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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:14.01.2008
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/N57-07
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 41, § 42 Buchst. k , ATZO § 2
Vorinstanzen:Kirchengericht der Ev.-luth. Kirche in Bayern für Streitigkeiten nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz, 26/0-6/4-542
Schlagworte:Altersteilzeit, Ermessensentscheidung
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Leitsatz:

1. Die Dienststellenleitung darf sich entschließen, nur Altersteilzeitanträgen nachzukommen, die auf die anspruchsbegründende Vorschrift des § 2 Abs. 2 ATZO gestützt werden können, (vgl. zu § 2 TV ATZ <zum BAT>: BAG vom 12. Dezember 2000 - 9 AZR 706/99 - BAGE 96, 363).
2. § 2 Abs. 1 ATZO erfordert zwar grundsätzlich eine Einzelfallabwägung, d.h. eine Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. Dies schließt aber eine generelle Vorentscheidung des Arbeitgebers, wie er diese Tarifnorm in der Praxis anwenden will, nicht aus (BAG a.a.O. S. 371).
3. Trotz solcher Vorentscheidung hat die Dienststellenleitung eine Ermessensentscheidung vorzunehmen, wenn bei dem betroffenen Mitarbeiter, der seinen Altersteilzeitantrag auf § 2 Abs. 1 ATZO stützt, besondere, auf seinen Einzelfall bezogene Umstände vorliegen.

Tenor:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Kirchengerichts der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern für Streitigkeiten nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz vom 16. April 2007 - Az.: 26/0-6/4- 42 - abgeändert:
Es wird festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung ihrer Zustimmung zur Ablehnung des Altersteilzeitantrags der Frau D bestanden hat.

Gründe:

