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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 04.06.2012 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD II-0124/T29-11 |
Rechtsgrundlage: | MVG.EKD § 63 Abs. 2, Abs. 7; ZPO § 256 Abs. 1 |
Vorinstanzen: | Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.) Beschlüsse vom 21. Juni 2011 (Hauptsache) - 2 M 45/11 |
Schlagworte: | Einstweilige Verfügung - vergangenes Geschehen |
Leitsatz:
1. Für ein kirchengerichtliches Verfahren, wonach festgestellt werden soll, dass bestimmte Dienstpläne für einen abgelaufenen Zeitraum nicht hätten umgesetzt werden dürfen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis (Feststellungsinteresse, § 256 Abs. 1 ZPO), weil der begehrten Feststellung infolge Zeitablaufs keine rechtlich relevante Bedeutung mehr zukommt.
2. Für eine nur auf die Vergangenheit gerichtete Feststellung, aus der sich keinerlei Rechtsfolgen für die Zukunft mehr ergeben, besteht regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, einem Beteiligten zu bescheinigen, dass er im Recht war oder eine die Verfahrensbeteiligten interessierende Rechtsfrage mit der Wirkung nur eines Gutachtens zu beantworten.
Tenor:
Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.) - vom 21. Juni 2011 - Az. 2 M 45/11 (Hauptsache) - wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I. Die Mitarbeitervertretung hat mit ihrem am 3. Juni 2011 eingereichten Antrag im Wege der einstweiligen Verfügung begehrt, die Dienststellenleitung zu verpflichten, die für den Monat Juni 2011 für bestimmte Teile der Einrichtung aufgestellten Dienstpläne nicht umzusetzen, hilfsweise, deren Nichtanwendung festzustellen. Sie hat den Dienstplänen nach näherer Maßgabe ihres Schreibens vom 18. Mai 2011 an die Dienststellenleitung nicht zugestimmt. Die Mitarbeitervertretung hat, nachdem die Dienststellenleitung kein Verfahren nach § 38 Abs. 4 MVG.EKD eingeleitet hat, ihrerseits die Schlichtungsstelle angerufen, um im Wege der einstweiligen Verfügung - von ihr als "einstweilige Anordnung" bezeichnet - die Durchführung der Dienstpläne zu verhindern.
Im erstinstanzlichen Verfahren ist für die Dienststellenleitung Herr Rechtsanwalt C aufgetreten. Herr C gehört keiner in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) zusammengeschlossenen Kirchen an, sondern ist jüdischen Glaubens. Gegen dessen Tätigkeit im erstinstanzlichen Verfahren wendet sich die Mitarbeitervertretung.
Der erstinstanzlichen Kammer gehört die Beisitzerin D an. Die Mitarbeitervertretung hält Frau D für befangen.
Die Mitarbeitervertretung, auf deren erstinstanzliches Vorbringen in ihrem Schriftsatz nebst Anlagen vom 1. Juni 2011 und zu Protokoll des Gerichts gereichten Unterlagen Bezug genommen wird, hat - soweit für ihre Beschwerden von Bedeutung - beantragt,
1. Die Beisitzerin D wegen der Besorgnis der Befangenheit auszuschließen,
2. Herrn Rechtsanwalt C als Verfahrensbevollmächtigten der Dienststellenleitung auszuschließen,
3. die Dienststellenleitung zu verpflichten, ihre Dienstpläne für das Betreuungszentrum sowie für das Krankenheim für den Monat Juni 2011 nicht umzusetzen,
hilfsweise
festzustellen, dass die Dienstpläne der Dienststellenleitung für das Betreuungszentrum sowie für das Krankenheim für den Monat Juni 2011 keine Anwendung finden.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
alle Anträge zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens im ersten Rechtszug wird auf den Inhalt ihres Schriftsatzes vom 10. Juni 2011 Bezug genommen.
