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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:23.08.2001
Aktenzeichen:VerwG.EKD I-0124/F20-01
Rechtsgrundlage:MVG.Baden § 63 Abs. 1 Buchst. h, § 3 Abs. 1, 2
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle der Ev. Landeskirche in Baden, Az.: 1 Sch 15/01; Fundstelle: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 15/02, S. 867; Rechtsprechungsbeilage zum Amtsblatt der EKD 2002, S. 32
Schlagworte:Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung, Weiterbestehen einer MAV nach Zusammenlegung von Dienststellen
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Leitsatz:

1. Grundsätzlich beteiligtenfähig i.S.d. § 61 VwGO sind nicht nur natürliche oder rechtliche Personen, sondern auch Mitarbeitervertretungen als Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann (§ 61 Nr. 2 VwGO).
2. Die Beteiligtenfähigkeit setzt die rechtliche Existenz einer solchen Vereinigung, hier die der antragstellenden Mitarbeitervertretung, voraus (Redeker/ von Oertzen § 61 VwGO Rn. 5, 10), es sei denn, dass das Verfahren gerade um diese Frage selbst geführt wird (BVerwG 14.12.1954 - 1 C 194/53 – BVerwGE 1, 266 = NJW 1955, 566).
3. Bei einer Zusammenlegung von Dienststellen zu einer einzigen neuen Dienststelle kann durch den "Personalüberleitungsvertrag" eine über ein eventuelles Übergangsmandat hinausgehende Beibehaltung der bei der Zusammenlegung bestehenden Mitarbeitervertretungen nicht begründet werden.

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle der Evangelischen Landeskirche in Baden vom 22. Februar 2001 - 1 Sch 15/2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag zu 1. als unbegründet abgewiesen wird.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten im Rahmen des im Sachantrag und dessen näherer Begründung bezeichneten Streitgegenstandes im Kern darüber, ob die 1998 gewählte Antragstellerin (noch) die legitime Mitarbeitervertretung für die im Dienststellenteil C beschäftigen Arbeitnehmer ist.
Die bis zu ihrer Zusammenfassung als selbständige Dienststellen geführten Dienststellenteile C und D, die etwa 500 Meter auseinander liegen, werden von der Beteiligten zu 2. als einheitliche Dienststelle geführt. Die Zusammenlegung erfolgte mit „Gesellschaftsvertrag“ vom 12. Juli 1999. Gesellschafter sind einer Stiftung und das Mutterhaus. Entsprechend dem Gesellschaftsvertrag haben die Gesellschafter die von ihnen gesondert als jeweils selbständige Dienststelle betriebenen beiden Dienststellenteile zu einem einzigen Krankenhaus als einheitlicher Dienststelle zusammenzulegen. In § 6 des „Personalüberleitungsvertrags“ vom 27. Juli 1999 wurde vereinbart, dass für die Beteiligte „das Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Landeskirche in Baden gilt“ und dass „die amtierenden Mitarbeitervertretungen bis zum Ende der Amtszeit jeweils im Amt bleiben“ und „danach eine gemeinsame Mitarbeitervertretung gewählt wird“. Die reguläre Amtzeit der zu dieser Zeit in C bestehenden antragstellenden Mitarbeitervertretung wie die in D bestehenden Mitarbeitervertretung wäre im Frühjahr 2002 ausgelaufen.
Seit etwa November /Dezember 2000 stellt sich die beteiligte Dienststelle auf den Standpunkt, beide Mitarbeitervertretungen seien mit der Zusammenlegung im zweiten Halbjahr erloschen. Seitdem beteiligt sie die antragstellende Mitarbeitervertretung nicht mehr. Die Antragstellerin stellt sich auf den Standpunkt, sie sei nach wie vor als die legitime Vertretung der Mitarbeiter in C existent; die Dienststelle hätte sie nach näherer Maßgabe des Sachantrags beteiligten müssen, und hat beantragt,
festzustellen, dass
1. die Mitarbeitervertretung C weiterhin im Amt ist,
2. die Mitarbeitervertretung C berechtigt ist, zum Zwecke der Beratung der am 22. Februar 2001 verhandelten Beschlussverfahren zusammenzutreten unter Freistellung von der Arbeit,
3. der Mitarbeitervertreter E weiter zum Zwecke der Durchführung der Beschlüsse und Beratungen der Mitarbeitervertretung C zur Hälfte von der Arbeit gem. Antrag Nr. 2 freigestellt wird.
