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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:03.08.2020
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/58-2019
Rechtsgrundlage:§ 40 i) MVG-EKD
Vorinstanzen:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland - Kammer für den Bereich des Diakonischen Werkes Schleswig-Holstein, NK-MG 8 2/2019 DWSH
Schlagworte:Hebung der Arbeitsleistung, Änderung der Vorgaben für die Erstellung des Dienstplans
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Leitsatz:

1. Die Mitbestimmung nach § 40 i) MVG-EKD (Hebung der Arbeitsleistung) wird ausgelöst, wenn die Maßnahme bewusst darauf abzielt, die Effektivität der Arbeit in der vorgegebenen Zeit qualitativ oder quantitativ zu fördern, d. h. die Güte oder Menge der zu leistenden Arbeit zu steigern (st. Rspr: KGH.EKD, 24. Mai 2011 - I-0124/S39-2010, BVerwG, 13. September 2012 - 6 PB 10/12).
2. Ausnahmsweise wird die Mitbestimmung auch bei Maßnahmen ausgelöst, die nicht unmittelbar auf die Hebung der Arbeitsleistungen abzielen, wenn die Hebung der Arbeitsleistung zwangsläufig und für die Betroffenen unausweichlich ist.
3. Die Anweisung, bei der Erstellung der Dienstpläne nicht mehr 80% der Arbeitszeit der Mitarbeitenden zu verplanen sondern nur noch 76,5%, ist dann keine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung, wenn sie lediglich der bisherigen tatsächlichen Abwesenheitsquote Rechnung trägt.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss des Kirchenge-richts für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland - Kammer für den Bereich des Diakonischen Werkes Schleswig-Holstein - vom 9. September 2019, Az. NK-MG 8 1/2019 DWSH, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die ohne Beteiligung der Mitarbeitervertretung durch die Dienststelle angeordnete Änderung von Planvorgaben für die Dienstplangestaltung rechtsun-wirksam ist.
Die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2. betreibt Einrichtungen der stationären Altenhilfe, die Antragstellerin ist die für diese Einrichtungen gebildete Mitarbeitervertretung.
Die Beteiligte zu 2. hat bis zum 1. November 2018 bei der Dienstplanaufstellung 80 % der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden berücksichtigt. Diese Vorgabe beruhte auf der Annahme, dass aufgrund von Ausfallzeiten wegen Urlaub, Krankheit und Ähnlichem die durchschnittliche Abwesenheit bei 20 % liegt. Tatsächlich ergaben sich durch-schnittliche Abwesenheitszeiten von 23,5 %, sodass der Dienstplan regelmäßig angepasst und Ausfälle kompensiert werden mussten.
Zum 1. November 2018 hat die Beteiligte zu 2. diesem Umstand Rechnung getragen und verplant seither durchschnittlich nur noch 76,5 % der verfügbaren Arbeitszeit.
Die antragstellende Mitarbeitervertretung vertritt die Auffassung, dass in der Verplanung von weniger Arbeitszeit eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung im Sinne von § 40 i) MVG-EKD liegt, der gleichbleibende Pflegebedarf werde mit rechnerisch weniger Fachper-sonal erbracht.
Die Antragstellerin hat beantragt,
festzustellen, dass die Antragsgegnerin mit der Reduzierung des Personaleinsatzes der Pflege ab dem 1. November 2018 das Mitbestimmungsrecht der Antragstellerin verletzt hat und diese Maßnahme unwirksam ist.
Die Beteiligte zu 2. hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen,
und die Auffassung vertreten, eine Hebung der Arbeitsleistung läge nicht vor, da lediglich pla-nerische Vorgaben angepasst worden seien, ohne dass sich an der tatsächlichen Arbeitsleistung etwas verändert habe. Die Reduzierung der verplanten Arbeitszeit trage lediglich der tatsächlich vor der Änderung der Planvorgaben erbrachten Arbeitszeit Rechnung.
Das Kirchengericht hat den Antrag zurückgewiesen, auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.
Mit der fristgerecht eingereichten und begründeten Beschwerde verfolgt die Mitarbeitervertretung ihr Antragsbegehren weiter. Tatsächlich habe die Antragsgegnerin den Personaleinsatz reduziert, da rechnerisch weniger Arbeitsstunden zur Erbringung der gleichen Pflegeleistung eingeplant würden.
Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie trage nur den Erkenntnis-sen aus der Vergangenheit Rechnung und nähere die Planungen der Realität an. Eine Hebung der Arbeitsleistung sei damit nicht verbunden. In der Vergangenheit sei der Ausfall von Mitarbeitenden entweder überhaupt nicht kompensiert oder durch andere Mitarbeitende aus-geglichen worden, denen nach Maßgabe der Arbeitszeitvorgaben anderweitige Entlastung im gleichen Dienstplanturnus oder verminderte Einplanung im folgenden Dienstplanturnus gewährt worden sei. Die Antragstellerin berücksichtige zudem nicht, dass in der täglichen Arbeit Entlastungspotenziale vorhanden seien. Tätigkeiten, die Pflegekräfte in einer stationären Pfle-geeinrichtung erbringen würden, seien in gewissem Rahmen flexibel steuerbar, indem Gesprächstermine verkürzt und Kontrolltätigkeiten und andere Einzelleistungen verringert wür-den.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die wechsel-seitigen zu den Akten gereichten Schriftsätze.
