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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:24.03.2003
Aktenzeichen:VerwG.EKD II-0124/G28-02
Rechtsgrundlage:MVG.K § 65 Abs. 1, § 62 Abs. 5, § 42 Nr. 3, § 45 Abs. 2, § 39 Abs. 4
Vorinstanzen:Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Nds. und der DW Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe , Az.: 2 K 8/02; Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 5/04, S. 242
Schlagworte:Endgültige Entscheidung der Schiedsstelle in Fällen des § 42 MVG.K
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Leitsatz:

In den Fällen der Mitbestimmung (§ 42 MVG.K) entscheidet die Schiedsstelle endgültig (§ 62 Abs. 5 S. 1 MVG.K). In der Prüfung "in den Fällen nach den §§ 42 und 43" (§ 62 Abs. 5 S. 1 MVG.K) gehört auch die Untersuchung, ob die Mitarbeitervertretung hinreichend unterrichtet wurde. Greift die Schiedsstelle das nicht auf, führt das nicht zur Eröffnung der Beschwerde nach § 65 Abs. 1 Nr. 2 MVG.K (im Anschluss an VerwG.EKD B. v. 14. Mai 1998 - 0124/C2-98 - ZMV 1998, 236).

Tenor:

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen und der Diakonischen Werke Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe vom 16. Oktober 2002 - Az.: 2 K 8/02 - wird als unzulässig verworfen.
2. Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen.
3. Der Verfahrenswert beträgt 2.000,00 €.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Projektleiterin Frau Dipl.-Pädagogin E in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9 Teil II Abschnitt G (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) der Anlage 1a zum BAT zusteht.
Sie war seit dem 15. April 2002 als Projektleiterin in dem vom Europäischen Flüchtlingsfonds geförderten Projekt - Aufnahmeberatung und Grundorientierung von Flüchtlingen - mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Angestellten bei der Kirchengemeinde tätig. Der Arbeitsvertrag war bis zum 14. Februar 2003 befristet.
Nachdem die Mitarbeitervertretung bei dem Ev.-luth. Kirchenkreis A der Einstellung zugestimmt hatte, beantragte die Kirchengemeinde am 26. Februar 2002 die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Eingruppierung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9 des Teils II Abschnitt G der Anlage 1a zum BAT. Die Mitarbeitervertretung bat um Erörterung. In der anschließenden Erörterung wurden die von Frau E auszuübenden Tätigkeiten nicht erörtert. Eine Einigung wurde nicht erzielt, die Kirchengemeinde erklärte die Erörterung für abgeschlossen.
Mit Antrag vom 19. März 2002 machte die Kirchengemeinde geltend, die Mitarbeitervertretung habe die Zustimmung zu Unrecht verweigert. Sie hat beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung von Frau E in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9 gemäß Anlage 1a zum BAT Teil II Abschnitt G vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
den Antrag der Kirchengemeinde zurückzuweisen.
Sie hat vorgetragen, Frau E sei als sonstige Angestellte in der Vergütungsgruppe IV b zutreffend eingruppiert. Der Mitarbeitervertretung sei in der mündlichen Erörterung nur mitgeteilt worden, dass Frau E über eine Ausbildung als Diplom-Pädagogin verfüge und im Schwerpunkt Familienpädagogik studiert habe. Die Dienststellenleitung habe dann weiter erklärt, Frau E verfüge nicht über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen. Die Dienststellenleitung habe der Mitarbeitervertretung allerdings nicht mitgeteilt, aufgrund welcher Tatsachen sie zu dieser Bewertung komme. Es sei zu prüfen, ob Frau E über gleichwertige Kenntnisse und Erfahrungen verfüge, worüber die Mitarbeitervertretung keine Erkenntnisse habe. Frau E sei in eines der schwierigsten Felder sozialer Arbeit gesteckt worden. Sie arbeite im wesentlichen allein und könne nur auf wenig fachliche Unterstützung und Anleitung zurückgreifen. Sie mache ihre Arbeit beanstandungsfrei. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass sie für diese Arbeit über entsprechende Kenntnisse und auch über die dafür erforderlichen Erfahrungen verfüge.
Die Schiedsstelle hat durch Beschluss vom 16. Oktober 2002 festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau E in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9 der Vergütungsordnung Anlage 1a zum BAT Teil II Abschnitt G vorliegt und damit die nicht erteilte Zustimmung als ersetzt gilt.
