.
#
Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 29.05.2006 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD II-0124/M4-06 |
Rechtsgrundlage: | Kirchlicher Tarifvertrag der Diakonie vom 15. August 2002 (KTD) § 14 Abs. 1, Entgeltordnung zu § 14 KTD - Anlage 1 zu KTD Entgeltgruppe 8 A); Entgeltgruppe 9 A), SGB XII §§ 67-69 |
Vorinstanzen: | Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche, Az.: Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche, |
Schlagworte: | Informationspflicht der Dienststellenleitung |
Leitsatz:
Sozialarbeiter/-innen, Sozialpädagogen/Sozialpädagoginnen in einer stationären Einrichtung der Wohnungslosenhilfe sind in der Regel in Entgeltgruppe 8 der Entgeldordnung zu § 14 zum KTD - Anlage 1 zum KTD eingruppiert - in Abgrenzung zu Vergütungsgruppe IVb Vergütungsordnung Abteilung 24 der Anlage 1a KAT-NEK-.
Tenor:
Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss des Kirchengerichts für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche vom 27. Oktober 2005 - 15/2005 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mitarbeitervertretung berechtigt war, die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Sozialpädagogen und Sozialarbeiter im Haus D. der Antragstellerin in Entgeltgruppe E8 des Kirchlichen Tarifvertrages der Diakonie (KTD) (§ 42 Buchst. c MVG.EKD) gem. § 41 Abs. 1 MVG.EKD zu verweigern.
Das Haus D. bietet als stationäre Einrichtung der Wohnungslosenhilfe 70 Menschen auf der Grundlage der §§ 67-69 SGB XII (§ 72 BSHG) Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten an.
Das Hilfeangebot richtet sich an arme, wohnungslose Menschen, die aufgrund ihrer Lebenssituation von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen sind. Die Ausgestaltung des Hilfeangebots ist orientiert an den in der Gesellschaft herrschenden Lebensgewohnheiten. Sie entspricht dem sogenannten Normalitätsprinzip. Die Hilfeplanung im konkreten Einzelfall geht von den Bedarfen und Möglichkeiten der Klienten aus.
Das Gesamtziel der Arbeit mit den Betroffenen ist es, ihnen wieder die Möglichkeit zur vollen Teilnahme am Leben in der Gesellschaft zu erschließen.
Wesentliche Elemente sind eine eigene Wohnung, ein Platz im Arbeitsleben, ein eigenes Einkommen, der Anschluss an das vorhandene Sozialleistungssystem, die individuelle Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen, die Chance zur Verwirklichung bürgerlicher Freiheiten und politischer Rechte, die Chance zu einer gesundheitsbewussten Lebensweise, eine Grundbildung sowie die Bedürfnisbefriedigung über den Markt.
Als stationäre Einrichtung stellt das Haus D. persönliche Hilfen in verschiedenen Bereichen sowie Ersatz-wohnraum zur Abwendung von akuter Obdachlosigkeit zur Verfügung. Nach Auszug aus dem Haus D. geht es um nachgehende Hilfen in stadtteilorientierten Strukturen. Die soziale Wohnraumhilfe arbeitet auf vielfältige Weise an den Aufgaben der Beschaffung und Unterhaltung von Wohnraum für die Klienten des Hauses D..
Im Haus D. gibt es drei Fachbereiche:
a) stationäres Wohnen für insgesamt 18 Monate für aus dem Strafvollzug entlassene Männer oder obdachlose Männer von der Straße (insgesamt etwa 40 Betreute), die intensiv betreut werden und lernen müssen, eigenständig zu wohnen und sich selbst in einer Wohnung zu organisieren (z.B. sauber machen, kochen, einkaufen); Hilfe bei Behördengängen, Arztbesuchen usw. -Einsatz von fünf Sozialpädagogen -.
b) Dezentrales Wohnen für Männer, die für ein Jahr in etwa 25 (angemieteten) Wohnungen betreut werden - Einsatz von drei Sozialarbeitern -.
c) Nachgehende Betreuung - 1,5 Stellen Sozialpädagogen -.
Alle im Haus D. aufgenommenen oder von den dort beschäftigten Sozialpädagogen und Sozialarbeitern betreuten Männer sind Suchtkranke (Alkohol und/oder Drogenkranke) und zumeist HIV-Infizierte; viele haben außerdem Hepatitis. Ein Großteil der betreuten Männer ist hochverschuldet und hat in der Regel keine Bindung mehr zu ihren Herkunftsfamilien.
Spezielle Suchttherapien werden von den im Haus D. beschäftigten Sozialpädagogen und Sozialarbeitern nicht angeboten, sondern nur entsprechende Einrichtungen an die Klientel vermittelt.
Zwischen den Beteiligten besteht Streit über das richtige Eingruppiertsein der im Haus D. beschäftigten Sozialpädagogen und Sozialarbeiter nach der Entgeltordnung zu § 14 Kirchlicher Tarifvertrag der Diakonie (KTD) vom 15. August 2002 (GVOBl. S. 317) mit späteren Änderungen, zuletzt geändert durch Ände-rungstarifvertrag Nr. 4 zum KTD vom 20. Dezember 2004 (GVOBl. 2005, S. 122) - Anlage 1 zum KTD (KTD-EntgeltO) -, der aufgrund des Tarifvertrages zur Einführung des KTD im Diakonischen Werk vom 13. Januar 2005 (GVOBl. S. 123) - TV Einführung KTD im DW - mit Wirkung ab 1. April 2005 u.a. für alle Arbeitnehmerinnen (zur Begriffsbestimmung § 1 Abs. 1 KTD) gilt, die im Haus D., Einrichtung für wohnungslose Männer, angestellt oder tätig sind (§ 1 S. 1 TV Einführung KTD im DW).