I. Die beschwerdeführende Dienststellenleitung hat beschlossen, wegen Schwierigkeiten bei der Refinanzierung Altersteilzeit nicht mehr nach § 2 Abs. 1 ATZO, sondern nur noch nach § 2 Abs. 2 ATZO zu gewähren. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 ATZO haben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, wenn sie das 60. Lebensjahr und eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren (§ 11a AVR-DW-EKD) vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen.
Mit ihrem Schreiben vom 17. Januar 2007 hat die Mitarbeiterin D den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis zum 30. November 2011 beantragt. Die Dienststellenleitung beabsichtigt, den Altersteilzeitantrag der Mitarbeiterin aus den Gründen ihres Beschlusses, Altersteilzeit nur noch nach § 2 Abs. 2 ATZO zu gewähren, abzulehnen. Die Mitarbeitervertretung hat die Zustimmung zur Ablehnung verweigert. Nach einem Erörterungsgespräch lehnte die Mitarbeitervertretung mit ihrem Schreiben vom 26. Februar 2007 an die Dienststelle den Antrag der Dienstellenleitung ab und forderte noch weitere Informationen. Unter dem 27. Februar 2007 rief die Dienststellenleitung das Kirchengericht an.
Sie vertritt die Ansicht, zur Ablehnung des Antrags der Frau D im Hinblick auf ihren grundsätzlichen Beschluss über die Gewährung von Altersteilzeit berechtigt zu sein. Die persönlichen Umstände der Frau D rechtfertigten nicht, ihr Altersteilzeit bewilligen zu müssen. Die Mitarbeitervertretung habe keinen Grund, ihre Zustimmung zur Ablehnung des Altersteilzeitantrags zu verweigern. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 27. Februar und 12. April 2007 Bezug genommen. Die Dienststellenleitung hat - sinngemäß - beantragt,
festzustellen dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung ihrer Zustimmung zur Ablehnung des Altersteilzeitantrags der Frau D bestanden hat.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat zur Rechtfertigung des Altersteilzeitantrags vor allem auf die persönlichen Umstände der D hingewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Mitarbeitervertretung wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 9. und 30. März 2007 Bezug genommen.
Die Vorinstanz hat den Antrag der Dienststellenleitung im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, mit der generellen Ablehnung habe die Dienststellenleitung ermessensfehlerhaft gehandelt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 16. April 2007 Bezug genommen.
Die Dienststellenleitung hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt; sie verweist vor allem auf die eine generelle Ablehnung billigende Entscheidung des BAG vom 12. Dezember 2000 - 9 AZR 706/99 - BAGE 96, 363. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens im Beschwerderechtszug wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze vom 15. August, 17. September und 29. Oktober 2007 Bezug genommen. Sie beantragt der Sache nach,
den Beschluss des Kirchengerichts der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern für Streitigkeiten nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz vom 16. April 2007 - 26/0-6/4-542 - abzuändern und festzustellen dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung ihrer Zustimmung zur Ablehnung des Altersteilzeitantrags der Frau D bestanden hat.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und hebt hervor, die Dienststellenleitung habe sich rechtlich nicht binden dürfen, keine Altersteilzeit nach § 2 Abs. 1 ATZO zu gewähren. Wegen der Einzelheitern ihres Vorbringens wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 1., 9. und 30. Oktober, 18. und 27. Dezember 2007 Bezug genommen.
II. Die durch den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 1. Oktober 2007 zur Entscheidung angenommene Beschwerde ist begründet (§ 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 Übernahmegesetz der Ev.-Luth. Kirche in Bayern (KABl. 2004 S. 48)). Der Mitarbeitervertretung hat kein Grund zur Seite gestanden, der Ablehnung des Altersteilzeitbegehrens der Frau D nicht zuzustimmen (§ 60 Abs. 5, § 41, § 42 Buchst. k MVG.EKD).
1. Nach § 41 Abs. 1 i.V.m. § 42 Buchst. k MVG.EKD kann die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung zur Ablehnung des Altersteilzeitantrags der Frau D wirksam nur verweigern, wenn einer der abschließend aufgeführten Verweigerungsgründe vorliegt und die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmungsverweigerung gegenüber der Dienststelle schriftlich begründet (§ 41 Abs. 3, § 38 Abs. 3 Satz 5 MVG.EKD. Diese Voraussetzungen liegen entgegen dem angefochtenen Beschluss nicht vor.
Für die Prüfung, ob der Mitarbeitervertretung ein Verweigerungsgrund zur Seite gestanden hat, ist auf den Inhalt ihres Ablehnungsschreiben vom 26. Februar 2007 an die Dienststellenleitung abzustellen.
a) Eine Störung des Friedens der Dienststelle (§ 41 Abs. 1 Buchst. c MVG.EKD) macht die Mitarbeitervertretung nicht geltend.
b) In ihrem Ablehnungsschreiben vom 26. Februar 2007 fordert die Mitarbeitervertretung - zusammengefasst - weitere Informationen über die tatsächlichen Mehrkosten infolge einer Stattgabe des Altersteilzeitantrags der Mitarbeiterin D und - nochmals - die Vorlage aller bisherigen Altersteilzeitanträge und teilt mit, dem Argument nicht folgen zu können, dass die Gefahr bestehe, keine hinreichend qualifizierte Ersatzbewerbung zu erhalten; gleichzeitig teilt sie mit, dem Antrag der Dienststellenleitung nicht zuzustimmen. Die Ausführungen lassen nicht auf den ersten Blick erkennen, ob und inwieweit sich die Mitarbeitervertretung auf einen in § 41 Abs. 1 Buchst. a oder Buchst. b MVG.EKD aufgeführten Grund für ihre Zustimmungsverweigerung stützt. Zu Gunsten der Mitarbeitervertretung wird unterstellt, sie stütze sich auf § 41 Abs. 1 Buchst. a MVG.EKD, weil die Ablehnung mangels Ermessensentscheidung im Einzelfall rechtswidrig sei. Davon ist auch die Vorinstanz ausgegangen.
aa) Ein solcher Verstoß liegt entgegen der Auffassung der Vorinstanz jedoch nicht vor. Unstreitig hat sich die Dienststellenleitung entschlossen, nur Altersteilzeitanträgen nachzukommen, die auf die anspruchsbegründende Vorschrift des § 2 Abs. 2 ATZO gestützt werden können, nicht aber solchen, denen die Dienststelle nach § 2 Abs. 1 ATZO stattgeben kann, weil sonst die Ersatzeinstellung zu erhöhten wirtschaftlichen Belastungen führt. Das ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden (vgl. zu § 2 TV ATZ <zum BAT>: BAG vom 12. Dezember 2000 - 9 AZR 706/99 - BAGE 96, 363). Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 ATZO liegen nicht vor, wohl aber die für § 2 Abs. 1 ATZO. Diese Bestimmung erfordert zwar grundsätzlich eine Einzelfallabwägung, d.h. eine Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. Dies schließt aber eine generelle Vorentscheidung des Arbeitgebers, wie er diese Tarifnorm in der Praxis anwenden will, nicht aus (BAG a.a.O. S. 371). Eine solche generelle Vorentscheidung hat die Dienststellenleitung im vorliegenden Fall getroffen.
bb) Gleichwohl hat die Dienststellenleitung eine Ermessensentscheidung vorzunehmen, wenn bei dem betroffenen Mitarbeiter über die in der ATZO bestimmten Anspruchsvoraussetzungen besondere, auf seinen Einzelfall bezogene Umstände vorliegen. Das ist jedoch geschehen, wie die Ausführungen der Dienststellenleitung im Schriftsatz vom 12. April 2007 zeigen. Das ist ausreichend.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).