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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:30.03.2012
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/S64-10
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 33 Abs. 3
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.), Beschluss vom 2. September 2010 - 2 M 40/10
Schlagworte:Anrufung der Schlichtungsstelle ohne Scheitern der einrichtungsinternen Einigung
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Leitsatz:

Die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens setzt voraus, dass die prozeduralen Vorschriften des § 33 Abs. 3 MVG.EKD eingehalten worden sind.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.) - vom 2. September 2010 - Az. 2 M 40/10 - wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I. Die Mitarbeitervertretung beantragt festzustellen, dass die Dienststellenleitung verpflichtet sei, die Kosten für die rechtsanwaltliche Vertretung der Mitarbeitervertretung im Verfahren vor der Schlichtungsstelle unter dem Aktenzeichen 2 M 40/10 zu tragen.
Im Hauptsacheverfahren hat die Mitarbeitervertretung, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigte, am 11. Mai 2010 (Fax) bei der Schlichtungsstelle einen Antrag eingereicht, wonach die Dienststellenleitung verpflichtet sei, die Mitarbeitervertretung unaufgefordert und konkret darüber zu unterrichten, zu welchen Konditionen die Dienststellenleitung welche Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Vermarktung und Verwaltung einer Wohnanlage auf dem Gelände der Dienststelle anbieten will, bevor dieses Angebot abgegeben wird; hilfsweise festzustellen, dass die Dienststellenleitung den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verletzt, wenn sie auf Nachfrage der Mitarbeitervertretung jede konkrete Information zu dem Angebot verweigere. Dem war Folgendes vorausgegangen: Mit ihrem kurzen Schreiben vom 15. März 2010 hatte die Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung mitgeteilt, auf dem vorgenannten Gelände entstehe eine neue Wohnanlage mit mindestens 14 "betreuten" Wohnungen. Der Baubeginn werde im Sommer 2010, die Bezugsfertigkeit Anfang 2011 erwartet. Die Dienststelle werde die Vermarktung und Verwaltung dieser Wohnungen übernehmen. Hierauf stellte die Mitarbeitervertretung mit ihrem Schreiben vom 18. März 2010 an die Dienststellenleitung sieben kurze Fragen, die diese mit ihrem Schreiben vom 22. März 2010 ebenso kurz beantwortete.
In der mündlichen Anhörung vor der Schlichtungsstelle erklärte die Dienststellenleitung, sie beabsichtige nicht, in der neuen Wohnanlage Pflegeleistungen zu erbringen. Darauf erklärte die Mitarbeitervertretung, die Angelegenheit sei für sie erledigt. Die Dienststellenleitung schloss sich der Erledigungserklärung an.
Am selben Tag hat der Vorsitzende den Kostentragungsantrag der Mitarbeitervertretung abgelehnt. Die Hinzuziehung der verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwältin sei nicht erforderlich gewesen, weil die Mitarbeitervertretung eine interne Einigung nach § 33 Abs. 3 MVG.EKD gar nicht erst versucht habe.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerde. Sie meint nach näherer Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 15. Dezember 2010, die Anrufung der Schlichtungsstelle habe nicht gegen § 33 Abs. 3 MVG.EKD verstoßen. Angesichts des Klimas zwischen Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung habe sie keinen Anlass gehabt, weitere Gesprächsbemühungen für erfolgsversprechend halten zu müssen. Eine rechtsanwaltliche Vertretung sei erforderlich gewesen. Die maßgeblichen Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren seien nicht einfach gelagert gewesen.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 EG MVG-Lippe (Ges. u. VOBl. 1997 Bd. 11 S. 257, 2004 Bd. 13 S. 269, 2005 Bd. 13 S. 352).
2. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Sie ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kirchengerichtshofes der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer Entscheidung eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.
3. Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine Annahme der Beschwerde nach § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MVG.EKD nicht gegeben.
a) Ernstliche Zweifel an der materiell-rechtlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegen gesetzten Entscheidung genügt nicht (st. Rechtsprechung des KGH.EKD, zuletzt Beschluss vom 23. Februar 2012 - II-0124/T20-11 - www.kirchenrecht-ekd.de). Maßgeblich ist, dass die Entscheidung in der Sache, nicht aber nur deren Begründung, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anders ausgehen wird. Die Gründe, aus denen sich die ernstlichen Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Entscheidung ergeben sollen, müssen innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist schriftsätzlich vorgetragen worden sein.
b) Solche Zweifel liegen hier nicht vor. Nach dem Vorbringen der Mitarbeitervertretung im Beschwerderechtszug ist nicht zu erwarten, dass die Entscheidung im Ergebnis anders ausfallen würde, als die Vorinstanz entschieden hat.
aa) Die Kosten eines von der Mitarbeitervertretung als Verfahrensbevollmächtigter herangezogenen Rechtsanwalts sind gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD dem Grunde nach von der Dienststelle nur zu tragen, wenn und soweit diese Heranziehung erforderlich war (st. Rechtsprechung seit VerwG.EKD, Beschluss vom 11. Juli 1997 - 0124/A16-96 - NZA 1997, 1303; KGH.EKD, Beschluss vom 28. November 2011 - I-0124/T18-11 - www.kirchen-recht-ekd.de).
bb) Werden die Kosten der rechtsanwaltlichen Vertretung - wie hier - durch ein von der Mitarbeitervertretung eingeleitetes gerichtliches Verfahren hervorgerufen, so müssen die Voraussetzungen für ein solches Verfahren vorliegen. Die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens setzt voraus, dass die prozeduralen Vorschriften des § 33 Abs. 3 MVG.EKD eingehalten worden sind. Daran hat es nach der Entscheidung der Schlichtungsstelle schon deshalb gefehlt, weil die Mitarbeitervertretung eine Einigung durch Aussprache nicht einmal angestrebt habe.
cc) Der Vortrag der Mitarbeitervertretung in der Beschwerdebegründungsschrift zeigt nicht auf, dass § 33 Abs. 3 MVG.EKD eingehalten worden ist.
Nach § 33 Abs. 3 MVG.EKD ist in strittigen Fragen eine Einigung durch Aussprache anzustreben (Satz 1). Eine solche auch nur versucht zu haben, trägt die Mitarbeitervertretung nicht vor. Erst wenn die Bemühungen um eine Einigung in (sc. intern, also innerhalb) der Dienststelle gescheitert sind, dürfen andere Stellen im Rahmen der dafür geltenden Bestimmungen angerufen werden (Satz 2). Die Mitarbeitervertretung teilt nicht mit, inwieweit diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist, geschweige denn, aus welchen Tatsachen dies folgen soll. Ihre allgemeine Schilderung des schlechten Klimas zwischen beiden Seiten ersetzt den konkreten Sachvortrag nicht. Zudem muss das Scheitern der Einigung von der Mitarbeitervertretung oder von der Dienststellenleitung schriftlich erklärt werden (Satz 3). Es fehlt jeder Vortrag zur schriftlichen Erklärung des Scheiterns der Einigung.
Die in dieser Angelegenheit zwischen der Dienststellenleitung und der Mitarbeitervertretung gewechselten schriftlichen Mitteilungen sind an Kürze und Knappheit kaum zu unterbieten. Doch dieser Umstand befreit nicht davon, § 33 Abs. 3 MVG.EKD einhalten zu müssen. Der Fragenkatalog der Mitarbeitervertretung lässt zudem nicht erkennen, worauf ihre Informationswünsche gerichtet sind und zu welchem Zweck sie diese erfüllt haben möchte. Um so überraschender ist ihre Erledigungserklärung in der mündlichen Anhörung. Wenn es ihr nur darauf angekommen ist zu erfahren, ob die Einrichtung Pflegeleistungen im neuen "betreuten Wohnen" anbieten will, so hätte diese Frage gestellt und einfach beantwortet werden können, und zwar auch noch, nachdem die kurzen Antworten der Dienststellenleitung im Schreiben vom 22. März 2010 vorgelegen haben.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).