Die Dienststelle hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen, und hat erwidert, die Antragstellerin habe mit der Zusammenlegung aufgehört zu bestehen. Deshalb sei sie nicht mehr zu beteiligen gewesen. Sie könne deshalb auch keine Mitbestimmungsrechte vor der Schlichtungsstelle geltend machen.
Die Schlichtungsstelle hat die Anträge durch den angefochtenen Beschluss vom 22. Februar 2001 zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses sowie auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der Verhandlungsniederschriften des ersten Rechtszugs Bezug genommen.
In D erklärten die Mitglieder der damaligen Mitarbeitervertretung geschlossen ihren Rücktritt. Sodann kam es nur dort zur Neuwahl einer Mitarbeitervertretung. Die daraufhin von der Dienststellenleitung angerufene Schlichtungsstelle erklärte die Wahl durch ihren Beschluss vom 22. Februar 2001 für ungültig und ordnete die Neuwahl einer Mitarbeitervertretung für den „Gemeinschaftsbetrieb“ an (1 Sch 80/2000). An dem Verfahren war die hiesige Antragstellerin nicht beteiligt; der Beschluss wurde rechtskräftig. Sodann wurde eine einheitliche Mitarbeitervertretung sowohl für D als auch für C gewählt. Diese Wahl wurde von drei Mitarbeitern, darunter Herrn E, angefochten (1 Sch 21/2001). Die dortigen Antragsteller nahmen ihren Antrag mit ihrem Schriftsatz vom 30. Juli 2001 zurück.
Mit ihrer am 8. Mai 2001 eingereichten Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen den Beschluss im vorliegenden Verfahren. Sie hält die Beschwerde für zulässig und für begründet und meint, das Rechtsschutzinteresse sei nicht dadurch entfallen, dass die Wahl der einheitlichen Mitarbeitervertretung nicht mehr angefochten sei.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss abzuändern und ihren erstinstanzlichen Anträgen stattzugeben.
Die beteiligte Dienststelle beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hält die Beschwerde für unstatthaft, zumindest aber für unbegründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze sowie auf die beigezogen Akten und Protokolle und Schriftsätze zu den Schlichtungssachen 1 Sch 80/00 und 1 Sch 21/2001 verwiesen.
II. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist nicht begründet Die Schlichtungsstelle hat das Begehren der antragstellenden Mitarbeitervertretung zu Recht zurückgewiesen. Indessen hatte diese Zurückweisung hinsichtlich des Antrags zu 1. nicht als unzulässig, sondern als unbegründet zu erfolgen.
1. Über die Beschwerde war ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 130a VwGO i.V.m. § 16 VGG.EKD). Die Beteiligten haben rechtzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
2. Die Beschwerde ist unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung nach § 63 Abs. 3 Buchst. h MVG.Baden (in der ab 1. Juli 1997 geltenden Fassung - GVBl. Ev. Landeskirche in Baden 1997, S. 73 ff) statthaft. Die grundsätzliche Bedeutung liegt darin, dass erstmals darüber zu befinden ist, ob die Beibehaltung einer bestehenden Mitarbeitervertretung bis zur nächsten Regelwahl im Wege eines privatrechtlichen Vertrages vereinbart werden kann, obwohl das zugrundezulegende MVG sowohl in der für die Evangelische Landeskirche in Baden anzuwendenden Fassung als auch in der Fassung für die Evangelische Kirche in Deutschland hierüber wie auch über ein sog.
Übergangsmandat keine Regelungen enthält.
Die Beschwerde ist auch sonst zulässig. Der entgegen § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO i.V.m. § 13 VGG.EKD nicht ausdrücklich angekündigte Sachantrag ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesamtvorbringen der beschwerdeführenden Mitarbeitervertretung (Redeker/ von Oertzen, § 124a VwGO Rn. 23).
3. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Schlichtungsstelle hat die Anträge im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Der Antrag zu 1.- Feststellung der rechtlichen Existenz der antragstellenden Mitarbeitervertretung - ist unbegründet, die anderen beiden Anträge sind unzulässig.
a) Hinsichtlich des Antrags zu 1. ist die Beteiligtenfähigkeit gegeben. Hinsichtlich der Anträge zu 2. und 3. fehlte es bereits bei Einreichung der Antragsschrift an der nach § 61 VwGO i.V.m. § 62 MVG.Baden für eine Entscheidung in der Sache selbst vorausgesetzten Beteiligtenfähigkeit der antragstellenden Mitarbeitervertretung. Grundsätzlich beteiligtenfähig i.S.d. § 61 VwGO sind nicht nur natürliche oder rechtliche Personen, sondern auch Mitarbeitervertretungen als Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann (§ 61 Nr. 2 VwGO). Die Beteiligtenfähigkeit setzt die rechtliche Existenz einer solchen Vereinigung, hier die der antragstellenden Mitarbeitervertretung, voraus (Redeker/ von Oertzen § 61 VwGO Rn. 5, 10), es sei denn, dass das Verfahren gerade um diese Frage selbst geführt wird (BVerwG 14.12.1954 - 1 C 194/53 - BVerwGE 1, 266 = NJW 1955, 566).
Hinsichtlich des Antrags zu 1. ist die Beteiligtenfähigkeit der antragstellenden Mitarbeitervertretung zwar gegeben, weil es mit diesem Antrag gerade um ihre rechtliche Existenz geht. Indessen ist dieser Antrag unbegründet und die Beteiligtenfähigkeit der antragstellenden Mitarbeitervertretung hinsichtlich der Anträge zu 2. und 3. nicht gegeben, weil die antragstellende Mitarbeitervertretung infolge der Zusammenlegung der Krankenhäuser zu einer einheitlichen Dienststelle bereits bei Einleitung des Schlichtungsverfahrens ihre rechtliche Existenz verloren hatte. Dies hat die Vorinstanz zu Recht angenommen. Durch den Personalüberleitungsvertrag allein konnte eine über ein eventuelles Übergangsmandat hinausgehende Beibehaltung der bei der Zusammenlegung bestehenden Mitarbeitervertretungen nicht begründet werden. Strukturelle, vom gesetzlichen Regelfall des § 3 Abs. 1 MVG.Baden (= MVG.EKD) abweichende Festlegungen von Dienststellenteilen als Dienststellen i.S.d. § 3 Abs. 1 MVG sind nur nach näherer Maßgabe des Absatzes 2 dieser Bestimmung möglich. Eine solche Festlegung ist nicht erfolgt. Der Personalüberleitungsvertrag mag zwar als Erklärung des Einvernehmens der Dienststelle angesehen werden. Indessen fehlt es an einer entsprechendem Mehrheitsvotum der betroffenen Mitarbeiter. Wegen der weiteren Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Das Verwaltungsgericht macht sie sich zu eigen.
b) Das Vorbringen der antragstellenden Mitarbeitervertretung gibt für eine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage keinen Anlass. Die von ihr vorgebrachten Umstände, aus denen folgen soll, dass der ehemalige Dienststellenteil „C“ nach wie vor mangels Zusammenlegung mit dem ehemaligen Dienststellenteil „D“ immer noch als eigene Dienststelle existiere, sind rechtlich ohne Relevanz. Denn diese Umstände besagen nichts darüber, ob es zu einer Zusammenlegung gekommen ist, sondern bestenfalls etwas darüber, ob diese Zusammenlegung aus der Sicht der Mitarbeiter zufriedenstellend erfolgt ist. Vor allem sind uneinheitliche Vergütungssysteme der Mitarbeiter der verschiedenen Standorte kein Hinweis auf eine fehlende Zusammenlegung der ehedem selbständigen Dienststellen, sondern ohne weiteres als Folge des mit der Zusammenlegung verbundenen Betriebsübergangs bzw. Wechsels des Rechtsträgers aus § 613a Abs. 1 BGB erklärbar.
III. Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen (§ 13 VGG.EKD).