In dem Beschluss wird u.a. ausgeführt, die von der Kirchengemeinde für richtig gehaltene Eingruppierung der Tätigkeiten, die von Frau E auszuüben seien, sei zutreffend. Die Mitarbeiterin habe nach ihrem Arbeitsvertrag in dem Projekt Sozialarbeit zu leisten. Dass diese Arbeit im Vertrag genauer festgelegt sei, etwa hinsichtlich bestimmter Einzelaufgaben oder hinsichtlich bestimmter Mindestanforderungen oder anderer Qualitätsmerkmale, sei nicht erkennbar. Auch dass infolge von Dienstanweisungen bestimmte Qualitätsmerkmale der Arbeit erfüllt seien müssten, sei nicht ersichtlich. Man müsse daher annehmen, dass Frau E ihre Arbeit, für deren Gestaltung sie einen eigenen Entscheidungsspielraum habe, nach besten Kräften auszuüben habe und dass dafür maßgeblich ihre Aus- und Vorbildung sei, wie sie aus den Bewerbungsunterlagen ablesbar sei. Die Dienststelle erwarte keine qualitativ höhere Arbeitsleistung, als sie den bis zur Einstellung erworbenen Fähigkeiten und Erfahrungen entspreche. Demgemäß habe Frau E Tätigkeiten der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 9 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst auszuüben. Diese Tätigkeit erfordere nicht die Ausbildung zur Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin mit staatlicher Anerkennung, sondern könne schon mit geringeren Erfahrungen und Fachkenntnissen ausgeübt werden. Das komme durch die Wörter "in der Tätigkeit von Sozialarbeitern/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung" zum Ausdruck. Sie sei für Angestellte, die nicht die Ausbildung zur Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin mit staatlicher Anerkennung gemacht hätten, gut dazu geeignet, gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen zu erwerben. Sie sei nicht sonstige Angestellte i.S.d. Vergütungsgruppen V b und IV b der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst. Aus den Bewerbungsunterlagen gehe hervor, dass Frau E Erfahrungen für entsprechende Tätigkeiten bisher nicht gesammelt habe. Berufliche Erfahrungen in der Tätigkeit einer Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin fehlten noch. Die Erfahrungen, die sie während ihres Studiums und während ihrer anschließenden Weiterbildung in Praktika, in ehrenamtlicher Tätigkeit, bei Hospitationen und durch Teilnahme an vielen Veranstaltungen gemacht habe, könnten die berufliche Erfahrung nicht völlig ersetzen.
Gegen den Beschluss der Schiedsstelle hat die Mitarbeitervertretung mit am 26. November 2002 beim VerwG.EKD eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor:
Die Zulässigkeit der Beschwerde ergebe sich aus § 65 Abs. 1 Ziff. 2 MVG.K. Vordergründig stritten die Beteiligten um die Frage, wie die Mitarbeiterin richtig eingruppiert sei. Insoweit entscheide die Schiedsstelle abschließend. Tatsächlich sei Hintergrund des Streites aber auch die Frage, aufgrund welcher Informationen die Mitarbeitervertretung ihr Mitbeurteilungsrecht bei Eingruppierungen auszuüben habe. Damit stritten die Beteiligten um die Frage, welche Rechte und Pflichten sich aus dem Mitbestimmungsrecht bei Eingruppierungen ergäben.
Die Mitarbeitervertretung könne ihr Mitbeurteilungsrecht nur dann sachgerecht ausüben, wenn sie Kenntnis der vom Mitarbeiter auszuübenden Tätigkeit(en) habe. Nur dann sei es ihr möglich, die subjektiven und objektiven Anforderungen der einzelnen Tätigkeitsmerkmale mitzubeurteilen. Die Mitarbeitervertretung habe ihm Rahmen der Eingruppierung die Aufgabe, die Richtigkeit der Entscheidung des Dienstgebers zu überprüfen. Dieses Kontrollrecht werde unterlaufen, wenn der Mitarbeitervertretung im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens bei Eingruppierungen die zur richtigen Beurteilung erforderlichen Sachinformationen vorenthalten würden (werden dürften). Die Schiedsstelle habe auf Antrag der Antragstellerin darüber zu befinden gehabt, ob der Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zustehe. Diesen Antrag habe die Schiedsstelle abzulehnen gehabt. Denn es könne nur dann festgestellt werden, dass der Mitarbeitervertretung ein Grund zur Zustimmungsverweigerung nicht zustehe, wenn zugleich die Richtigkeit der Beurteilung durch die Dienststelle feststehe. Dazu habe die Schiedsstelle die gleichen Prüfungen anzustellen gehabt, wie sie die Mitarbeitervertretung vorzunehmen habe. Es komme nicht darauf an, ob die Beurteilung der Dienststelle bei der Eingruppierung im Ergebnis letztlich richtig sei oder nicht. Zu prüfen sei allein, ob die Mitarbeitervertretung ihren Prüfungsauftrag richtig und mit richtigem Ergebnis durchgeführt habe. Dabei sei es nur eine verfahrensrechtliche Frage, ob die Schiedsstelle möglicherweise im Wege der Amtsermittlung die der Mitarbeitervertretung zuvor nicht erteilten Informationen zu beschaffen oder anzufordern habe.
II. Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung ist nicht statthaft. Das Gesetz, § 65 Abs. 1 MVG.K, sieht sie nicht vor, schließt sie vielmehr ausdrücklich aus, § 62 Abs. 5 MVG.K. Da es folglich an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerde fehlt, war sie nach § 16 Abs. 1 S. 1 VGG.EKD in entsprechender Anwendung des § 125 Abs. 2 S. 1 VwGO als unzulässig zu verwerfen.
