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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:05.08.2004
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/H24-03
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 40 Buchst. d und k
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle der Evangelischen Landeskirche in Baden, Az.: 2 SCH 18/2003
Schlagworte:Formular für einvernehmliche Dienstplanänderung
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Leitsatz:

Die Einführung und Benutzung eines Formulars zur Mitteilung einvernehmlicher Dienstplanänderungen unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche in Baden vom 7. Juli 2003 - 2 Sch 18/2003 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die (bis zum Abschluss einer Dienstvereinbarung) vorübergehende Verwendung eines Formulars durch die Dienststelle, insbesondere darüber, ob sie mitbestimmungspflichtig ist, sowie über die Auslegung eines in einem vorangegangenen Verfahren abgeschlossenen Vergleichs.
Antragstellerin ist die bei der Dienststelle gebildete Mitarbeitervertretung. Die Dienststelle beschäftigt etwa 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Dienststellenleitung bei einvernehmlichen Dienstplanänderungen verwendeten Formular-Mitteilungen der Zustimmung der Mitarbeitervertretung bedürfen. Streitgegenstand in der Beschwerdeinstanz ist darüber hinaus die Auslegung einer in einem früheren Verfahren vor der Schlichtungsstelle (1 Sch 71/2002) vergleichsweise getroffenen Regelung, auf die in den Gründen zu Ziffer II näher eingegangen wird.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
1. festzustellen, dass das von der Antragsgegnerin entworfene und verwendete Formular "Mitteilung der einvernehmlichen Dienstplanänderung mit einem Mitarbeiter" der Zustimmung der Antragstellerin unterliegt,
2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Verwendung des Formulars "Mitteilung der einvernehmlichen Dienstplanänderung mit einem Mitarbeiter" zu unterlassen, bis die Antragstellerin der Maßnahme zustimmt oder die Zustimmung durch die Schlichtungsstelle ersetzt worden ist,
hilfsweise,
3. die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Formular zur Dienstplanänderung "Mitteilung der einvernehmlichen Dienstplanänderung mit einem Mitarbeiter" nur dann zu verwenden, wenn tatsächlich ein Einvernehmen mit dem betroffenen Mitarbeiter vorliegt.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
die Anträge zu Ziffer 1 und Ziffer 2 zurückzuweisen.
Den Hilfsantrag hat die Dienststellenleitung anerkannt. Im übrigen hat sie vorgetragen: Das entsprechend dem Vergleich im Verfahren 1 Sch 71/2002 entworfene Formblatt, das die Mitarbeitervertretung beanstande, werde von den Stationen nur verwendet, wenn der von der Änderung betroffene Mitarbeiter in die Dienstplanänderung eingewilligt habe. Dass sich die mitbestimmungsfreie Mitteilung auf den Fall eines Tausches unter Mitarbeitern habe beschränken sollen, sei dem Vergleichstext nicht zu entnehmen und auch nicht vereinbart worden, so dass auch das Einvernehmen zwischen Mitarbeiter und Stationsleitung von der Regelung erfasst sei. Ein Mitbestimmungsrecht bei Einführung des inkriminierten Formblatts lasse sich nicht begründen.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten einschließlich der von ihnen vertretenen Rechtsauffassungen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die dazu überreichten Anlagen Bezug genommen.
