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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:24.02.2002
Aktenzeichen:VerwG.EKD I-0124/F41-01
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 3, § 6 Abs. 2, § 40 Buchst. n
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev.-Luth. Kirche in Bayern und des Diakonischen Werkes der Ev.-Luth. Kirche in Bayern e.V., Az.: 26/0-6/4-294; Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 4/03, S. 195
Schlagworte:Mehrgliedrige Dienststelle - Bezeichnung der Mitarbeitervertretung - Wohnungsvergabe
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Leitsatz:

1. Im gerichtlichen Streitverfahren zwischen dem als Dienststelle fingierten Dienststellenteil und der dort gebildeten Mitarbeitervertretung ist nicht der Dienststellenteil, sondern die Leitung der (Haupt-) Dienststelle beteiligt.
2. Eine Mitarbeitervertretung wird nach ihrer Konstituierung durch ihre(n) Vorsitzende(n) auch im gerichtlichen Streitverfahren vertreten.
3. Die Mitbestimmung bei der Vergabe von Werkmietwohnungen (§ 40 Buchst. n MVG.EKD) obliegt der Mitarbeitervertretung; die Gesamtmitarbeitervertretung ist nur zuständig, wenn die Vergabe dienststellenübergreifend erfolgt.

Tenor:

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev.-Luth. Kirche in Bayern und des Diakonischen Werkes der Ev.-Luth. Kirche in Bayern e.V. - 26/0-6/4-294 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass nicht eine Dienststelle "A" beteiligt ist, sondern die Dienststellenleitung Evang.-Luth. Diakoniewerk B.
2. Die Dienststelle hat die außergerichtlichen Kosten der Beschwerde zu tragen.
3. Der Verfahrenswert beträgt 4.000,-- EURO.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten in der Sache über die Mitbestimmung bei der Zuweisung von Mietwohnungen an die im Antrag benannten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (§ 40 Buchst. n MVG.EKD), aber auch darüber, ob die antragstellende Mitarbeitervertretung aktivlegitimiert und eine Dienststelle "A" am Verfahren zu beteiligen sei. Die Vergabe von Wohnungen erfolgte mit Hilfe einer Wohnungskommission, der auch zwei Mitglieder der Gesamtmitarbeitervertretung angehören.
Die Antragstellerin hat gerügt, sie sei zu Unrecht nicht nach § 40 Buchst. n MVG.EKD beteiligt worden, sondern erfahre erst hinterher, dass die Dienststelle Mietwohnungen zugewiesen habe. Sie hat sich deswegen mit ihrem Antrag vom 6. September 2001 an die Schlichtungsstelle gewandt und als Antragsgegnerin angegeben "Diakonie B, Dienststelle A". Die Dienststellenleitung entgegnet, das Mitbestimmungsrecht sei gewahrt. Die Wohnungen würden von der Wohnungskommission, dem auch die Gesamtmitarbeitervertretung angehöre, vergeben.
Die Schlichtungsstelle hat als Antragstellerin die "Mitarbeitervertretung A", die "Dienststelle A" als Antragsgegnerin bezeichnet und auf den Antrag der Mitarbeitervertretung durch einen Beschluss (ohne Datum)
festgestellt, dass die Antragstellerin bei der Zuweisung von Werkmietwohnungen an die sechs Mitarbeiter nicht beteiligt und damit das Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung verletzt wurde.
Gegen diesen ihr am 7. November 2001 übersandten Beschluss hat die Dienststelle "A" mit dem Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 30. November 2001 am selben Tag per Fax Beschwerde eingelegt. Im Schriftsatz vom 6. Dezember 2001 teilten sie ihre Bezeichnung und ladungsfähige Anschrift wie aus dem Rubrum ersichtlich mit. Im Schriftsatz vom 21. Oktober 2002 gab sie die Namen ihrer beiden gesetzlichen Vertreter an. Die Dienststellenleitung wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag und beantragt,
den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev.-Luth. Kirche in Bayern und des Diakonischen Werkes der Ev.-Luth. Kirche in Bayern - 26/0-6/4-294 - aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und hält das Evang.-Luth. Diakoniewerk B mangels unmittelbarer Betroffenheit für nicht beschwerdebefugt.
Wegen der Einzelheiten wird auf die in beiden Rechtszügen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
II. Die nach § 63 Buchst. a MVG.EKD statthafte Beschwerde ist zulässig.
Die Beschwerde ist - entsprechend der Bezeichnung im angefochtenen Beschluss - von der Dienststelle "A" eingelegt worden. Die Mitarbeitervertretung meint zu Unrecht, die Leitung der "Haupt-" Dienststelle (Evang.-Luth. Diakoniewerk B) sei mangels unmittelbarer Betroffenheit nicht beschwerdebefugt gewesen. Dieser Einwand greift nicht durch. Die Dienststelle "A" bestehe zwar als Dienststelle nicht. Gleichwohl ist sie beschwerdebefugt, denn gegen sie ist der angefochtene Beschluss ergangen. Die Beschwerde ist - insoweit der Sache nach zutreffend - auch darauf gestützt, die Dienststelle "A" existiere als Dienststelle nicht.