Die Antragstellerin wandte sich im März 2005 an die Mitarbeitervertretung wegen der Eingruppierung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den Heimen (Festsetzung der Entgeltgruppen nach der KTD-EntgeltO); hinsichtlich der im Haus D. beschäftigten Sozialpädagogen und Sozialarbeiter beantragte sie die Zustimmung zur Eingruppierung in Entgeltgruppe E8 KTD. Die Mitarbeitervertretung widersprach mit Schreiben vom 12. April 2005 der in Aussicht genommenen Eingruppierung und vertrat die Auffassung, dass die Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen in Entgeltgruppe E9 eingruppiert seien, da sie fachlich schwierige Tätigkeiten ausübten. Die schwierige fachliche Tätigkeit ergebe sich aus der Betreuung eines Klientels mit psychischen Erkrankungen und Suchtabhängigkeiten.
Das Kollegium der Sozialarbeit des Hauses D. hatte sich bereits mit Schreiben vom 6. April 2005 an die Antragstellerin gewandt und näher dargelegt, aus welchen Gründen die Eingruppierung in E9 sachgerecht sei.
Die Dienststellenleitung verfolgt mit ihrem am 22. April 2005 beim Kirchengericht eingegangenem Antrag vom 21. April 2005 ihre Auffassung weiter, die Sozialarbeiter im Haus D. seien zutreffend in Entgeltgruppe E8 KTD eingruppiert, so dass die Mitarbeitervertretung, die u.a. auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Hauses D. vertritt, keinen Grund habe, ihre Zustimmung zur Eingruppierung dieser Personen in Entgeltgruppe E8 KTD zu verweigern.
Mit dem Zeitpunkt der Ersetzung des KAT-NEK seien die Sozialpädagogen und Sozialarbeiter des Hauses D. in Entgeltgruppe E8 KTD eingruppiert. Der Beispielskatalog des KTD sei gegenüber der bisherigen Protokollnotiz Nr. 9 der Vergütungsordnung Abteilung 24 KAT-NEK Anlage 1a "deutlich abgespeckt" und u.a. der Bereich der Nichtsesshaftenhilfe, Arbeitsgebiet der Sozialarbeiter und Sozialpädagogen im Haus D., nicht mehr aufgeführt. Schwierige fachliche Tätigkeiten i.S.d. Entgeltgruppe 9 KTD lägen nicht vor. Sozialpädagogisch betreuende, beratende Tätigkeit sei mit Entgeltgruppe E8 KTD zutreffend bewertet. Im Übrigen ändere sich die tatsächliche Vergütung der betroffenen Sozialarbeiter/Sozialpädagogen nicht wegen der tariflich geregelten Besitzstandsregel. Es gehe um "ein deutliches Zeichen für die Zukunft".
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
festzustellen, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hat, ihre Zustimmung zur Eingruppierung der Sozialarbeiter im Haus D. in die Entgeltgruppe E8 KTD zu verweigern und die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zu ersetzen.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
den Antrag der Dienststellenleitung zurückzuweisen.
Sie hält die Anforderung "mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten" der Entgeltgruppe 9A) KTD bei den Sozialpädagogen/Sozialarbeitern des Hauses D. für gegeben. Sie meint unter Bezugnahme auf das Schreiben des "Kollegiums der Sozialarbeit der Hauses D." an die Antragstellerin vom 6. April 2005, die sozialpädagogische Arbeit im Haus D., die umfassende Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten gem. §§ 67-69 SGB XII in einem stationären Rahmen beinhalte, erfülle die Merkmale für die Entgeltgruppe E9 KTD. Beim Personenkreis der Wohnungslosen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten handele es sich um Menschen, bei denen eine Bündelung verschiedener Problemlagen vorliege:
Wohnungslosigkeit sei nahezu durchgängig mit
- langwierigen Suchtproblematiken (legalen und illegalen Drogen, Spielsucht, Politoxikomanie),
- schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen,
- psychischen Problematiken bzw. Erkrankungen,
- komplizierten Überschuldungssituationen,
- einer weitgehenden sozialen Ausgrenzung etwa durch Heim- oder Haftaufenthalt,
verbunden.
Zur Bearbeitung dieser komplexen Bedarfslagen der Klienten müssten Spezialkenntnisse aus verschiedenen Fachgebieten angeeignet werden und die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen müssten sich kontinuierlich fortbilden. Für einen kompetenten Umgang mit den Klienten seien darüber hinaus besondere Fähigkeiten in der Kommunikations- und Motivationsarbeit erforderlich. Genau darin liege die Kompliziertheit der Aufgabe.
Mit dem der Mitarbeitervertretung am 13. Dezember 2005 zugestelltem Beschluss vom 27. Oktober 2005 hat das Kirchengericht "gem. § 60 Abs. 5 S. 1 MVG.EKD festgestellt, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hat, die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Sozialpädagogen und Sozialarbeiter im Haus D. in die Entgeltgruppe E8 KTD (§ 42 lit. c MVG.EKD) gem. § 41 Abs. 1 MVG.EKD zu verweigern".