Die Schlichtungsstelle hat bei Zurückweisung der Anträge im übrigen der Dienststellenleitung entsprechend ihrem Anerkenntnis durch Beschluss vom 7. Juli 2003 aufgegeben, das betreffende Formular nur dann zu verwenden, wenn tatsächlich ein Einvernehmen mit dem betroffenen Mitarbeiter vorliegt. Die Zurückweisung der Anträge zu Ziffer 1 und 2 hat sie wie folgt begründet:
Die Verwendung des von der Mitarbeitervertretung beanstandeten Formblatts unterliege hingegen weder dem Mitbestimmungsrecht noch dem Mitberatungsrecht. Es gehe lediglich um die Anzeige einer einvernehmlichen Dienstplanänderung. Sie könne genauso gut mündlich erfolgen. Werde stattdessen ein Formblatt benutzt, löse dies kein Beteiligungsrecht aus. Es sei anzunehmen, dass es der Mitarbeitervertretung nicht um die Beteiligung bei Verwendung des fraglichen Formblatts gehe. Sie wolle vielmehr ihr vom Inhalt des im Verfahren 1 Sch 71/2002 geschlossenen Vergleichs abweichendes Verständnis durchsetzen und den Anwendungsbereich des Formblatts auf den Tausch unter Mitarbeitern beschränken. Sei danach der Antrag zu Ziffer 1 unbegründet, gelte für den Antrag zu Ziffer 2 nichts anderes.
Gegen den am 12. September 2003 zugestellten Beschluss hat die Mitarbeitervertretung mit Schriftsatz vom 5. August 2003, eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2003, eingegangen am 8. Oktober 2003 begründet hat.
Die Beschwerdeführerin bezieht sich im wesentlichen auf ihr Vorbringen erster Instanz, das sie ergänzt und vertieft. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdebegründung Bezug genommen.
Die Mitarbeitervertretung und Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche in Baden vom 7. Juli 2003 - 2 Sch 18/2003 - wie folgt abzuändern:
1. festzustellen, dass das von der Beschwerdegegnerin entworfene und verwendete Formular "Mitteilung der einvernehmlichen Dienstplanänderung mit einem Mitarbeiter" der Zustimmung der Beschwerdeführerin unterliegt.
2. die Beschwerdeführerin zu verpflichten, die Verwendung des Formulars "Mitteilung der einvernehmlichen Dienstplanänderung mit einem Mitarbeiter" zu unterlassen, bis die Beschwerdeführerin der Maßnahme zugestimmt hat oder die Zustimmung ersetzt worden ist.
3. festzustellen, dass der Vergleich aus dem Verfahren 1 Sch 71/02 unter Ziffer 3 nur dann Anwendung findet, wenn Mitarbeiter untereinander ohne Veränderung der dienstplanmäßigen Arbeitszeit, ohne Beteiligung der Beschwerdegegnerin, tauschen.
Die Dienststellenleitung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung, soweit die Anträge zurückgewiesen worden sind. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt ihres Schriftsatzes vom 7. Oktober 2003 verwiesen. Die Schlichtungsakte 1 Sch 71/2002 wurde beigezogen und zum Gegenstand der Verhandlung vor dem Senat gemacht.
Die Beteiligten haben in der Verhandlung am 5. August 2004 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt und auf weiteren schriftsätzlichen Vortrag verzichtet.
II. Die Beschwerde ist an sich statthaft und, weil sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, auch im übrigen zulässig. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
1. Die Beschwerde ist nach § 63 Abs. 1 Buchst. b MVG.EKD (a.F.) statthaft. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit und Zulässigkeit der Beschwerde hat sich nach den Bestimmungen des MVG.EKD in der Fassung zu richten, die zur Zeit der Einlegung und Begründung der Beschwerde gegolten hat. Die Neufassung der Bestimmungen über die Beschwerde im MVG.EKD durch Art. 5 Nr. 31 des Kirchengesetzes über die Errichtung, die Organisation und das Verfahren der Kirchengerichte der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 6. November 2003 (ABl.EKD S. 408), das am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist (Art. 8 § 2 Abs. 1), sind nicht anzuwenden. Die vorliegende Beschwerde ist vor dem Inkrafttreten der in Rede stehenden Änderung des MVG.EKD eingelegt und begründet worden. Dagegen richtet sich die Durchführung des Verfahrens selbst in der Zeit nach dem 1. Januar 2004 nach den seit diesem Tag für das Verfahren in Streitigkeiten aus dem MVG geltenden Verfahrensvorschriften, nämlich gemäß § 63 Abs. 7 MVG.EKD nach den Vorschriften über das Beschwerdeverfahren des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens.