II. Die zulässige Beschwerde der Mitarbeitervertretung ist unbegründet. Die Änderung der im Streit stehenden Planvorgaben haben das Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung nach § 40 i) MVG-EKD nicht ausgelöst.
1. Unter den Mitbestimmungstatbestand „Hebung der Arbeitsleistung“ fallen Maßnahmen, die darauf abzielen, die Effektivität der Arbeit in der vorgegebenen Zeit qualitativ oder quantitativ zu fördern, d. h. die Güte oder Menge der zu leistenden Arbeit zu steigern. Entscheidend ist, ob die beabsichtigte Maßnahme darauf angelegt ist, auf einem oder mehreren Arbeitsplätzen einen höheren mengenmäßigen Arbeitsertrag zu erzielen oder die Qualität des Arbeitsproduktes zu verbessern (KGH.EKD, 24. Mai 2011 - I-0124/S39-2010). Für die Mitbestimmung bei Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung kommt es in der Regel auf die Zielgerichtetheit der Maßnahme an (BVerwG, 13. September 2012 - 6 PB 10/12). Nur ausnahmsweise wird die Mitbestimmung auch bei solchen Maßnahmen ausgelöst, die nicht unmittelbar auf die Hebung der Arbeitsleistungen abzielen, wenn unbeschadet sonstiger Absichten die Hebung der Arbeitsleistung zwangsläufig und für die Betroffenen unausweichlich ist. Von einer solchen Unausweichlichkeit ist dann nicht auszugehen, wenn eine Kompensation an anderer Stelle etwa in der Weise in Betracht kommt, dass eine Verringerung anderer Tätigkeiten oder eine Verminderung der Arbeitsgüte anheimgestellt werden. Dies kann - abhängig von den Gesamtumständen - auch stillschweigend geschehen, insbesondere dann, wenn den betroffenen Beschäftigten eine eigenverantwortliche Arbeitsgestaltung zugestanden ist (BVerwG, a.a.O.).
2. Danach löst die Änderung der Planvorgaben durch die Beteiligte zu 2) für die Gestaltung des Dienstplanes das Mitbestimmungsrecht nach § 40 i) MVG-EKD nicht aus.
a) Dies ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass die Dienstplangestaltung seit dem 1. November 2018 lediglich den bereits zuvor vorhandenen Abwesenheitszeiten Rechnung trägt. Die Mitarbeitenden waren vor Änderung der Planvorgaben rechnerisch 23,5 % ihrer verfügbaren Arbeitsleistung abwesend und sind es auch nach dem 1. November 2018. Die Anzahl der Mitarbeitenden ist unverändert geblieben, auch die übertragenen Pflegeleistungen haben sich nicht verändert. Werden die Planvorgaben für die Dienstplangestaltung dergestalt nur insoweit verändert, dass der Dienstplan dem durchschnittlich tatsächlich verfügbaren Arbeits-volumen Rechnung trägt, so liegt darin keine Maßnahme, die unmittelbar und zielgerichtet auf eine Hebung der Arbeitsleistung gerichtet ist; Ziel ist es, den Dienstplan so zu gestalten, dass Änderungsnotwendigkeiten reduziert und vermeidbare Fehlplanungen vermieden werden.
b) Auch eine auf Grundlage der Rechtsprechung unausweichlich mit der Veränderung der Planvorgaben verbundene Erhöhung der Arbeitsleistung liegt nicht vor. Eine solche Hebung der Arbeitsleistung hätte allenfalls dann festgestellt werden können, wenn in ausreichendem Maße Unterlagen dafür zu den Akten gereicht worden wären, dass vor der Planänderung dauerhaft das Personalkostenbudget 3,5 % „überzogen“ wurde und dies nach der Planänderung nicht mehr der Fall war. Eine solche Veränderung ist nicht erkennbar geworden. Unstreitig war es auch in der Vergangenheit so, dass bei Spontanausfall von Mitarbeitenden deren Arbeiten durch das anwesende Personal miterledigt wurden. Mit der durch die Antragstellerin lediglich mathematisch begründete Hebung der Arbeitsleistung lässt sich eine unausweichliche Hebung der Arbeitsleistung nicht belegen.
c) Soweit es durch die veränderten Planvorgaben in einzelnen Dienstplänen zu Überforderungen kommt, ist diesen im Rahmen der Mitbestimmung nach § 40 d) MVG-EKD zu begegnen.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Absatz 7 MVG-EKD i.V.m. § 22 Absatz 1 KiGG.EKD).