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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:10.08.2000
Aktenzeichen:VerwG.EKD I-0124/E6-00
Rechtsgrundlage:VwGO § 146, § 147, BRAGO § 8 Abs. 2
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle der Ev.-Luth. Kirche in Bayern und des Diakonischen Werkes der Ev.-Luth. Kirche in Bayern, Az.: - 26/0-6/4-199 -
Schlagworte:Streitwertbeschwerde
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Leitsatz:

Gegen Entscheidungen der Schlichtungsstellen oder ihrer Vorsitzenden, die keine Entscheidungen ü-ber die Hauptsache darstellen, kann nach näherer Maßgabe der § 16 VGG.EKD, §§ 146, 147 VwGO Beschwerde eingelegt werden.
In der Beschwerdeschrift ist der angefochtene Beschluss so genau zu bezeichnen, dass seine Identität ohne Zuhilfenahme fremder Mittel oder Kenntnisse feststeht (§ 16 VGG.EKD, § 147 VwGO, vgl. für die Beschwerde in der Hauptsache: VerwG.EKD Beschluss vom 9. März 2000 - 0124/D37-99, ZMV 2000, S. 131).

Tenor:

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Streitwertbeschluss der Schlichtungsstelle der Ev.-Luth. Kirche in Bayern und des Diakonischen Werkes der Ev.-Luth. Kirche in Bayern vom 4. April 2000, ausgefertigt am 28. April 2000, - Az. 26/0-6/4-199 - abgeändert.
Der Streitwert zur Berechung der Rechtsanwaltsgebühren wird auf DM 8.000, -- festgesetzt.

Gründe:

I. Die Beteiligten haben darüber gestritten, ob die Eingruppierung der bisher in die Berufsgruppeneinteilung H eingruppierten Mitarbeiter in die von der arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werkes der Ev.-Luth. Kirche in Bayern neu geschaffene Berufsgruppeneinteilung W der eingeschränkten Mitbestimmung unterliegt. Die beteiligte Dienststelle hatte zusammen mit anderen Dienststellen, sämtlich vertreten durch D., die Schlichtungsstelle angerufen und gegenüber den Gesamtmitarbeitervertretungen dieser Dienststellen die Feststellung begehrt, dass die einzelvertragliche Umsetzung der neuen Berufsgruppeneinteilung keinen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand darstelle. Dem gegenüber riefen die Antragstellerin und andere einzelne Mitarbeitervertretungen dieser Dienststellen auch in jeweils gesonderten Verfahren die Schlichtungsstelle an und beantragten jeweils die Feststellung, dass für die Eingruppierung der bisher in die Berufsgruppeneinteilung H eingruppierten Mitarbeiter in die neue Berufsgruppeneinteilung W ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht gemäß den §§ 41, 42c MVG.EKD besteht. Im Fall der Antragstellerin betraf dieser Antrag etwa 60 Eingruppierungen. Die Mitarbeitervertretungen waren in den Schlichtungsverfahren zum Teil nicht durch Verfahrensbevollmächtigte, zum Teil durch Rechtsanwälte vertreten. Die antragstellende Mitarbeitervertretung hatte die Schlichtung ohne Verfahrensbevollmächtigten angerufen, sich sodann jedoch rechtsanwaltlich vertreten lassen.
Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat nach Abschluss des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle die Streitwertfestsetzung beantragt. Der Vorsitzende der Schlichtungsstelle hat den Streitwert im angefochtenen Beschluss auf 2.000,-- DM festgesetzt. Der Beschluss wurde am 28. April 2000 ausgefertigt und am selben Tag an die Beschwerdeführerin gesandt. Gegen ihn wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer am 11. Mai 2000 eingereichten Beschwerde. Sie hält einen Streitwert von 8.000,-- DM mit Rücksicht auf § 8 Abs. 2 BRAGO für angemessen. Die Schlichtungsstelle hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die Streitwertbeschwerde hat Erfolg.
1. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss der Kammer (§ 16 VGG.EKD, § 101 Abs. 3, § 150 VwGO).
2. Die Formalien der an das Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der EKD gerichteten Streitwertbeschwerde waren als gewahrt zu erachten.
a) Die Beschwerde ist statthaft. Gegen Entscheidungen der Schlichtungsstellen oder ihrer Vorsitzenden, die keine Entscheidungen über die Hauptsache darstellen, kann nach näherer Maßgabe der § 16 VGG.EKD, §§ 146, 147 VwGO Beschwerde eingelegt werden. Der angefochtene Beschluss ist eine beschwerdefähige Entscheidung i.S. des § 146 Abs. 1 VwGO. Die Beschwerde ist nach dem Wert der Beschwer von mehr als 400,-- DM (§ 16 VGG.EKD, § 146 Abs. 3 VwGO) statthaft. Der Gebührenunterschied übersteigt die Mindestbeschwer.
b) Die Beschwerdefrist ist gewahrt. Zur Wahrung der Beschwerdefrist (§ 16 VGG.EKD, § 147 Abs. 1 VwGO) bedarf es der rechtzeitigen Einreichung einer form- und inhaltsgerechten Beschwerdeschrift. In der Beschwerdeschrift ist der angefochtene Beschluss so genau zu bezeichnen, dass seine Identität ohne Zuhilfenahme fremder Mittel oder Kenntnisse feststeht (§ 16 VGG.EKD, § 147 VwGO, vgl. für die Beschwerde in der Hauptsache: VerwG.EKD Beschluss vom 9. März 2000 - 0124/D37-99, ZMV 2000 (3), S. 131). Dem genügt die Beschwerdeschrift nicht. Es fehlt bei der Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses die Angabe der Schlichtungsstelle. Dies entspricht zwar den Angaben, die sich im Beschluss selbst wiederfinden. Auch er enthält keine Bezeichnung der Schlichtungsstelle. Bei dieser Sachlage hätte es den Anforderungen an die genaue Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses zwar genügt, wenn er - so unvollständig, wie er sich selbst bezeichnete - der Beschwerdeschrift beigelegen hätte. Denn dann hätte die Identität des angefochtenen Beschlusses festgestanden. Indessen war der Beschwerdeschrift keine Ausfertigung oder Kopie des angefochtenen Beschlusses beigefügt worden. Dies hätte zwar zur Folge, dass die zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 16 VGG.EKD, § 147 Abs. 1 VwGO) nicht gewahrt worden wäre. Gleichwohl scheitert die Zulässigkeit der Beschwerde hieran im vorliegenden Fall nicht. Denn die Beschwerdefrist hat mangels Rechtsbehelfsbelehrung (§ 16 VGG.EKD, § 58 VwGO) nicht zu laufen begonnen; die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO ist gewahrt.
3. Die Streitwertbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Streitwert zur Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren war angesichts des Streitgegenstandes mit dem Regelwert des § 8 Abs. 2 BRAGO zu bemessen. Die hinter der angefochtenen Wertfestsetzung auf nur 2.000,-- DM stehende Erwägung, dass die Mitarbeitervertretung vorliegend mit Rücksicht auf die "Aktion" ggfs. rechtsanwaltlicher Hilfe nicht bedurft hätte oder dass die Intensität der rechtsanwaltlichen Hilfe nicht sehr hoch gewesen sein müsse, ist für die Bemessung des Gebührenstreitwertes für das jeweils einzeln geführte Verfahren rechtlich ohne Bedeutung. Der Umstand, dass die Dienststelle zusammen mit anderen Dienststellen bereits ein Verfahren mit der gegenteiligen Zielsetzung gegenüber der Gesamtmitarbeitervertretung eingereicht hatte, berührt den Gebührenstreitwert des vorliegenden Verfahrens nicht. Er ist ohne Rücksicht auf die Erforderlichkeit des vorliegenden Verfahrens festzusetzen. Ob eine andere Wertfestsetzung nach Verbindung der verschiedenen Verfahren auf den Rechtskreis der jeweiligen Dienststelle und der bei ihr bestehenden Gesamtmitarbeitervertretung angemessen gewesen wäre, mag dahinstehen. Eine solche Verfahrensverbindung ist nicht vorgenommen worden.