) Es sollen Kommunikationskonzepte zu den Themen Schöpfungsverantwortung, Klimagerechtigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung entwickelt werden.
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§ 8
Datenerhebung

( 1 ) Die für die Erreichung der Ziele erheblichen Daten zu Treibhausgasemissionen werden ab dem 1. Januar 2024 jährlich erhoben und bis spätestens zum 31. Juli des jeweils nachfolgenden Jahres an eine vom Rat der EKD beauftragte Institution übermittelt, um eine Auswertung des erreichten Klimaschutzniveaus in der EKD zu ermöglichen.
( 2 ) Ab dem 1. Januar 2025 evaluiert und bewertet der Rat der EKD alle zwei Jahre den Stand der Treibhausgasemissionen in der EKD und erstattet der Synode Bericht.
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§ 9
Fachstelle für Klimaschutz

Die EKD unterhält eine Fachstelle für Klimaschutz.
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§ 10
Finanzierung und Kompensation

( 1 ) Zur Finanzierung der vorgenannten Zwecke und Maßnahmen werden geeignete Finanzierungsinstrumente entwickelt.
( 2 ) Die Netto-Treibhausgasneutralität soll durch Vermeidung und Reduzierung von Treibhausgasemissionen geschehen. Die verbliebenen Emissionen werden spätestens ab dem 1. Januar 2036 kompensiert.
( 3 ) Bei Vermögensanlagen sind die Klimawirkungen der Geldanlagen als notwendiger Bestandteil einer ethisch-nachhaltigen Geldanlage zu berücksichtigen.
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§ 11 Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am 1. Oktober 2022 in Kraft.
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