Die Vorinstanz hat am 21. Juni 2011 durch getrennte Beschlüsse des Vorsitzenden den gegen Frau Beisitzerin D gerichteten Befangenheitsantrag, den Antrag auf Ausschluss von Herrn Rechtsanwalt C und durch Beschluss der Kammer die Sachanträge zurückgewiesen. In allen Beschlüssen ist dieselbe, für die Beschwerde im Beschlussverfahren zutreffende Rechtsmittelbelehrung erteilt worden.
Gegen alle drei Beschlüsse hat die Mitarbeitervertretung am 1. August 2011 "Beschwerde" eingelegt. Wegen des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beschwerdeführerin wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 28. Juli, 6. September und 26. Oktober 2011 Bezug genommen. Die Dienststellenleitung tritt dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nach näherer Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 7. November 2011 entgegen.
II. Über die gemeinsam gegen alle drei genannten Beschlüsse in einem einzigen Schriftsatz eingereichte "Beschwerde" war jeweils gesondert zu entscheiden. Vorliegend geht es um den Beschluss über die Sachanträge gegen die Umsetzung der Dienstpläne für Juni 2011.
Insoweit begehrt die Beschwerde
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass die Dienstpläne der Dienststellenleitung für das Betreuungszentrum sowie für das Krankenheim für den Monat Juni 2011 nicht umgesetzt werden durften.
III. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 EG MVG-Lippe (Ges. u. VOBl. 1997 Bd. 11 S. 257, 2004 Bd. 13 S. 269, 2005 Bd. 13 S. 352).
2. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Sie ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kirchengerichtshofes der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer Entscheidung eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann. Zudem müssen die sonstigen Verfahrensvoraussetzungen gem. § 63 Abs. 7 i.V.m. dem Arbeitsgerichtsgesetz erfüllt sein. Dazu zählt auch § 256 Abs. 1 ZPO.
Die Beschwerde stützt sich auf den Annahmegrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung und macht einen Verfahrensmangel geltend. Sie meint, das Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil sich die Problematik wiederhole.
2. Die Voraussetzungen für eine Annahme der Beschwerde zur Entscheidung sind nicht gegeben. Es fehlt an dem für die Durchführung jedes gerichtlichen Verfahrens vorausgesetzten Rechtsschutzbedürfnis (Feststellungsinteresse, § 256 Abs. 1 ZPO) und damit auch am Rechtsschutzinteresse der Mitarbeitervertretung an der Durchführung des Beschwerdeverfahrens. Für ein kirchengerichtliches Verfahren, wonach festgestellt werden soll, dass bestimmte Dienstpläne für einen abgelaufenen Zeitraum nicht hätten umgesetzt werden dürfen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn und weil der begehrten Feststellung infolge Zeitablaufs keine rechtlich relevante Bedeutung mehr zukommt. Für eine nur auf die Vergangenheit gerichtete Feststellung, aus der sich keinerlei Rechtsfolgen für die Zukunft mehr ergeben, besteht regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis (vgl. KGH.EKD, Beschluss vom 12. Februar 2010 - II-0124/P72-08 - www.kirchenrecht-ekd.de, den Beteiligten bekannt). Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, einem Beteiligten zu bescheinigen, dass er im Recht war, oder eine die Verfahrensbeteiligten interessierende Rechtsfrage mit der Wirkung nur eines Gutachtens zu beantworten (vgl. für das staatliche Recht: BAG, Beschluss vom 9. November 2010 - 1 ABR 76/09 - AP Nr. 103 zu § 256 ZPO).
Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - die rechtliche Auseinandersetzung im Wege der einstweiligen Verfügung geführt wird. Ein solches Verfahren ist nur für einen vorläufigen Rechtsschutz geeignet. Das Rechtsschutzinteresse endet spätestens mit Ablauf des Zeitraumes, für den die Regelung begehrt wird. Die angestrebte Verfügungsregelung betrifft nur den Monat Juni 2011. Der Juni 2011 war längst vergangen, als die Beschwerde eingelegt worden ist. Für eine nachträgliche "einstweilige" Feststellung, dass die Dienstpläne für Juni 2011 nicht hätten durchgeführt werden dürfen, fehlt es an jedwedem Verfügungsgrund.
IV. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).