In den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt, die Eingruppierung der im Haus D. beschäftigten Sozialpädagogen und Sozialarbeiter in Entgeltgruppe E8 gem. KTD-EntgeltO sei tarifrechtlich zutreffend. Die für die Eingruppierung in Entgeltgruppe E9 geforderte Schwierigkeit ergebe sich weder aus der Kompliziertheit der Aufgabe, noch aus erforderlichen Spezialkenntnissen. Die wahrzunehmenden Aufgaben könnten von einem Sozialpädagogen und Sozialarbeiter aufgrund seiner durch die Fachhochschulausbildung erworbenen Kenntnisse - nach einer Einarbeitungsphase - erbracht werden. Umstände, die die Eingruppierung in Entgeltgruppe E9 belegten, seien nicht erkennbar. Dass die KTD-Entgeltordung in der Entgeltgruppe E9 die bisherige tarifrechtliche Einordnung der Abteilung 24 VergO zum KAT-NEK, insbesondere der Vergütungsgruppe IVb, habe übernehmen wollen, sei nicht ersichtlich. Die in der Entgeltordnung gegebenen Beispiele für gemeinte Tätigkeiten seien zwar nicht abschließend. Wenn aus den Beispielen jedoch bei normalem/gewöhnlichem Sprachverständnis bestimmte gemeinsame Merkmale erkennbar seien, könnten nicht ausdrücklich erwähnte Tätigkeiten der jeweiligen Vergütungsgruppe/Entgeltgruppe nur dann unterfallen, wenn sie ebenfalls das "verbindende" Merkmal erfüllten. Die von den Sozialarbeitern des Hauses D. wahrgenommenen Tätigkeiten entsprächen möglicherweise zwar den Buchst. a, b und i der Protokollnotiz Nr. 9 zu Abteilung 24 VergO KAT-NEK; gemeinsame Merkmale mit den bei der Entgeltgruppe E9 genannten Beispielen seien aber nicht zu erkennen. Der Text des KTD gebe nichts dafür her, dass die bisherigen Eingruppierungen nach VergO KAT-NEK hätten unverändert bleiben sollen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Mitarbeitervertretung mit ihrer am 11. Januar 2006 eingelegten und nach Verlängerung der Begründungsfrist am 10. Februar 2006 bis zum 13. März 2006 aufgrund des Antrages vom 9. Februar 2006 am 6. März 2006 begründeten Beschwerde. Sie verweist auf die "Konzeption" "Haus D. Hilfen für Wohnungslose" vom August 1996, die, obwohl in einigen Teilen überholt, als geeignet erscheine, einen Überblick über die Aufgabenstellung und den Personenkreis zu vermitteln.
Das Haus D. sei hiernach eine stationäre Einrichtung der Wohnungslosenhilfe für Personen mit Multi-Morbidität (komplexe Mehrfachproblematik). Auf den Personenkreis fänden §§ 67 ff SGB XII (früher § 72 BSHG) Anwendung. Die besonderen Lebensverhältnisse dieses Personenkreises seien mit komplexen sozialen Schwierigkeiten verbunden, weshalb Hilfe zur Überwindung dieser Schwierigkeiten geboten werde. Die besonderen Lebensverhältnisse seien geprägt durch Wohnungslosigkeit, ungesicherte materielle Existenz, gewaltgeprägte Lebensumstände, Entlassung aus der Haftanstalt ohne wohnungsmäßige Integration oder vorbereitende Haftentlassung (vgl. DVO zu §§ 67-86 SGB XII).
Die betreuten Männer seien weiterhin gekennzeichnet durch hohe Verschuldung, häufige gesundheitliche Schwerstbeeinträchtigung psychischer und somatischer Art, Suchtmittelabhängigkeiten, Langzeitarbeitslosigkeit, fehlende oder unzureichende schulische und berufliche Qualifikation, Fehlen sozialer Bindungen und Kompetenzen.
Die Multi-Morbidität der Klienten gehe einher mit psychischen Auffälligkeiten, die die Beschwerde im Einzelnen auflistet (Bl. 4 d. Beschwerdebegründungsschrift vom 3. März 2006). Die von den Mitarbeitern des Hauses D. wahrzunehmenden Leistungsangebote bestünden in umfassender Beratung und Unterstützung. Aufbau und Aufrechterhaltung von Kontinuität sei dabei ein wichtiger Aspekt. Es werde ein Entwicklungsprozess angestrebt und vollzogen, der für alle Beteiligten in einem Hilfeplan veranschaulicht werde. Betreuung und Beratung setzten sich im Einzelnen aus folgenden Tätigkeiten zusammen:
- Hilfe bei der Beschaffung von Papieren,
- Begleitung bei Behördengängen,
- Unterstützung bei der Arbeitssuche,
- Unterstützung bei der Wohnungssuche,
- Anbindung an externe Fachdienste (Drogenberatung/Suchtberatung, Allgemeinärzte und Fachärzte, Psychologen/Psychotherapeuten, Schulden- und Insolvenzberatungsstellen),
- Anleitung bei der Gestaltung und Pflege des Wohnraums/Hygiene,
- Hilfe bei wirtschaftlicher Haushaltsführung
- Absicherung der finanziellen Existenz, z.B. nach jahrelanger Nichtinanspruchnahme von Leistungsansprüchen,
- Aufbau neuer Sozialbezüge,
- Aufarbeitung von persönlichen und sozialen Problemen und Erarbeitung von Bewältigungsmöglichkeiten,
- Erarbeitung von Konfliktlösungsstrategien und Auseinandersetzung der Sozialarbeiter/-innen mit Resignation und Rückzugsverhalten der Klienten, Entwicklung von Strategien zu deren Überwindung,
- Umgang mit Krisensituationen der Bewohner und Auseinandersetzungen mit eskalierenden Aggressionssituationen (Auto- und Fremdaggressionen), Suizidalität,
- Umgang mit Situationen von Vermüllung und Verwahrlosung im Wohnbereich, Entwicklung von Strategien zur Überwindung und Koordinierung der notwendigen internen bzw. externen Hilfen und
- Beratung in Gruppen oder Einzelgesprächen, Rufbereitschaft (nachts und an den Wochenenden durchgängig.
Eines der in Entgeltgruppe 9A) aufgeführten Beispiele sei "nicht direkt" erfüllt.
