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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:05.08.1999
Aktenzeichen:VerwG.EKD 0124/D7-99
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 63 Abs. 1, § 60 Abs. 4 Satz 3, § 42, VwGO § 124 Abs. 2, § 133 Abs. 5
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche, Az.: 57/9; Fundstelle: ZMV 6/99, S. 294; KuR 1999, 262 = 985, S.78; Rechtssprechungsbeilage zum Amtsblatt der EKD 2000, S.39
Schlagworte:Nichtzulasungsbeschwerde , Statthaftigkeit der Beschwerde
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Leitsatz:

1. Ob die Beschwerde zum Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der EKD gegeben ist, ergibt sich ohne weiteres aus dem MVG.EKD.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist im MVG.EKD nicht gegeben. Es gibt keine Zulassung der Beschwerde.

Tenor:

1. Die Beschwerde und die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluß der Schlichtungsstelle nach dem MVG der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche vom 17. März 1999 - 57/97 - werden verworfen.
2. Der Gegenstandswert wird auf DM 8.000,- festgesetzt.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die Verletzung des Rechts auf eingeschränkte Mitbestimmung, insbesondere über die Anwendbarkeit der Vergütungsordnung zum KAT-NEK auf die geringfügig Beschäftigten und die studentischen Mitarbeiter bei deren Eingruppierung.
Die Antragsgegnerin vergütet die geringfügig Beschäftigten und die bei ihr beschäftigten studentischen Mitarbeiter auf Stundenlohnbasis. Der zwischen dem Verband kirchlicher und diakonischer Anstellungsträger Nordelbien (VDKA-NEK) und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft sowie der Gewerkschaft Öffentliche Dienste Transport und Verkehr (Bezirksverwaltung Hamburg und Nordwest) abgeschlossene Kirchliche Angestellten-Tarifvertrag (KAT-NEK) bleibt insoweit außer Betracht.
Die Antragstellerin sieht in der Handhabung der Antragsgegnerin eine Benachteiligung der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und vor allem einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie hat ihrerseits eine Vergütungstabelle vorgelegt, um zu mehr Vergütungsgerechtigkeit zu gelangen. Sie hat angeregt, auf dieser Grundlage eine Einigung über höhere Stundensätze zu erzielen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die ohne Zustimmung gegenüber den geringfügig Beschäftigten und studentischen Mitarbeitern vorgenommene Eingruppierung nebst Zuschlägen aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die geringfügig beschäftigten Mitarbeiter und studentischen Mitarbeiter erneut auf der Grundlage des KAT-NEK einzugruppieren, hierzu sodann bei der Antragstellerin gemäß §§ 42 Buchst. c, 41, 38 MVG erneut die Zustimmung zu beantragen und im Fall der verweigerten Zustimmung oder im Fall des Scheiterns der mündlichen Erörterung die fehlende Zustimmung durch die Schlichtungsstelle ersetzen zu lassen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß die von ihr vorgenommene Vergütung der geringfügig Beschäftigten und studentischen Mitarbeiter rechtlich nicht zu beanstanden sei. Allerdings habe sie sich bereits hinsichtlich der Zuschläge beispielsweise für besondere Dienste, für Nachtarbeit und Arbeit an Wochenenden auf eine Änderung eingelassen. Ein Mitbestimmungstatbestand sei dadurch aber nicht gegeben, insbesondere kein Fall der Eingruppierung.
Die Schlichtungsstelle hat durch Beschluß vom 17. März 1999 den Antrag zurückgewiesen. Sie hat ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Vergütung der geringfügig Beschäftigten und der studentischen Mitarbeiter auf Stundenlohnbasis sei keine Eingruppierung im Sinne der Vergütungsordnung, so daß es an einem Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung fehle. Durch § 3 e KAT-NEK seien die geringfügig Beschäftigten und die versicherungsfreien studentischen Mitarbeiter ausdrücklich von dessen Anwendbarkeit ausgenommen worden, wodurch die Tarifvertragsparteien kraft ihrer Koalitionsfreiheit aus § 9 Abs. 3 GG den Geltungsbereich des Tarifvertrags eingegrenzt hätten. Die Schlichtungsstelle sei zu einer verfassungsrechtlichen Inhaltskontrolle nicht befugt. Es bleibe den Tarifvertragsparteien überlassen, bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern von der tariflichen Regelung auszunehmen. Dem einzelnen Betroffenen bleibe es unbenommen, eine individualrechtliche Klärung darüber herbeizuführen, ob die vereinbarten Vergütungssätze mit dem Gleichheitsgrundsatz im Einklang stünden. Mit dem vorliegenden Verfahren wolle die Mitarbeitervertretung im Ergebnis das tarifliche Vergütungssystem ändern.
