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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:23.02.2010
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/R18-09
Rechtsgrundlage:MVG.DWBO § 35 Abs. 3 Buchst. b), § 63 Abs. 1 Buchst. h), ARRG.DWBO § 2, § 6, § 10, AR-RO.DWBO § 3, § 4, §§ 15 ff., Satzung für den Verein "Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz e.V." § 7, § 19
Vorinstanzen:Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V., I-27/08
Schlagworte:Anwendbarkeit einer von der Dienststellenleitung selbst geschaffenen Arbeitsordnung; Reichweite einer vom zuständigen Organ des Diakonischen Werkes zugelassenen Ausnahme
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Leitsatz:


1. Die Mitarbeitervertretung darf mit Rücksicht darauf, dass sie nach § 35 Abs. 3 Buchst. b) MVG.DWBO dafür einzutreten hat, dass arbeitsrechtliche Bestimmungen eingehalten werden, kirchengerichtlich klären lassen, welche Arbeitsvertragsrichtlinien oder welche Arbeitsordnung insge-samt anwendbar sind.
2. Nach § 7 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 der Satzung für den Verein "Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V." sind die Mitglieder verpflichtet, das Arbeitsrecht eines gliedkirchlichen Diakonischen Werkes oder des Diakonischen Werkes der EKD oder einer der beteiligten Kirchen zu übernehmen, so dass auch die Arbeitsvertragsrichtlinien nach Maßgabe der glied-kirchlich-diakonischen Arbeitsrechtsregelung, also der Arbeitsrechtlichen Kommission des DWBO, anwendbar sind (vgl. § 1a Abs. 2 AVR.DW.EKD).
3. Wie viele Regelungen der gliedkirchlichen diakonischen Werke sieht die Satzung des Vereins "Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V." einen völligen Dispens von der Verpflichtung nach § 7 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 der Satzung vor. Die von der Satzung vorgesehene Zulassung von Ausnahmen von der Verpflichtung nach § 7 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 der Satzung kann sich auch auf eine von der Dienststelle selbst entwickelte "Arbeitsordnung" beziehen.
4. Eine solche satzungskonforme Ausnahme verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbe-sondere nicht gegen das Kirchengesetz über die Regelung der Rechtsverhältnisse der Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis (Arbeitsrechtsregelungsgesetz - ARRG) und die Rechtsverordnung für die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. (Arbeitsrechtsregelungsordnung - ARRO), nachdem das in ihnen vorgesehene Konsultationsverfahren eingehalten worden war.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schieds- und Schlichtungsstelle des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. vom 4. November 2008 - I-27/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die bei der Dienststelle gebildete Mitarbeitervertretung erstrebt die Untersagung der Anwendung einer Arbeitsordnung (AO) durch die Dienststelle und deren Verurteilung, auf sämtliche bestehende Arbeitsverhältnisse die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) anzuwenden und diese auch mit allen neu eingestellten und künftig einzustellenden Mitarbeitenden zu vereinbaren. Außerdem verlangt sie die Verurteilung der Dienststelle, mit über 80 namentlich benannten Mitarbeitenden mit Wirkung bestimmter Zeitpunkte die Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien zu vereinbaren, hilfsweise, dies ab dem 1. Februar 2007 zu vereinbaren. Schließlich hat die Mitarbeitervertretung weiter hilfsweise die Feststellung beantragt, dass die Anwendung der Arbeitsordnung unzulässig ist.
Die Antragstellerin ist die bei der Dienststelle gewählte Mitarbeitervertretung. Die Dienststelle ist Mitglied des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. und beschäftigt an ihrem Standort mehrere hundert Mitarbeitende.
Bis Ende August 2006 wandte die Dienststelle die AVR auf alle bei ihr bestehenden Arbeitsverhältnisse an. Nach diesem Zeitpunkt vereinbarte sie mit neu einzustellenden Mitarbeitenden, deren befristete Arbeitsverhältnisse ausgelaufen waren, statt der AVR die AO in der jeweils geltenden Fassung.
Die Mitarbeitervertretung verweigerte den Einstellungen und Eingruppierungen der Mitarbeitenden unter den Arbeitsbedingungen der Arbeitsordnung die Zustimmung.