1. Nach § 42 Nr. 3 MVG.K hat die Mitarbeitervertretung bei der Eingruppierung einschließlich der Festlegung der Fallgruppe ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht in Form eines Mitbeurteilungsrechts. Sie darf ihre Zustimmung jedoch nur verweigern, wenn einer der in § 45 Abs. 2 Nr. 1 - 3 MVG.K aufgeführten Gründe vorliegt. Kommt es wegen der Verweigerung der Zustimmung nicht zu einer Einigung, kann die Dienststellenleitung binnen zwei Wochen nach Abschluss der Erörterung die Schiedsstelle anrufen, § 39 Abs. 4 MVG.K. Das ist hier geschehen. In den Fällen des eingeschränkten Mitbestimmungsrechts hat die Schiedsstelle nach § 62 Abs. 5 S. 1 MVG.K lediglich zu prüfen und abschließend festzustellen, ob für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 45 Abs. 2 MVG.K vorliegt. Nach dem Wortlaut des § 65 Abs. 5 S. 1 MVG.K entscheidet die Schiedsstelle "abschließend". Das bedeutet nach allgemeinem Sprachgebrauch nur, dass es kein Rechtsmittel gegen den entsprechenden Beschluss der Schiedsstelle gibt und dass der Zugang zur zweiten Instanz in einem solchen Fall nicht möglich ist. Dementsprechend enthält der Zuständigkeitskatalog des § 65 Abs. 1 MVG.K auch keine Regelung darüber, dass gegen die abschließende Feststellung der Schiedsstelle in einem solchen Fall ein Rechtsmittel gegeben ist.
2. Die Statthaftigkeit der eingelegten Beschwerde ergibt sich auch nicht aus § 65 Abs. 1 Nr. 2 MVG.K, wie die Beschwerde annimmt. Sie möchte darauf abstellen, vordergründig stritten die Beteiligten um die Frage, wie die Mitarbeiterin richtig eingruppiert sei. Insoweit entscheide die Schiedsstelle abschließend. Tatsächlich sei Hintergrund des Streites aber auch die Frage, aufgrund welcher Informationen die Mitarbeitervertretung ihr Mitbeurteilungsrecht bei Eingruppierungen auszuüben habe. Damit stritten die Beteiligten um die Frage, welche Rechte und Pflichten sich aus dem Mitbestimmungsrecht bei Eingruppierungen ergäben.
Dabei wird aber verkannt, dass Streitgegenstand nicht ist, welche Rechte und Pflichten den Beteiligten aus der eingeschränkten Mitbestimmung erwachsen. Streitgegenstand ist vielmehr, ob die Mitarbeitervertretung einen Grund hat, ihre Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin zu verweigern. Dabei kann ein Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift im Ergebnis auch vorliegen bei fehlender hinreichender Unterrichtung der Mitarbeitervertretung, was unter bestimmten Voraussetzungen, die hier offen bleiben können, zur Abweisung des Antrages der Dienststellenleitung, die Zustimmung zu ersetzen, führen kann (vgl. Fey/Rehren MVG.EKD § 41 Rz. 9; vgl. für den Bereich des staatlichen Rechts BAG 28.01.1986 - 1 ABR 10/94 -, 15.04.1986 - 1 ABR 55/84 - AP Nr. 34, 36 zu § 99 BetrVG 1972). Die Mitarbeitervertretung hat beanstandet, über die von der Mitarbeiterin auszuübenden Tätigkeit nicht unterrichtet gewesen zu sein. Diese Information wäre aber schon deswegen erforderlich gewesen, weil nach der Rechtsprechung der staatlichen Gerichte es rechtlich möglich ist, aus der auszuübenden Tätigkeit Rückschlüsse auf die Fähigkeiten und Erfahrungen eines "sonstige Angestellten" zu ziehen (vgl. BAG 13.12.1978 - 4 AZR 322/77 - AP Nr. 12 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Zwar ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den gleichwertigen Fähigkeiten als restriktiv bezeichnet worden. Das ändert aber nichts daran, dass auch im Lichte vorhandener Tätigkeitsmerkmale für Angestellte, die zwar eine entsprechende Tätigkeit ausüben, aber nicht die Ausbildungsvoraussetzung erfüllen, die Mitarbeitervertretung die Eingruppierung einer Angestellten ohne die Ausbildung zur Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin mit staatlicher Anerkennung nur dann unter dem Gesichtspunkt "sonstige Angestellte" sachgerecht beurteilen kann, wenn ihr die auszuübende Tätigkeit dieser Angestellte bekannt ist.
Greift die Schiedsstelle das nicht auf, dann mag der Spruch der Schiedsstelle insoweit unrichtig sein; das führt aber nicht zur Eröffnung der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der ordnungsgemäßen Beteiligung der Mitarbeitervertretung und unter dem Gesichtspunkt, ob die Dienststelle die Maßnahme durchführen kann, i.S.d. § 65 Abs. 1 Nr. 2 MVG.K.
III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 13 Abs. 2 VGG.EKD, § 8 BRAGO.