Mit Schriftsatz vom 23. April 1999, eingegangen am 26. April 1999, hat die Antragstellerin gegen den am 26. März 1999 zugestellten Beschluß der Schlichtungsstelle Beschwerde und vorsorglich Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Sie hält die Beschwerde nach § 63 Abs. 1 Buchst. b MVG.EKD für zulässig. Es sei in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, daß der Betriebsrat im Zusammenhang mit Eingruppierungen/Umgruppierungen im Mitbestimmungsverfahren geltend machen könne, die vorgesehene Eingruppierung entspreche nicht der im Betrieb geltenden Lohnordnung.
Zur Begründung ihrer Beschwerde bezieht sich die Beschwerdeführerin in erster Linie auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und macht ergänzende Ausführungen: Die Schlichtungsstelle wäre nach § 60 Abs. 1 MVG.EKD befugt gewesen, über die Verletzung des Mitbestimmungsrechts bei der Anwendung der von der Beschwerdegegnerin in Anlehnung an die Vergütungsordnung zum KAT-NEK geschaffenen Vergütungsordnung zu entscheiden. Es sei auch rechtsirrig, daß im Zusammenhang der Vergütung der geringfügig Beschäftigten und der studentischen Mitarbeiter nicht von einer Eingruppierung ausgegangen werden könne. Die selbst geschaffene Vergütungsordnung stelle ein abstraktes Zuordnungssystem dar, dessen Anwendung im Einzelfall der Richtungskontrolle durch die Mitarbeitervertretung unterliege. Im übrigen ergebe sich die Begründetheit des Antrags ohne weiteres daraus, daß durch zwischenzeitliche Änderung des § 3 e KAT-NEK die geringfügig Beschäftigten und die studentischen Mitarbeiter von der Anwendung des Tarifvertrags nicht mehr ausgenommen seien.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluß der Schlichtungsstelle der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche vom 17. März 1999 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die ohne Zustimmung der Antragstellerin gegenüber den geringfügig Beschäftigten und studentischen Mitarbeitern vorgenommene Eingruppierung nebst Zuschlägen außerhalb der Geltung des KAT-NEK aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die geringfügig beschäftigten Mitarbeiter und studentischen Mitarbeiter erneut auf der Grundlage des KAT-NEK einzugruppieren, hierzu sodann bei der Antragstellerin gem. §§ 42 Buchst. c, 41, 38 MVG.EKD erneut die Zustimmung zu beantragen und im Fall der verweigerten Zustimmung oder im Fall des Scheiterns der mündlichen Erörterung die fehlende Zustimmung durch die Schlichtungsstelle ersetzen zu lassen,
und vorsorglich,
die Beschwerde gegen die oben genannte Entscheidung zuzulassen.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin beantragt,
die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Gründe der angefochtenen Entscheidung für zutreffend. Gegenstand des Verfahrens sei ein Fall der eingeschränkten Mitbestimmung, so daß die Schlichtungsstelle die Beschwerde unter Hinweis auf § 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD zu Recht nicht zugelassen habe. Es sei zwar zutreffend, daß § 3 e KAT-NEK mit Wirkung ab 1. Januar 1999 geändert worden sei. Weil sie nunmehr eine Stiftung sei und daher nicht mehr unter der Trägerschaft der Kirchengemeinde stehe, sei der KAT-NEK nur noch kraft Vereinbarung mit dem einzelnen Mitarbeiter und der einzelnen Mitarbeiterin anwendbar. Das habe auch Konsequenzen für die sich aus dem KAT-NEK ergebenden Zuständigkeiten der Beschwerdeführerin.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist nicht statthaft und mußte daher nach § 16 VGG.EKD, § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO verworfen werden. Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, nachdem die Beschwerdeführerin zur Frage der Statthaftigkeit angehört worden war (§ 16 VGG.EKD, § 125 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3, § 101 Abs. 3 VwGO).
1. Die Beschwerde kann nicht auf § 63 Abs. 1 Buchst. b MVG.EKD gestützt werden. Sie ist unzulässig, weil die Schlichtungsstelle nach § 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD "abschließend" entschieden hat.