Die Tätigkeit der Sozialarbeiter und Sozialpädagogen des Hauses D. reiche indes über den allgemeinen Sozialdienst hinaus. Sie erbrächten fachspezifische Hilfeleistungen gegenüber einer Personengruppe mit besonders umfangreichen speziellen Sozialproblemen und ebenso komplexer wie spezieller Befindlichkeit.
Mit einem Studium der Sozialpädagogik und den Erfahrungen aus einer Einarbeitungsphase werde der im Haus D. betreute Personenkreis mit seinen Vielfachstörungen und besonderen Schwierigkeiten, wie er dem Leitbild des § 67 SGB XII (§ 72 BSHG) zugrunde liege, nicht erfasst. Der Zusatz "besonderer" mache deutlich, dass es sich dabei um besondere Lebensverhältnisse und vielfach gestörte Hilfesuchende handele, die über das übliche Problemfeld von "Personen in psychosozialen Konfliktsituationen" hinausreichten.
Der Personenkreis des § 67 SGB XII (§ 72 BSHG), der im Haus D. Hilfe suche und betreut werde, benötige Sozialarbeiter und Sozialpädagogen, die in der Lage seien, Betreuungstätigkeit auszuüben, die über das Maß der Hilfestellung im allgemeinen Sozialdienst vor Ort hinausgehe und besondere Anforderungen erfülle, z.B. im pädagogisch-psychischen Kenntnisbereich, im Rahmen der Krisenintervention oder im Rahmen der Einzelfallhilfe. Diese Steigerung des verlangten Wissens im Gegensatz zur Regeltätigkeit eines Sozialarbeiters werde erfasst von dem Merkmal der schwierigen (fachlichen) Tätigkeit (LAG Hamm vom 20. Dezember 2000 - 18 Sa 1962/99 - n.v.). Derartige Kenntnisse seien störungsspezifisch und würden in einer Fachhochschulausbildung nebst den Erfahrungen aus einer Einarbeitungsphase nicht erlangt.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Kirchengerichts für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche vom 27. Oktober 2005 - Az.: 15/2005 - festzustellen, dass die Beschwerdeführerin berechtigt war, die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der So-zialpädagogen/Sozialarbeiter im Haus D. in die Entgeltgruppe E8 KTD (§ 42 lit. c MVG.EKD) gem. § 41 Abs. 1 MVG.EKD zu verweigern.
Die Dienststellenleitung beantragt,
die Beschwerde der Mitarbeitervertretung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss. Das Tätigkeitsbild, das die Beschwerde entwerfe, entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Es handele sich tatsächlich um Menschen, bei denen i.S.v. § 67 S. 1 SGB XII besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden seien, nicht jedoch nur Krankheitsfälle. Aus Bl. 15 der "Konzeption" ergäbe sich, dass sich das Hilfeangebot des Hauses D. an arme, wohnungslose Menschen richte, die aufgrund ihrer Lebenssituation von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen seien. Es heiße dort, dass die Ausgestaltung des Hilfeangebotes orientiert sei an den in unserer Gesellschaft herrschenden Lebensgewohnheiten und dem "Normalitätsprinzip" entspreche. Für die stationäre Einrichtung der Wohnungslosenhilfe würden an gleicher Stelle als wesentliche Elemente eine eigene Wohnung, ein Platz im Arbeitsleben, ein eigenes Einkommen, der Anschluss an das vorhandene Sozialleistungssystem, die individuelle Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen, die Chance zur Verwirklichung bürgerlicher Freiheiten und politischer Rechte, die Chance zu einer gesundheitsbewussten Lebensweise, eine Grundbildung sowie die Bedürfnisbefriedigung über den Markt genannt. Es gehe dem-gegenüber nicht um eine Behandlung oder Besserung psychischer oder körperlicher Leiden. Es treffe nicht zu, dass die Bewohner des Hauses D. regelmäßig entsprechende Krankheitserscheinungen aufwiesen; zum Anderen richte sich die Tätigkeit der Mitarbeiter des Hauses D. in keinem Fall auf eine Betreuung oder Therapie entsprechender Krankheitsbilder. Eine ärztliche oder psychologische Behandlung oder Betreuung finde in der Einrichtung nicht statt, sondern die Tätigkeit der Mitarbeiter des Hauses D. beschränke sich darauf, einen Kontakt zu außenstehenden Therapeuten oder Ärzten im Einzelfall zu vermitteln. Die Tätigkeit der Mitarbeiter des Hauses D. überschreite den in § 67 S. 1 SGB XII bezeichneten Rahmen nicht. Die zur Entgeltgruppe 9 in der Entgeltordnung angeführten Beispiele seien sämtlich für die Tätigkeit der Mitar-beiter des Hauses D. nicht einschlägig. Sämtliche Beispielsfälle bezeichneten Tätigkeiten, deren Schwie-rigkeitsgrad weit über die Anforderungen der Tätigkeit im Haus D. hinausgehe. Weder werde eine Lehrtätigkeit wahrgenommen, noch handele es sich bei dem Haus D. um eine psychiatrische Einrichtung. Es werde auch keine Tätigkeit in der Suchtkrankenhilfe geleistet. Eine Arbeit mit einer besonderen Personengrup-pe indiziere nicht das Vorliegen schwieriger fachlicher Tätigkeiten. Umfangreiche Sozialprobleme oder eine spezielle Befindlichkeit betreuter Personen änderten nichts daran, dass es sich um Menschen handele, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden seien. Dies sei typischerweise Gegenstand der Tätigkeit von Sozialarbeitern und Sozialpädagogen. Die allgemeinen, im Rahmen der Ausbildung erworbenen Kenntnisse reichten für die in § 67 S. 1 SGB XII umschriebene Sozialarbeit aus. Das übliche Problemfeld, das die Arbeit mit Personen in psychosozialen Konfliktsituationen mit sich bringe, werde nicht überschritten. Die im Haus D. betreuten Personen benötigten keine Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen, die entsprechende besondere Anforderungen erfüllen müssten. Von einer Steigerung des verlangten Wissens könne nicht die Rede sein. Bei den Koordinationsleistungen handele es sich um die Aufgaben, die üblicherweise im Sozialdienst anfielen. Dass soziale Schwierigkeiten der Bewohner durch besondere Lebensverhältnisse begründet seien, entspreche dem Regelfall des Sozialdienstes. Die behaupteten Fortbildungsveranstaltungen seien von den betroffenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen nicht, jedenfalls nur vereinzelt, besucht worden; im Übrigen seien sie für die Arbeit nicht "notwendig".