III. Die Beschwerde ist hinsichtlich der Frage, gegen wen das Schlichtungsverfahren zu richten ist, begründet. Im übrigen, vor allem hinsichtlich der Frage der Verletzung des Mitbestimmungsrechts selbst, ist sie indessen nicht begründet.
1. Die Einreichung des Antrags durch die beteiligte Mitarbeitervertretung "A" begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
a) Die Antragstellerin tritt vorliegend unter einer ihre Existenz und Zuständigkeit umschreibenden, allerdings die Zugehörigkeit zur Einrichtung selbst - Evang.-Luth. Diakoniewerk B - nicht wiedergebenden Bezeichnung auf. Eine eindeutigere Bezeichnung ergibt sich auch nicht aus den Wahlunterlagen für ihre im Jahr 1999 durchgeführte Wahl. Der Wahlvorstand ist darin als "Wahlvorstand für die Mitarbeitervertretungswahl 1999 in A" aufgetreten. Der Wahlvorschlag trägt die Bezeichnung "Gesamtvorschlag zur Wahl der Mitarbeitervertretung für die Dienststellen: A, Fachschule für Heilerziehungspflege A, WfB A". Ob für diese Teile des Evang.-Luth. Diakoniewerks B zu Recht eine gesonderte Mitarbeitervertretung gewählt werden durfte oder ob insoweit der Begriff der Dienststelle (§ 3 Abs. 1, Abs. 2 MVG.EKD) verkannt worden ist, war vorliegend nicht zu prüfen. Die Verkennung des Dienststellenbegriffs kann zwar die Anfechtung einer Mitarbeitervertretungswahl begründen, sie hat jedoch nicht die Nichtigkeit einer solchen Wahl zur Folge. Wird eine u.U. anfechtbare Wahl nicht angefochten, so ist sie wirksam. Vorliegend ist die Wahl nicht angefochten worden. Von daher ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin für die bezeichneten Teile des Evang.-Luth. Diakoniewerks B, deren Mitarbeiter zusammen eine einheitliche Mitarbeitervertretung gewählt haben, zumindest für die derzeitige Amtszeit nach § 3 Abs. 2 MVG.EKD zuständig ist.
b) Entgegen der Ansicht der Dienststellenleitung begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Antragstellerin unter der Sammelbezeichnung "Mitarbeitervertretung A" unter Angabe der Person auftritt, die den Vorsitz führt, und nicht unter Angabe der Namen aller ihrer Mitglieder. Die Angabe der Namen (und Anschriften) aller Mitglieder einer Mitarbeitervertretung ist solange erforderlich, als sich diese Mitarbeitervertretung nicht konstituiert hat. Die Konstituierung hat zu unterbleiben, wenn die Wahl der Mitarbeitervertretung angefochten worden ist, denn die Wahlanfechtung hat aufschiebende Wirkung (§ 14 Abs. 1 MVG.EKD). In der Regel konstituiert sich eine Mitarbeitervertretung auf Einladung des Wahlvorstandes unmittelbar nach der Wahl; sie entscheidet dann nach § 23 Abs. 1 Satz 1 MVG.EKD über den Vorsitz. Der oder die Vorsitzende führt die laufenden Geschäfte und vertritt die Mitarbeitervertretung im Rahmen der von ihr gefassten Beschlüsse (§ 23 Abs. 1 Satz 2 MVG.EKD). Darauf, ob die Mitarbeitervertretung eine "Rechtsperson" ist, kommt es entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin nicht an. In Verfahren über Streitigkeiten aus dem MVG.EKD ist die Mitarbeitervertretung antrags- und beteiligungsfähig und wird, sobald sie konstituiert ist, auch in solchen Verfahren durch den oder die Vorsitzende vertreten. Dorthin sind auch gerichtliche Zustellungen zu richten.
2. Die Antragstellerin hatte den Antrag gegen "Diakonie B, Dienststelle A" gerichtet. Dies bedurfte der Auslegung, denn es ist auf den ersten Blick unklar, ob sich der Antrag gegen die Dienststellenleitung Evang.-Luth. Diakoniewerk B richtet, weil von "Diakonie B" die Rede ist, oder ob sie sich gegen den Dienststellenteil "A" richtet, weil die hierfür zutreffende Kurzbezeichnung und die dazugehörige Anschrift genannt werden.