Die Dienststelle beantragte erstmals am 17. April 2007 bei dem Diakonischen Rat die Erteilung der Ausnahmegenehmigung. Diesem Antrag war die Arbeitsordnung in der Fassung vom 1. April 2007 beigefügt.
Der Antrag vom 17. April 2007 wurde dann unter Bezugnahme auf diesen Antrag am 16. November 2007 wiederholt. Der Diakonische Rat hat in seiner Ausnahmegenehmigung vom 10. Dezember 2007 formuliert, dem Antrag der Antragstellerin "vom 17. April 2007, erneut vorgelegt am 16. November 2007" "wird entsprochen" (Beschlussprotokoll über die Sitzung des Diakonischen Rates des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. am Montag, dem 10.12.2007 "vom 12.12.2007" Bl. 221 der Senatsakte).
Die Mitarbeitervertretung hat die Auffassung vertreten, § 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO gebe ihr das Recht, feststellen zu lassen, welche Arbeitsrechtsregelungen auf die Arbeitsverhältnisse mit der Dienststelle anzuwenden seien, was auch die Untersagung unrechtmäßig angewendeter Arbeitsbedingungen einschließe. Die Anwendung der Arbeitsordnung sei unrechtmäßig, da sie nicht auf dem Dritten Weg zustande gekommen sei und damit gegen Kirchenrecht verstoße. Die vom Diakonischen Werk erteilte Ausnahmegenehmigung liege nicht vor, zum Anderen sei sie formfehlerhaft zustande gekommen, da die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. (AK.DWBO) nicht zuvor ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Schließlich könne die nach der Satzung des DWBO gegebene Möglichkeit, durch den Diakonischen Rat Ausnahmen von der Anwendung kirchlichen Arbeitsrechts zuzulassen, nicht so weit gehen, dass damit Arbeitsrecht, das nicht auf dem Dritten Weg zustande gekommen sei, in Kraft gesetzt werden könne.
Hinsichtlich der weiteren Anträge beruft sich die Mitarbeitervertretung ebenfalls auf § 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO und die Weigerung der Dienststelle, die AVR weiter anzuwenden und sie mit den Mitarbeitenden, mit denen sie bisher nicht vereinbart worden sei, zu vereinbaren.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
1. der Dienststellenleitung zu untersagen, die AO auf Arbeitsverhältnisse der bei der Dienststelle beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gem. § 2 MVG anzuwenden;
hilfsweise
festzustellen, dass die Anwendung der AO auf Arbeitsverhältnisse bei der Dienststelle unzulässig ist;
2. die Dienststellenleitung zu verurteilen, auf sämtliche bei ihr bestehenden Arbeitsverhältnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gem. § 2 MVG im Hinblick auf die Vergütungsregelungen die allgemeinen Vertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und bzgl. aller sonstigen Arbeitsbedingungen die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes in Deutschland anzuwenden;
3. die Dienststellenleitung zu verurteilen, mit allen Neueingestellten und künftig einzustellenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gem. § 2 MVG arbeitsvertraglich die Anwendung der AVR.DWBO im Hinblick auf die Vergütung im Arbeitsverhältnis und die Anwendung der AVR des Diakonischen Werkes in Deutschland im Hinblick auf alle anderen Arbeitsbedingungen zu vereinbaren;
4. die Dienststellenleitung zu verurteilen, die Anwendung der AVR.DWBO bzgl. der Vergütung im Arbeitsverhältnis und die Anwendung der AVR des Diakonischen Werkes in Deutschland für alle übrigen Arbeitsbedingungen im Arbeitsverhältnis mit über 80 namentlich aufgeführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jeweils mit Wirkung ab dem angegebenen Zeitpunkt arbeitsvertraglich zu vereinbaren.
Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 4. hat die Mitarbeitervertretung beantragt,
die Dienststellenleitung zu verurteilen, mit den im Antrag zu 4. genannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien DWBO im Hinblick auf die Vergütung im Arbeitsverhältnis und die Anwendung der AVR des Diakonischen Werkes in Deutschland im Hinblick auf alle sonstigen Arbeitsbedingungen im Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 01.02.2007 arbeitsvertraglich zu vereinbaren.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
§ 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO begründe keinen Anspruch der Mitarbeitervertretung, die Dienststelle zur Unterlassung oder zur Anwendung bestimmter dienstrechtlicher Bestimmungen verpflichten zu lassen. Die Mitarbeitervertretung sei durch die Einführung der Arbeitsordnung auch nicht in ihren eigenen, aus dem Mitarbeitervertretungsgesetz sich ergebenden Rechten verletzt. Der Mitarbeitervertretung stehe auch nicht das Recht zu, individualrechtliche Rechtspositionen einzelner Mitarbeitenden zu begründen, zu ändern oder zu beseitigen; die Verfolgung individualrechtlicher Ansprüche sei Sache der Mitarbeitenden. Im Übrigen stelle die Arbeitsordnung die betroffenen Mitarbeitenden keineswegs generell ungünstiger als die AVR. Die Mitarbeitervertretung sei daher nicht befugt, möglicherweise gegen den Willen der Mitarbeitenden, sie zum Abschluss von Arbeitsverträgen mit bestimmtem Inhalt zu verpflichten.
Die Schieds- und Schlichtungsstelle des DWBO e.V. hat mit dem der Mitarbeitervertretung am 20. Februar 2009 zugestellten Beschluss vom 4. November 2008 die Anträge zurückgewiesen. Als Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Mitarbeitervertretung habe keinen Anspruch darauf, der Dienststellenleitung die Anwendung der Arbeitsordnung zu untersagen. Unterlassungsansprüche stünden der Mitarbeitervertretung zu, soweit sie in ihren eigenen Rechten verletzt werde. Dies liege hier jedoch nicht vor, da die Dienststellenleitung die Mitarbeitervertretung bei jeder Einstellung und Eingruppierung beteilige. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten, ob der Hinweis auf die nach Meinung der Mitarbeitervertretung rechtswidrige Arbeitsordnung einen Grund zur Zustimmungsverweigerung darstelle, habe bislang nicht ausgeräumt werden können.
§ 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO führe nicht zu einem eigenständigen Antragsrecht der Mitarbeitervertretung, soweit es um den Inhalt der Arbeitsverträge gehe. Wenn in ihnen nach Auffassung der Mitarbeitervertretung rechtswidrige Normen vereinbart würden, könne die Mitarbeitervertretung bei der Dienststellenleitung darauf hinweisen, auf Abhilfe drängen, auch die Mitarbeitenden über diese Rechtsverstöße informieren, jedoch nicht die Erfüllung individueller Leistungsansprüche durch die Schiedsstelle zugunsten der Mitarbeitenden durchsetzen.
Dem insoweit hilfsweise gestellten Feststellungsantrag fehle das Rechtsschutzbedürfnis. In zahlreichen Ersetzungsverfahren, zum Teil bereits in der Beschwerdeinstanz, sei die Frage der Rechtswirksamkeit der Anwendung der Arbeitsordnung wie auch die Rechtswirksamkeit der vom Diakonischen Rat erteilten Ausnahmegenehmigung als Vorfrage entschieden worden oder sei noch zu entscheiden.
Die Anträge zu 2., 3., 4. sowie der Hilfsantrag zum Antrag zu 4. seien unbegründet. Die Mitarbeitervertretung sei nicht befugt, individualrechtliche Ansprüche der Mitarbeitenden bei der Schiedsstelle durchzusetzen. Um solche Ansprüche handele es sich indes, wenn die Mitarbeitervertretung die Verurteilung der Dienststellenleitung zur Anwendung der AVR auf sämtliche bestehende Arbeitsverhältnisse begehre, denn insoweit solle der individuell abgeschlossene Arbeitsvertrag abgeändert werden und einen anderen Inhalt bekommen. Dies müssten ggf. die einzelnen Mitarbeitenden, so sie dies wollten, im Einvernehmen mit der Dienststellenleitung - im Streitfall mit Hilfe der staatlichen Arbeitsgerichte - zu erreichen versuchen. Auch könne die Dienststellenleitung nicht gegen den Willen der Mitarbeitenden aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Schiedsstelle statt der vereinbarten AO die AVR dem Arbeitsverhältnis zugrunde legen. Auch sie benötige hierzu das Einverständnis der Mitarbeitenden oder es müsse eine Änderungskündigung ausgesprochen werden. Auch hieraus werde ersichtlich, dass die Mitarbeitervertretung über § 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO nicht die Erfüllung individueller Leistungsansprüche durchsetzen könne. Damit korrespondiere auch, dass der Mitarbeitervertretung im Rahmen der Mitbestimmung bei der Einstellung keine Inhaltskontrolle des Arbeitsvertrages zustehe.