Der Kirchengerichtshof hat die Beschwerde zur Entscheidung angenommen (Beschluss v. 3. April 2005).
II. Die statthafte und sonst zulässige Beschwerde (§ 63 Abs. 2 MVG.EKD, § 1 KGMVG der Nordelbischen Ev. Landeskirche, GVOBl. 2005, S. 7) ist unbegründet. Das Kirchengericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hat, die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen, Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen im Haus D. in Entgeltgruppe E8 KTD zu verweigern.
Im Einzelnen gilt folgendes:
1. Dem Kirchengericht ist im Ergebnis darin zu folgen, dass es die Eingruppierung der Sozialpädagogen und Sozialarbeiter im Haus D. in Entgeltgruppe 8 KTD für zutreffend erachtet hat.
a) Die Eingruppierung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Antragstellerin richtet sich nach dem Kirchlichen Tarifvertrag der Diakonie (KTD) vom 15. August 2002 (GVOBl. 2002, 317 ff.). Gem. § 14 "Entgeltgrundlagen Absatz 1 KTD" werden die Entgelte nach der überwiegenden Tätigkeit (Entgeltgruppen) bemessen. Nach Absatz 1 ergeben sich die Entgeltgruppen aus der Entgeltordnung.
Diese tariflichen Bestimmungen sind dahin zu verstehen, dass dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin bei Erfüllung der tariflichen Anforderungen ein entsprechender Vergütungsanspruch zusteht und der Entscheidung des Dienstgebers nur deklaratorische Bedeutung zukommt. Für die Eingruppierung ist entgegen der Auffassung der Mitarbeitervertretung die überwiegende Tätigkeit maßgebend, wobei die "Entgeltgruppen" der Anlage 1 - "Entgeltordnung" - maßgebend sind.
Für die Entscheidung, ob die Sozialpädagogen und Sozialarbeiter des Hauses D. in Entgeltgruppe 8 - so die Dienststellenleitung - oder in Entgeltgruppe 9 - so die Mitarbeitervertretung - eingruppiert sind, kommt es auf folgende Bestimmungen der Anlage 1 zum KTD - "Entgeltordnung" - an:
Entgeltgruppe 8
A) Arbeitnehmerinnen mit umfassenden Fachkenntnissen und entsprechender Tätigkeit.
(Umfassende Fachkenntnisse: Die umfassenden Fachkenntnisse werden durch eine abgeschlossene Fachhochschulausbildung oder durch eine erfolgreiche Ausbildung von i.d.R. 2½ jähriger Dauer und einer für die Tätigkeit erforderlichen anerkannten Zusatzausbildung erworben.)
Beispiele:
- ...
- ...
- Sozialpädagogin
B) Arbeitnehmerinnen in folgenden Funktionen:
...
Entgeltgruppe 9
A) Arbeitnehmerinnen der Entgeltgruppe 8 mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten.
(Schwierigkeit: Die Schwierigkeit kann sich insbesondere aus der Kompliziertheit der Aufgabe oder aus geforderten Spezialkenntnissen ergeben.)
Beispiele:
- Lehrkraft an Alten-, Kinder- und Krankenpflegeschulen
- Sozialpädagogin in psychiatrischen Einrichtungen
- Sozialpädagogin in der Suchtkrankenhilfe
B) Arbeitnehmerinnen in folgenden Funktionen:
...
b) Die von der Mitarbeitervertretung für die Eingruppierung der Sozialpädagogen und Sozialarbeiter des Hauses D. für richtig gehaltene Entgeltgruppe 9 baut auf der Entgeltgruppe 8 auf. Dabei ist ersichtlich, dass die Entgeltgruppe 8 die Eingangsvergütungsgruppe für Sozialpädagogen und Sozialarbeiter mit entsprechender Tätigkeit ist, da diese dort allgemein als Beispiel für die Entgeltgruppe 8 genannt sind.
c) Dass die als Sozialpädagogen und Sozialarbeiter im Haus D. jeweils eine Ausbildung zum Sozialpädagogen oder zur Sozialpädagogin, zum Sozialarbeiter oder zur Sozialarbeiterin absolviert haben, steht zwischen den Beteiligten ebenso außer Streit wie der Umstand, dass die von ihnen wahrgenommenen Tätigkeiten im Rahmen der "Hilfen für Wohnungslose" solche von Sozialpädagogen und Sozialarbeitern sind und ihre überwiegende Tätigkeit darstellen. Streitig ist allein, ob sie schwierige fachliche Tätigkeiten i.S.d. Entgeltgruppe 9 KTD ausüben.
Mit dem Merkmal "mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten" wird eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung der fachlichen Anforderungen gegenüber der Normaltätigkeit angesprochen (vgl. für den Bereich des BAT z.B. BAG, 6. Dezember 1994 - 1 ABR 38/94 - ZTR 1995, 313 f.).