Zu Unrecht hat die Schlichtungsstelle angenommen, der Antrag habe sich gegen die Dienststelle "A" zu richten. Dies beanstandet die Beschwerde zu Recht. Der Antrag war gegen die Dienststellenleitung Evang.-Luth. Diakoniewerk B, zu richten. Dementsprechend war das Rubrum der angefochtenen Entscheidung klarzustellen.
a) In Fällen des § 3 Abs. 2 MVG.EKD hat die Mitarbeitervertretung sich zwar grundsätzlich an den als Dienststelle geltenden Teil der ganzen Dienststelle (Hauptdienststelle) zu halten, soweit es um die Durchführung der Mitbestimmung in all den Fällen geht, für die die - wie auch immer definierte - Leitung des mitbestimmungsrechtlich als selbständige Dienststelle geltenden Teiles der Einrichtung zuständig ist. Wenn die Dienststellenleitung des Evang.-Luth. Diakoniewerk B demgegenüber anführt, es bestehe keine Dienststelle A und demzufolge dort auch keine Dienststellenleitung, so kann sie damit - zumindest für die Dauer der Existenz der antragstellenden Mitarbeitervertretung - nicht durchdringen, weil deren Wahl nicht angefochten worden ist. Indessen ist die Zuständigkeit der mitarbeitervertretungsrechtlich fingierten Dienststelle "A" nicht uneingeschränkt gegeben. Vielmehr kann für Mitbestimmungsfragen die Zuständigkeit der Dienststellenleitung als der eigentlichen (oder "Haupt-") Dienststelle Evang.-Luth. Diakoniewerk B nach § 3 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD gegeben sein. Dann ist die Leitung der (Haupt-) Dienststelle Partner der Mitarbeitervertretung des als Dienststelle fingierten Teiles der Dienststelle. Dementsprechend müssten dann die antragstellende Mitarbeitervertretung "A" und die Dienststellenleitung des Evang.-Luth. Diakoniewerks B die nach dem MVG.EKD notwendigen Verhandlungen u.s.w. führen.
b) Unabhängig von der materiell-rechtlichen Zuständigkeit ist jedoch in gerichtlichen Verfahren zwischen der Mitarbeitervertretung stets die Dienststellenleitung der "Haupt-" Dienststelle beteiligt und nicht die Leitung des lediglich als selbständige Dienststelle fingierten Teiles der Einrichtung. Denn rechtlich wirksam kann nur der Dienststellenleitung selbst und nicht etwa der Leitung eines ihrer Teile zugestellt werden. Nur die Dienststellenleitung selbst kann in gerichtlichen Verfahren über Streitigkeiten nach dem MVG.EKD beteiligt sein.
3. In der Sache selbst ist die Beschwerde nicht begründet. Die Dienststellenleitung selbst verkennt nicht, dass die antragstellende Mitarbeitervertretung nach § 40 Buchst. n MVG.EKD zu beteiligen gewesen wäre. Sie meint jedoch, dem sei dadurch Genüge getan, dass die Wohnungen von der gemeinsamen Wohnungskommission vergeben werden, in der die Gesamtmitarbeitervertretung durch zwei Mitglieder vertreten ist. Dabei wird zu Gunsten der Dienststellenleitung unterstellt, dass die Wohnungskommission auf einer Dienstvereinbarung i.S. des § 36 Abs. 1 MVG.EKD beruht und es deren Inhalt ist, auf diesem Weg die Mitbestimmung nach § 40 Buchst. n MVG.EKD durchzuführen.
Das Mitbestimmungsrecht bei der Vergabe von Werkmietwohnungen (§ 40 Buchst. n MVG.EKD zählt zu den originären Aufgaben der Mitarbeitervertretung im Rahmen ihrer Zuständigkeit. Dies ist für die im Dienststellenteil "A" die dort gebildete Mitarbeitervertretung. Die Gesamtmitarbeitervertretung wäre nach § 6 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 40 Buchst. n MVG.EKD hierfür nur zuständig, wenn Wohnungsvergabe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus mehreren oder aus allen Dienststellen betrifft, sie also dienststellenübergreifend vorgenommen wird. Es ist nicht erkennbar, inwieweit vorliegend die Gesamtmitarbeitervertretung für die Vergabe von Wohnungen innerhalb des als selbständige Dienststelle geltenden Teiles der Einrichtung in A an dort tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig sein kann. Die Voraussetzungen für eine (Not-) Zuständigkeit nach § 6 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD liegen erkennbar nicht vor, denn im Dienststellenteil A besteht eine Mitarbeitervertretung.
IV. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 13 Abs. 2 VGG.EKD, § 8 BRAGO.