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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:19.02.2007
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/M63-06
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 30 Abs. 2
Vorinstanzen:Schieds - und Schlichtungsstelle Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz e.V, Az.: II-30/06, Fundstelle: ZMV 5/2008
Schlagworte:Kostenübernahme
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Leitsatz:

1. Bestreitet die Dienststellenleitung die Ordnungsgemäßheit eines Beschlusses der Mitarbeitervertretung - formal zu Recht - mit Nichtwissen, so hat die Mitarbeitervertretung die Unterlagen vorzulegen, aus denen sich die Ordnungsgemäßheit des Beschlusses ergeben soll.
2. Mit den derart vorgelegten Unterlagen muss sich die Dienststellenleitung auseindersetzen, wenn sie ihr Bestreiten aufrechterhalten will.
3. Die Vertretung der Mitarbeitervertretung in einem gerichtlichen Verfahren stellt keine Heranziehung eines Rechtsanwalts als sachverständigen Berater dar; die hiermit verbundenen Kosten zählen, wenn die Voraussetzungen im Einzelnen gegeben sind - zu den "erforderlichen Kosten" i.S. des § 30 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD.

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. vom 29. September 2006 - II-30/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die beschwerdeführende Dienststelle verpflichtet ist, die Kosten für die rechtsanwaltliche Vertretung der antragstellenden Mitarbeitervertretung in den Verfahren über die Ersetzung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur außerordentlichen Änderungskündigung gegenüber den Mitgliedern der Mitarbeitervertretung, Frau D und Frau E, zu tragen. Es handelt sich dabei um das Verfahren, das erstinstanzlich mit der Antragsschrift vom 9. September 2005 eingeleitet wurde (Aktenzeichen in erster Instanz: II-52/05, Aktenzeichen in zweiter Instanz: I-0124/L79-05), und um das mit der Antragsschrift vom 9. Januar 2006 eingeleitete Verfahren (Aktenzeichen in erster Instanz: II-03/056, Aktenzeichen in zweiter Instanz: I-0124/M25-06).
Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Dienststellenleitung habe die Kosten für diese Verfahren nach § 30 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD zu tragen. Sie habe ordnungsgemäß am 20. September 2005 (Beschluss in Kopie als Anlage 3 zum Schriftsatz vom 18. Juli 2006 und nochmals als Anlage 28 zum Schriftsatz vom 28. September 2006 eingereicht) und am 31. Januar 2006 (Beschluss als Anlage 14 zum Schriftsatz vom 26. September 2006, nochmals als Anlage 32 zum Schriftsatz vom 28. September 2006 eingereicht) jeweils förmlich beschlossen, sich in beiden Verfahren durch ihren jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vertreten zu lassen. Diese Beschlüsse seien nach ordnungsgemäßer Ladung unter Ausschluss der beiden betroffenen Mitglieder der Mitarbeitervertretung ergangen. Die rechtsanwaltliche Vertretung sei in beiden Verfahren und in jeweils beiden Instanzen erfolgt. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 16. Juni 2006, 18. Juli 2006, 26. und 28. September 2006 Bezug genommen.
Die antragstellende Mitarbeitervertretung hat beantragt,
die Dienststelle zu verpflichten, die Kosten für die Heranziehung eines Verfahrensbevollmächtigten der Mitarbeitervertretung, Rechtsanwalt B, zu den Beschlussverfahren II-52/05, II-03/06, I-0124/L79-05 und I-0124/M25-06 zu übernehmen.
Die Dienststellenleitung hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die Antragstellerin habe versäumt, die Kostenübernahme vor Durchführung der Verfahren gem. § 30 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD zu beantragen. Sie bestreite mit Nichtwissen, dass zu den Sitzungen der Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß eingeladen worden sei und dass die Beschlüsse ordnungsgemäß gefasst worden seien. Ein Protokollauszug vom 20. September 2005 sei dem Schriftsatz vom 18. Juli 2006 nicht beigefügt gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze vom 11. Juli 2006, 18. August 2006 und 17. Oktober 2006 Bezug genommen.
Die Schieds- und Schlichtungsstelle hat dem Begehren der Antragstellerin durch ihren Beschluss vom 29. September 2006 stattgegeben. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen. Er wurde der Dienststellenleitung am 25. Oktober 2006 zugestellt.