2. Die Beschwerde war als unbegründet zurückzuweisen. Das Gericht Erster Instanz hat zutreffend angenommen, dass die bloße Verwendung des streitigen Formblatts nicht beteiligungsfähig ist. Auch hinsichtlich der begehrten Auslegung des im Verfahren 1 Sch 71/2002 geschlossenen Vergleichs konnte das Beschwerdebegehren keinen Erfolg haben.
a) Abgesehen davon, dass der Antrag zu Ziffer 1 auf die unzulässige Erstattung eines Rechtsgutachtens hinausliefe, ist die zur Entscheidung gestellte Rechtsfrage logischerweise als Vorfrage dem Leistungsantrag zu Ziffer 2 zuzuordnen. Die Mitarbeitervertretung konnte daher mit dem Antrag zu Ziffer 1 keinen Erfolg haben.
b) Der Antrag zu Ziffer 2, mit dem die Beschwerdeführerin die Dienststellenleitung verpflichten möchte, das hier umstrittene Formular nur nach erteilter bzw. ersetzter Zustimmung zu verwenden, ist unbegründet. Es handelt sich nicht um eine Regelung der Ordnung in der Dienststelle. Die Dienststellenleitung weist zu Recht darauf hin, dass diese bloße Mitteilung genauso gut formlos mündlich erfolgen könnte. Der hier vorliegende Fall einer schriftlichen Mitteilung vom Tausch eines Dienstes lässt sich zudem den zu § 40 Buchst. k MVG.EKD bei Baumann-Czichon/Dembski/Germer/Kopp (MVG.EKD, 2. Aufl., Rdnr. 85 zu § 40) aufgeführten Einzelbeispielen keineswegs zuordnen. Würde man der Mitarbeitervertretung folgen und die Verwendung des Formular von ihrer Zustimmung abhängig machen, ergäbe sich zudem die merkwürdige Konsequenz, dass die schriftliche Information mitbestimmungspflichtig wäre, der Tausch selbst aber frei von jeglicher Beteiligung der Mitarbeitervertretung. Die Beteiligten haben nämlich im Verfahren 1 Sch 71/2002 vereinbart, dass "das obige Verfahren (gemeint ist die Beteiligung der Mitarbeitervertretung) dann nicht eingehalten werden muss, wenn die Dienstplanänderung im Einvernehmen mit der/dem betroffenen Mitarbeiterin/Mitarbeiter durchgeführt wird. In diesen Fällen ist der jeweilige Änderungsvorgang der MAV anzuzeigen".
c) Die Auslegung des vorstehend im Wortlaut wiedergegebenen Vereinbarung zwischen den Beteiligten ergibt nach den zu §§ 133, 157 BGB in ständiger Rechtsprechung praktizierten Grundsätzen, dass nicht nur der Tausch unter Mitarbeitern mitbestimmungsfrei sein soll, sondern auch der mit der Dienstellenleitung bzw. der Station vereinbarte Tausch, der zu einer Dienstplanänderung führt. In beiden Fällen handelt es sich um eine "Dienstplanänderung im Einvernehmen mit der/dem betroffenen Mitarbeiterin/Mitarbeiter". Für die von der Beschwerdeführerin favorisierte Auslegung dieser Vereinbarung fehlt es an jeglicher Substantiierung. Es hätte zumindest schlüssig vorgetragen werden müssen, wer bei Abschluss des Vergleichs welche weitergehende Erklärung, die über den Wortlaut hinaus die mit dem Antrag zu Ziffer 3 angestrebte Auslegung tragen könnte, abgegeben und wie genau die Gegenseite hierauf reagiert hat. Ohne einen entsprechenden Sachvortrag liefe die beantragte Zeugenvernehmung auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.
3. Die Beschwerde war danach insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.d.F. vom 6. November 2003, § 12 Abs. 5 ArbGG).