Die Tarifvertragsparteien haben das allgemeine Heraushebungsmerkmal durch konkrete Beispiele erläutert. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem derartigen Aufbau des Tätigkeitsmerkmals davon auszugehen, dass, wenn eines der Tätigkeitsbeispiele vorliegt, immer auch die Merkmale des tariflichen Oberbegriffs erfüllt sind. Auf den allgemeinen Oberbegriff ist demgegenüber dann abzustellen, wenn die zu bewertende Tätigkeit unter keines der genannten Beispiele einzuordnen ist. Dabei sind dann allerdings für die Auslegung des allgemeinen Oberbegriffs die Richtbeispiele mit heran zu ziehen. Die aus ihnen abgeleiteten Maßstäbe bestimmen auch die Anforderungen an den allgemeinen Begriff; sie geben "Maß und Richtung" für seine Auslegung vor (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. etwa 19. August 2004 - 8 AZR 375/03 - EzA § 4 TVG Chemische Industrie Nr. 7; 25. September 1991 - 4 AZR 87/91 - AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge Großhandel).
Hiervon ist das Kirchengericht ausgegangen. Es hat zutreffend erkannt, dass die Tätigkeit der Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen, Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen des Hauses D. keines der genannten Beispiele erfüllt. Die betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind weder Lehrkräfte an Alten-, Kinder- und Krankenpflegeschulen, noch Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen in psychiatrischen Einrichtungen oder in der Suchtkrankenhilfe. Damit kommt es auf die Subsumtion unter den allgemeinen Oberbegriff "mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten" an. Den unbestimmten Rechtsbegriff der "schwierigen fachlichen Tätigkeiten" haben die Tarifvertragsparteien in dem Klammerzusatz mit dem Hinweis erläutert, dass sich die Schwierigkeit insbesondere aus der Kompliziertheit der Aufgabe oder aus geforderten Spezialkenntnissen ergeben kann.
Ausgehend davon ergibt sich folgendes:
Die von den betroffenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen durchgeführten "Hilfen für Wohnungslose" können nicht mit den im Tarifvertrag in Entgeltgruppe 9A) genannten Beispielen gleichgesetzt werden. Eine Übereinstimmung mit den Tätigkeiten ist nicht gegeben. Die Sozialarbeiter/Sozialpädagogen im Haus D. sind nicht als Lehrkräfte tätig. Außerdem nehmen sie keine therapeutischen Aufgaben wahr, wie es in den genannten Arbeitsbereichen der Psychiatrie und der Suchtkrankenhilfe der Fall ist (vgl. z.B. Rothschuh Diplom-Sozialarbeiter/-in, Diplom Sozialpädagoge/Sozialpädagogin [Fachhochschule] 6. Auflage 1997 Blätter zur Berufskunde 2 - IVA30 S. 15).
Hier geht es um Sozialarbeit und Sozialpädagogik in der Arbeit mit Menschen in besonders schwierigen Lebenslagen. Der Ausstieg aus der Wohnungslosigkeit soll mit den "Hilfen für Wohnungslose" ermöglicht werden. Daraus folgt schon, dass die Tätigkeiten der Sozialpädagogen und Sozialarbeiter im Haus D. auch nicht so ähnlich sind, dass etwa daraus die Erfüllung des Merkmals "mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten" folgt. Die Sozialpädagogen und Sozialarbeiter im Haus D. haben mit Personen i.S.d. §§ 67 ff. SGB XII zu tun. Bei diesen Leistungsberechtigten ist aber vorausgesetzt, dass ein Anhaltspunkt für die Erreichung des Ziels der Eingliederung in die Gemeinschaft bereits gegeben ist: Bei Alkoholikern und anderen Suchtkranken Anzeichen der Entwöhnung, bei psychischen Kranken, die in psychiatrischen Einrichtungen betreut werden, Überwindung dieser Krankheit, jedenfalls i.d.S. vorhanden sind, dass ein stationärer Aufenthalt in einer solchen Einrichtung nicht mehr als erforderlich erscheint. Hier setzen dann die Leistungen der §§ 67 ff. SGB XII ein und damit auch die Tätigkeiten der Sozialpädagogen und Sozialarbeiter im Haus D..
Daraus, dass in der Vergütungsordnung Abteilung 24 Anlage 1a zu KAT-NEK in der Protokollnotiz Nr. 9 in Vergütungsgruppe IVb unter c) u.a. begleitende Fürsorge für Heimbewohner und Heimbewohnerinnen und unter i) u.a. die Nichtsesshaftenhilfe als Beispiele für "schwierige fachlichen Tätigkeiten" genannt waren, so dass die in diesen Bereichen tätigen Sozialpädagogen und Sozialarbeiter schon wegen Vorliegens eines Beispiels in der Vergütungsgruppe IVb eingruppiert waren (vgl. für den BAT im staatlichen Bereich z.B. BAG, 1. März 1995 - 4 AZR 45/94 - n.v.; - 4 AZR 8/94 - AP Nr. 19 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter; 23. August 1995 - 4 AZR 341/94 - AP Nr. 20 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter), kann die Mitarbeitervertretung mit Erfolg nichts herleiten. Denn diese Beispiele sind in dem Beispielskatalog der Entgeltgruppe 9A) KTD nicht mehr enthalten. Das lässt nur den Schluss zu, dass die Tarifvertragsparteien in diesen Fällen entweder nicht mehr von dem Eingruppiertsein in der Entgeltgruppe 9 ausgehen oder aber das Erfülltsein des allgemeinen Merkmals verlangen. Selbst wenn die Entstehungsgeschichte des KTD für die Mitarbeitervertretung sprechen sollte, was die Dienststellenleitung leugnet, so hat sich das im Wortlaut des KTD nicht niedergeschlagen. Darauf hat das Kirchengericht zutreffend hingewiesen. Denn nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BAG, 16. Juni 2004 - 4 AZR 408/03 - BAGE 111, 108, 115 f. m.w.N.) folgt die Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Da-bei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung, ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.
