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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:09.10.2017
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/14-2017
Rechtsgrundlage:§ 47 MVG-EKD; § 38 MVG-EKD
Vorinstanzen:Gemeinsame Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der EKiR, Az.: 1 GS 34/2016
Schlagworte:Initiativrecht der Mitarbeitervertretung
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Leitsatz:

Ein Initiativrecht nach § 47 MVG-EKD besteht nicht, wenn die Angelegenheit nach § 38 MVG-EKD mitbestimmt worden ist. Eine ausdrückliche oder durch Fiktion nach § 38 Abs. 3 S. 1 MVG-EKD erteilte Zustimmung zu einem zustimmungspflichtigen Vorgang kann die Mitarbeitervertretung oh-ne Änderung der zugrundeliegenden Tatsachen nicht nachträglich durch einen Initiativantrag nach § 47 MVG-EKD beseitigen. (st. Rspr. KGH EKD, 18. Juni 2012 -I-0124/U3-12).

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes der EKiR vom 13. Februar 2017, Az. 1 GS 34/2016 abgeändert:
Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die Eingruppierung einer Betreuungskraft nach § 43b SGB XI. Die Beteiligte zu 2 wendet den BAT-KF an. Der Entgeltgruppenplan zum BAT-KF für Mitarbei-terinnen im Sozial-und Erziehungsdienst (SD-Entgeltgruppenplan zum BAT-KF -SDEGP-BAT-KF, Anlage 9 zum BAT-KF) sieht unter Ziffer 5 (Mitarbeiterinnen in der Alten- und Fami-lienpflege sowie im Sozial- und Erziehungsdienst) in Fallgruppe 1 für Mitarbeiterinnen im So-zial- oder Erziehungsdienst oder in der Familienpflege eine Vergütung aus SD 2 und in Fall-gruppe 2 für Mitarbeiterinnen, für die eine eingehende fachliche Einarbeitung nötig ist, eine Vergütung aus der Vergütungsgruppe SD 3 vor.
Die Beteiligte zu 2 beantragte am 15. März 2016 gegenüber der Beteiligten zu 1 die Zustim-mung zur Eingruppierung der Betreuungskraft Frau E in die Entgeltgruppe SD 2. Die Beteilig-te zu 1 stimmte am 15. März 2016 zu. In einem späteren Verfahren, welches nach dem Ver-ständnis der Beteiligten als Leitentscheidung für die Eingruppierung von Betreuungskräften in den Einrichtungen der Beteiligten zu 2. hätte dienen können, hat die Gemeinsame Schlich-tungsstelle nach Beweiserhebung für einen Mitarbeiter einer anderen Einrichtung entschie-den, dass eine Vergütung aus der Vergütungsgruppe SD 3 zu zahlen ist; in jener Einrichtung erfolgte die Einarbeitung über einen Zeitraum von 4 Wochen.
Am 21. Juni 2016 stellte die Beteiligte zu 1 gegenüber der Beteiligten zu 2 einen Initiativantrag auf Eingruppierung von Frau E in die Entgeltgruppe SD 3. Eine Reaktion der Beteiligten zu 2. erfolgte nicht. Die Beteiligte zu 2 vertritt die Auffassung, das Ergebnis aus dem weiteren Schlichtungsverfahren könne nicht auf Betreuungskräfte sämtlicher Einrichtungen der Betei-ligten zu 2 angewendet werden, weil in der betreffenden Einrichtung eine besonders lange Einarbeitung durchgeführt worden sei.
Mit dem am 28. Juli 2016 bei der Schlichtungsstelle eingegangenen Antrag begehrt die Betei-ligte zu 1, soweit in der Beschwerdeinstanz noch von Bedeutung,
festzustellen, dass die Weigerung der Beteiligten zu 2, Frau E anstatt in die Entgelt-gruppe BAT-KF SDEGP Fallgruppe 5.1 SD 2 in die Entgeltgruppe SD 3 einzugruppie-ren, rechtswidrig ist.
Die Beteiligte zu 2 hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die gemeinsame Schlichtungsstelle hat dem Antrag entsprochen und die Auffassung vertre-ten, Betreuungskräfte nach § 43b SGB XI seien in die Entgeltgruppe SD 3 einzugruppieren. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde wendet sich die Be-teiligte zu 2 gegen diese Entscheidung.
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet, weil der Initiativantrag der Beteiligten zu 1. unzulässig ist.
1. Nach § 47 Abs. 1 MVG-EKD kann die Mitarbeitervertretung der Dienststellenleitung in den Fällen der §§ 39, 40, 42, 43 und 46 MVG-EKD Maßnahmen schriftlich vorschlagen. Die Dienststellenleitung hat innerhalb eines Monats Stellung zu nehmen. Eine Ablehnung ist schriftlich zu begründen.
2. Ein Initiativrecht des § 47 MVG-EKD besteht bei nur, wenn die konkrete Angelegenheit noch nicht nach § 38 MVG-EKD mitbestimmt worden ist. Eine erteilte Zustimmung zu einem zustimmungspflichtigen Vorgang kann die Mitarbeitervertretung ohne Änderung der zugrun-deliegenden Tatsachen nicht nachträglich durch einen Initiativantrag nach § 47 MVG-EKD beseitigen. Die Fiktion des § 38 Abs. 3 Satz 1 MVG-EKD hat nämlich zur Folge, dass in Be-zug auf das Mitbestimmungsverfahren materielle Bestandskraft eintritt und über die Frage der Zustimmung oder „Richtigkeit“ der mitbestimmten Maßnahme - unbeschadet individualrecht-licher Folgen für den betroffenen Mitarbeiter - nicht mehr gestritten werden kann. Anderen-falls würde die Befriedungswirkung der erteilten oder fingierten Zustimmung unterlaufen (vgl. KGH EKD, 18. Juni 2012 -I-0124/U3-12).
3. Vorliegend hat die Beteiligte zu 1 der streitgegenständlichen Eingruppierung der Mitarbei-terin E ausdrücklich zugestimmt, damit war das Mitbestimmungsverfahren abgeschlossen. Ein Initiativrecht hätte die Beteiligte zu 1. nur dann geltend gemacht werden können, wenn sich an den der Eingruppierung zugrunde liegenden Tatsachen etwas geändert hätte, etwa durch Zuweisung neuer Tätigkeiten oder durch Änderung der Eingruppierungsvorschriften. Dies ist nicht der Fall, Tätigkeitsbereich und Eingruppierungsvorschriften sind unverändert. Eine kirchengerichtliche Entscheidung in einem anderen Zustimmungsersetzungsverfahren ist keine „neue Tatsache“, die unmittelbar für die Beurteilung der Eingruppierung der Frau E maßgeblich ist und die das Initiativrecht erneut auslöst. Dass sich die Beteiligte zu 2. bindend gegenüber der Beteiligten zu 1. verpflichtet hatte, die getroffene Eingruppierungsentscheidung bei einer abweichenden Entscheidung zu revidieren, hat die Beteiligte zu 1. nicht hinreichend substantiiert. Ihr Antrag war deshalb als unzulässig zu verwerfen.
4. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG-EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).
Mestwerdt Bock Neuendorf