Gegenstand des Verfahrens ist die eingeschränkte Mitbestimmung der Beschwerdeführerin aus § 42 MVG.EKD. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Mitarbeitervertretung in Anwendung der Vergütungsordnung ein Mitbestimmungsrecht nach § 42 Buchst. c MVG.EKD zusteht. Streitgegenstand, der durch den Antrag der Beschwerdeführerin bestimmt wird, ist die Frage eines Verstoßes gegen dieses Recht aus § 42 MVG.EKD. Die Beschwerdeführerin nimmt in der Beschwerdebegründung ausdrücklich ein Recht auf Richtigkeitskontrolle in Anspruch. Die Richtigkeitskontrolle oder das sog. Vieraugenprinzip aber ist kennzeichnend für das Mitbestimmungsrecht bei Eingruppierungen (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 19. Aufl., Rz. 73 zu § 99).
Zu der Prüfung "in den Fällen des § 42" (§ 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD) gehört auch die Vorfrage, ob eine Eingruppierung nach der behaupteten Vergütungsordnung zu erfolgen hatte, d.h., ob deren Nichtanwendbarkeit gegen den Gleichheitssatz aus Art 3 Abs. 1 GG verstößt. Diese Vorfrage ist Teil der der Schlichtungsstelle aufgegebenen Gesamtprüfung. Im Streitfall hat die Schlichtungsstelle sich mit dieser Frage auch befaßt, um zu dem Ergebnis zu gelangen, daß die Antragsgegnerin nicht gegen die eingeschränkte Mitbestimmung verstoßen hat. Weil die Schlichtungsstelle mithin ihre Prüfung abgeschlossen hat und weil die Entscheidung in den Fällen des § 42 MVG eine abschließende ist (§ 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD), gibt es keine Rechtskontrolle durch das Beschwerdegericht. Die Kammer hat wiederholt entschieden, daß zur abschließenden Entscheidung durch die Schlichtungsstelle auch die Frage gehört, ob das Zustimmungsverfahren ordnungsgemäß eingeleitet worden ist oder ob der Schlichtungsstelle bei ihrer Prüfung ein Subsumtionsfehler unterlaufen ist (vgl. zuletzt Beschl. vom 14. Mai 1998 - 0124/C2-98 sowie Fey/Rehren, MVG.EKD, Stand: November 1998, Rz. 5 zu § 60, m. w. Nachw.). Die vorliegende Fallkonstellation rechtfertigt keine andere Entscheidung. Die generelle Vorfrage, ob die Herausnahme bestimmter Arbeitnehmergruppen aus dem Anwendungsbereich des KAT-NEK gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz verstößt, stellt sich infolge der zum 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Änderung des § 3 e KAT-NEK so ohnehin nicht mehr.
2. Die Statthaftigkeit der Beschwerde ergibt sich auch nicht aus § 63 Abs. 1 Buchst. h MVG.EKD. Hiernach ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben gegen Beschlüsse der Schlichtungsstelle bei grundsätzlicher Bedeutung von Rechtsfragen. § 63 Abs. 1 Buchst. h MVG.EKD ist indessen in den Fällen unanwendbar, in denen die Schlichtungsstelle (Schiedsstelle) nach § 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD "abschließend" entscheidet, nämlich in den Fällen des § 42 MVG.EKD. § 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD geht als speziellere Regelung der Statthaftigkeit der Beschwerde der allgemeinen Regelung des § 63 Abs. 1 MVG.EKD vor, und zwar auch insoweit als die Statthaftigkeit der Beschwerde auf die grundsätzliche Bedeutung von Rechtsfragen gestützt wird (Fey/Rehren, MVG.EKD § 63 Rz. 12a).
III. Die Nichtzulassungsbeschwerde war als nicht statthaft zu verwerfen. Sie ist im MVG.EKD nicht vorgesehen. Sie kann auch nicht gemäß § 16 VGG.EKD auf die § 124 Abs. 2 bzw. § 133 Abs. 5 VwGO in entsprechender Anwendung gestützt werden. Die genannten Regelungen der VwGO setzen sogenannte Zulassungsrechtsmittel voraus. Daran fehlt es hier. Ob die Beschwerde gegen Beschlüsse der Schlichtungsstelle statthaft ist, ergibt sich ohne weiteres aus dem MVG.EKD. Eine Zulassung der Beschwerde durch eine gerichtliche Entscheidung, sei es der Schlichtungsstelle, sei es des Verwaltungsgerichts als dem Rechtsmittelgericht, ist in den hier anzuwendenden gesetzlichen Regelungen nicht vorgesehen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde wäre systemfremd.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 Abs. 2 VGG.EKD, die Entscheidung über den Gegenstandswert aus § 8 Abs. 2 BRAGO