Darauf abgestellt, kann nur davon ausgegangen werden, dass der allgemeine Oberbegriff erfüllt sein muss, wenn die Beispiele nicht "passen" und die zu erbringenden Tätigkeiten den beispielhaft aufgeführten Tätigkeiten auch nicht gleicht. Nachdem die Tarifvertragsparteien mit dem Klammerzusatz die "Schwierigkeit" dahin erläutert haben, dass sie sich insbesondere aus der Kompliziertheit der Aufgabe oder aus geforderten Spezialkenntnissen ergeben kann, ist zunächst davon auszugehen.
Für die Kompliziertheit der Aufgabe vermag der Senat Hinreichendes nicht zu erkennen. Kompliziertheit bedeutet das Schwierigerwerden, die Verwickeltheit bezogen auf die auszuübende Tätigkeit und das bezogen auf die fachliche Schwierigkeit, nicht etwa bezogen auf äußere oder innere Umstände der Arbeit. Letztlich kommt es also wieder darauf an, ob sich die fachlichen Anforderungen an die Tätigkeiten dadurch gegenüber der normalen Tätigkeit herausheben.
Das SGB XII ist für Sozialarbeiter und Sozialpädagogen ein zentrales Gesetz. Betreuung und Beratung nach diesem Gesetz sind für Sozialarbeiter und Sozialpädagogen als Standardaufgaben zu bewerten. Deshalb ist insoweit Kompliziertheit nicht erkennbar. Es ist nicht ersichtlich, dass über die Einarbeitung in die besonderen Probleme der Gruppe der Wohnungslosen wegen der besonderen Probleme bei den auf Bl. 5f. der Beschwerdebegründung im Einzelnen aufgeführten Tätigkeiten hinaus von einem Schwierigerwerden, einer Verwickeltheit auszugehen ist. Es geht letztlich um "Hilfe zur Selbsthilfe" in besonderen Lebensverhältnissen mit sozialen Schwierigkeiten, wobei diese mit Leistungen i.S.d. § 68 SGB XII begegnet werden soll, die hier im Rahmen stationärer Hilfe erbracht werden durch Beratung und persönliche Unterstützung für den Hilfebedürftigen, ggf. auch für seine Angehörigen. Die Kummulierung der auf Bl. 5f. der Beschwerdebegründung genannten Tätigkeiten führt nicht zwangsläufig zur Annahme, die - gesamte - Aufgabe weise Kompliziertheit auf. Die Konfrontation mit unterschiedlichen Problemsituationen und die Häufung von Problemen gehört zum allgemeinen Berufsbild des Sozialarbeiters. Für die "Betreuung und Beratung" der Personen, die die Wohnungslosenhilfe in Anspruch nehmen (müssen), ist es geradezu typisch, dass sie vor einer Vielzahl von Problemen stehen. Schon nach den sozialrechtlichen Bestimmungen kommen Hilfe bei der Beschaffung von Wohnraum, Hilfe zur Ausbildung sowie zur Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes, notfalls Verschaffung von Möglichkeiten, die darauf gerichtet sind, die Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie die Bereitschaft zu erhalten und zu entwickeln, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen und den Lebensunterhalt für sich und Angehörige aus Erwerbseinnahmen zu bestreiten (vgl. § 5 Verordnung zur Durchführung des § 72 BSHG vom 24. Januar 2001 BGBl. I S. 179), Hilfe zum Auf-bau und zur Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen und zur Gestaltung des Alltags (§ 6 VO, aaO) durch Beratung und persönliche Unterstützung bei diesem Personenkreis in Betracht, die im Rahmen eines Ge-samtplans (vgl. § 2 Abs. 4 VO, aaO) durchgeführt werden; das macht den auf Bl. 5 der Beschwerdebegrün-dung angesprochenen Entwicklungsprozess aus.
Nach dem Klammerzusatz kann sich die "Schwierigkeit" auch "aus geforderten Spezialkenntnissen erge-ben".
Die Kenntnis, also Wissen von etwas, muss von spezieller Art sein, sonach sich schwerpunktmäßig, bezo-gen auf einzelne Fächer/Bereiche, herausheben, besonderes Wissen auf einem oder mehreren bestimmten Gebieten, das, bezogen auf den vorliegenden Zusammenhang darüber hinausgeht, dass einem "normalen" Sozialpädagogen oder Sozialpädagogin, Sozialarbeiter oder Sozialarbeiterin mit entsprechender Tätigkeit abgefordert ist.
Auch davon ist hier entgegen der Auffassung der Mitarbeitervertretung nicht auszugehen. Die Mitarbeiter-vertretung hat zwar auf diverse "Fortbildungsinhalte" verwiesen, welche die Dienststellenleitung im We-sentlichen bestritten hat. Für den Senat ist entscheidend, dass die Dienststellenleitung insoweit von der Mitarbeitervertretung unwidersprochen vorgetragen hat, dass bei Neueinstellungen von Sozialarbeitern und Sozialpädagogen im Haus D. keine zusätzlichen Einstellungsvoraussetzungen als die allgemein übliche Ausbildung verlangt werden, was dafür steht, dass das übliche Problemfeld, das die Arbeit mit Personen in psychosozialen Konfliktsituationen mit sich bringt, und damit die Anforderungen an Kenntnissen und an Wissen, die zur Bewältigung dieses Problemfeldes erforderlich sind, im Vergleich zum "normal" tätigen Sozialarbeiter und Sozialpädagogen nicht überschritten werden.