Die beteiligte Dienststelle legte gegen den Beschluss am 16. November 2006 (Fax) Beschwerde ein und trug zugleich zu deren Begründung vor. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, von den Anlagen zum Schriftsatz vom 18. Juli 2006 nur die mit der Nummerierung 1, 7 und 8 erhalten zu haben, die mit den Nummern 2 bis 6 hingegen nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze vom 16. November 2006 und vom 24. Januar 2007 Bezug genommen. Sie beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses der Schiedsstelle vom 29. September 2006 den Antrag zurückzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss nach näherer Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 11. Januar 2007.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II. Über die Beschwerde war ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
1. Die Beschwerde ist nach § 63 Abs. 1 Buchst. c MVG.EKD i.d.F. vom 6. November 2003 statthaft. Diese Bestimmung ist vorliegend (noch) anzuwenden. Für das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. gilt noch diese Fassung des MVG.EKD; es hat noch nicht gem. Art. 4 des MVG-AnwendungsG vom 23. April 2005 den erforderlichen Beschluss gefasst durch den die Geltung des MVG.EKD in den ab seiner Neubekanntmachung ab 1. Januar 2004 geltenden Fassungen herbeigeführt werden kann. Die Beschwerde ist auch sonst zulässig.
2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Vorinstanz hat den Antrag der Mitarbeitervertretung im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Dienststelle hat gem. § 30 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD die erforderlichen Kosten zu tragen, die durch die notwendige Heranziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Mitarbeitervertretung in den in Rede stehenden erst- und zweitinstanzlichen Beschlussverfahren entstanden sind.
a) Zu Unrecht bestreitet die Beschwerde die Existenz ordnungsgemäßer Beschlüsse der Mitarbeitervertretung über die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten in den beiden Beschlussverfahren. Einen solchen Beschluss hat die Mitarbeitervertretung für das Verfahren jeweils getroffen; Kopien der Beschlussniederschriften hat die Mitarbeitervertretung erstinstanzlich als Anlagen doppelt, nämlich als Anlagen 3 und 28 sowie als Anlagen 14 und 32 eingereicht. Unerheblich ist, dass die Dienststellenleitung in der Beschwerdebegründung geltend macht, die Anlage 3 zum Schriftsatz der Mitarbeitervertretung vom 18. Juli 2006 nicht erhalten zu haben, denn diese Kopie der Beschlussniederschrift ist nochmals als Anlage 28 eingereicht worden. Auch diese nicht erhalten zu haben, macht die Beschwerde nicht geltend.
b) Diese Beschlüsse sind auch nicht etwa - nur dass könnte die Dienststellenleitung geltend machen - nichtig. Nichtig ist ein Beschluss der Mitarbeitervertretung, wenn er nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder er einen gesetzwidrigen Inhalt hat (vgl. zu den §§ 33, 34 BetrVG: BAG 23. August 1984 - 2 AZR 391/83 - AP Nr. 17 zu § 103 BetrVG). Einen gesetzwidrigen Inhalt weisen die Beschlüsse nicht auf. Die Dienststellenleitung bestreitet jedoch die Ordnungsgemäßheit der Beschlüsse - formal zu Recht - mit Nichtwissen. Die von der Mitarbeitervertretung vorgelegten Unterlagen indizieren, dass die Beschlüsse auch formal korrekt zustande gekommen sind. Angesichts dessen durfte sich die Dienststellenleitung nicht auf das formale Bestreiten der Ordnungsgemäßheit zurückziehen, sondern hätte sich ihrerseits mit dem Tatsachenstoff auseinandersetzen müssen, der sich aus dem Vorbringen und den Unterlagen ergibt, die die Mitarbeitervertretung vorgebracht und vorgelegt haben. Daran fehlt es.
c) Der vorherigen Zustimmung der Dienststellenleitung zur Heranziehung eines Rechtsanwalts als sachverständigen Berater (§ 30 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD) bedurfte es - wie die Vorinstanz zu Recht erkannt hat - nicht. Zwar hat die Mitarbeitervertretung derartiges bei der Dienststellenleitung beantragt und die Dienststellenleitung hat solche Begehren stets abgelehnt. Solcher Anträge bedurfte es indessen nicht. Denn die Vertretung in gerichtlichen Verfahren stellt nicht die Hinzuziehung eines Sachverständigen dar, sondern fällt - wenn die Voraussetzungen hierfür im Einzelfall gegeben sind - unter die "erforderlichen Kosten" (§ 30 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD).
d) Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als Verfahrensbevollmächtigter war in beiden Beschlussverfahren und in beiden Instanzen i.S. des § 30 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD erforderlich. Diese Erforderlichkeit ergibt sich aus der Komplexität der Sachlage und der die Durchdringung der Sachlage nicht erleichternden Darstellung, die die Dienststellenleitung gewählt hat.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).