Der Senat weist darauf hin, dass das BAG im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens des Merkmals der besonderen Schwierigkeit i.S.d. Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 15 BAT u.a. auch auf "etwa" erforderliche "Spezialkenntnisse" abgestellt hat (vgl. z.B. 23. August 1995 - 4 AZR 341/94 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 20). Wird in der vorliegenden Vergütungsordnung der Begriff der "Spezialkenntnisse" bereits bei Vergütungsgruppe 9 eingeführt, die der Vergütungsgruppe IVb BAT entspricht, dann steht das dafür, dass der KTD, sofern nicht ein Beispiel gegeben ist oder die Tätigkeit einem Beispiel gleichzusetzen ist oder die Tätigkeit im Lichte von Beispielen und Klammerzusatz das Merkmal "mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten" ausmacht, die Eingruppierung in Vergütungsgruppe 9 nicht gegeben ist, es sei denn, aus anderen Gründen ist diese Anforderung erfüllt, also unabhängig vom Klammerzusatz wegen des Wortes "insbesondere" in diesem, aber in der Zusammenschau der Beispiele mit den im Klammerzusatz genannten Möglichkeiten bezogen auf den Oberbegriff das Merkmal "mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten" als gegeben anzunehmen ist. Mit dem Merkmal "mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten" wird eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung gegenüber der Normaltätigkeit angesprochen, was die fachlichen Anforderungen an den Sozialarbeiter und Sozialpädagogen angeht. Diese Anforderungen können sich nach den genannten Beispielen aus der Lehre und aus therapeutischen Aufgaben und aus der im Klammerzusatz angesprochenen Kompliziertheit der Aufgabe oder ausgeforderten Spezialkenntnissen ergeben. Wie die Beispiele und das Wort "insbesondere" im Klammerzusatz zeigen, kann das Heraushebungsmerkmal "mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten" aber auch durch andere als Lehre, Therapie, Kompliziertheit der Aufgabe, geforderten Spezialkenntnissen angeknüpfte besondere fachliche Anforderungen erfüllt werden. Wer nur die mit dem Berufsbild eines Sozialarbeiters üblicherweise verbundenen Aufgaben erfüllt, erfüllt das Beispiel "Sozialpädagoge oder Sozialpädagogin" mit entsprechender Tätigkeit der Entgeltgruppe 8 und ist in der Entgeltgruppe 8 KTD eingruppiert.
Unter Berücksichtigung des Vorstehenden fällt die Tätigkeit der Sozialpädagogen und Sozialarbeiter im Haus D. nicht unter die Entgeltgruppe 9. Das ergibt der anzustellende wertende Vergleich. Es ist nicht erkennbar, dass sich die Tätigkeit der Sozialpädagogen und Sozialarbeiter im Haus D. von der Grundtätigkeit eines Sozialarbeiters und Sozialpädagogen unterscheidet. Das Kirchengericht hat keine Umstände gesehen, die die tarifliche Anforderung belegen. Das ist im Ergebnis richtig. Die von der Mitarbeitervertretung geschilderten Aufgaben und die von ihr vorgelegte "Konzeption" "Hilfen für Wohnungslose" des Hauses D. der Antragstellerin stehen für Aufgaben des allgemeinen Sozialdienstes. Therapie findet nicht statt. Lehre findet nicht statt. Die beiden Möglichkeiten des Klammerzusatzes liegen nicht vor. Es wird nicht deutlich, inwiefern die "Betreuung und Beratung" der Wohnungslosen über die allgemeine Tätigkeit eines Sozialpädagogen und Sozialarbeiters hinausgeht und etwa eine zusätzliche Qualifikation erfordert, anders als die bei den im Klammerzusatz genannten Möglichkeiten.
Diesen wertenden Vergleich kann ein Sachverständigengutachten, dessen Einholung die Mitarbeitervertretung angeregt hat, nicht leisten. Es geht um eine Rechtsfrage. Ein Sachverständiger kann entweder streitige Tatsachen klären oder als Helfer des erkennenden Gerichts tätig werden, um ihm die nötige Sachkunde zu verschaffen. Die betreuten Männer weisen zum Teil kummuliert Auffälligkeiten auf, sonst wären sie nicht i.S.v. §§ 67 ff. SGB XII stationär untergebracht. Eine Multi-Morbidität liegt entgegen der Auffassung der Mitarbeitervertretung nicht vor; diese wird auch nicht "behandelt", sondern es geht, wie die Mitarbeitervertretung selbst vorträgt, um "Betreuung und Beratung" während längerer Zeit, die einen Entwicklungsprozess ermöglicht. Die auf Bl. 5 f. der Beschwerdebegründungsschrift aufgeführten "Tätigkeiten" gehen über das, was die Grundtätigkeit eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen anbelangt, nicht hinaus.
Die von der Mitarbeitervertretung wiederholt genannte Entscheidung des LAG Hamm vom 20. Dezember 2000 - 18 SA 1962/99 - aaO steht Vorstehendem nicht entgegen. Sie ist zum BAT/VKA ergangen. Das LAG ist im Lichte der Beispiele zur Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 der Anlage 1a Teil II Abschnitt G zum BAT/VKA für den Bereich der sozialpädagogischen Betreuung ausländischer Kinder im Kindergartenalter und deren Eltern von einer deutlich wahrnehmbaren Heraushebung gegenüber der normalen Tätigkeit eines Sozialarbeiters, z.B. im allgemeinen Sozialdienst, "bei der fachspezifischen Hilfeleistung" jenes Klägers ausgegangen. Das mag für diese Tätigkeit unter Zugrundelegung der Anlage 1a zum BAT/VKA zutreffend sein. Auf die hier vorliegenden "Hilfen für Wohnungslose" "auf der Grundlage der §§ 67-69 SGB XII" unter Anwendung der Anlage 1 zum KTD lässt sich das nicht übertragen.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 12 Abs. 5 ArbGG).