Hiergegen wendet sich die Mitarbeitervertretung mit ihrer am 9. März 2009 eingelegten und am 20. April 2009 begründeten Beschwerde, mit der sie ihre Anträge weiter verfolgt.
Sie hält die Beschwerde i.S.d. § 63 Abs. 1 Buchstabe h) MVG.DWBO für gegeben.
Bisher sei ungeklärt, ob eine Einrichtung, die Mitglied eines Diakonischen Werkes sei, einseitig entwickeltes und "erlassenes" Arbeitsrecht unter Außerachtlassung der Verfahrensweisen zur Beteiligung der Arbeitsrechtlichen Kommission anwenden dürfe oder nicht.
Aus der Satzung allein könne nicht das Recht abgeleitet werden, im Wege der Ausnahmegenehmigung ein einseitiges, vom Arbeitgeber formuliertes Arbeitsrecht, das nicht durch eine Arbeitsrechtliche Kommission ausgehandelt worden sei, im Wege der Ausnahmegenehmigung durch den Diakonischen Rat für anwendbar erklären zu lassen.
Aus § 6 Abs. 2 Satz 3 des Kirchengesetzes über die Regelung der Rechtsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis (Arbeitsrechtsregelungsgesetz - ARRG.DWBO) leite die Dienststelle die Befugnis ab, mittels Ausnahmegenehmigung durch den Diakonischen Rat auf der Basis von § 7 Abs. 4 Nr. 6 der Satzung des DWBO die einseitig von ihr geschaffene und ohne Beteiligung einer Arbeitsrechtlichen Kommission zustande gekommene Arbeitsordnung anwenden zu dürfen. Das sei unrichtig.
Die Satzung des DWBO, § 7 Abs. 4 Nr. 6, definiere gerade nicht, ob/dass mittels der Ausnahmegenehmigung auch ein Arbeitsrechtsregime ins Werk gesetzt werden dürfe, das nicht durch eine Arbeitsrechtliche Kommission, sondern einseitig durch den Arbeitgeber, erarbeitet worden sei. Entscheidend sei § 6 Abs. 1 und Abs. 2 ARRG.DWBO.
Zuständig für die Regelung der Arbeitsbedingungen der privatrechtlichen Arbeitsverhältnisse bei der Dienststelle sei ausschließlich die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. (§ 6 Abs. 1 Satz 1 ARRG.DWBO). Aufgabe dieser Arbeitsrechtlichen Kommission sei die Beschlussfassung von Regelungen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen mit der Dienststelle, die Mitglied des DWBO sei, § 6 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz ARRG.DWBO. Diese Regelungen würden grundsätzlich in den Arbeitsvertragsrichtlinien des DWBO zusammengefasst, § 6 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ARRG.DWBO. Dies ziehe die Anwendung der AVR.DWBO bei der Dienststelle nach sich. Da allerdings die satzungsmäßigen Rechte der Mitglieder des DWBO, also auch der Dienststelle, gem. § 6 Abs. 2 Satz 3 ARRG.DWBO unberührt blieben, bestehe von der Anwendung der AVR.DWBO grundsätzlich die Möglichkeit der Ausnahmegenehmigung, da dies satzungsrechtlich so vorgesehen sei. Da aber zum Einen die Satzung des DWBO nicht vorsehe, dass von den Prinzipien des § 6 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz ARRG.DWBO abgewichen werden könne und dürfe und da das Arbeitsrechtsregelungsgesetz von der Normenhierarchie her über dem Satzungsrecht des DWBO stehe, gölten weiterhin die Regelungen des § 6 Abs. 1 und 2 Satz 1 1. Halbsatz ARRG.DWBO. Dies wiederum bedeute, dass eine Ausnahmegenehmigung wirksam auf der Basis des § 7 Abs. 4 Nr. 6 der Satzung des DWBO nur für arbeitsrechtliche Regelungen erteilt werden könne, die durch die Arbeitsrechtliche Kommission des DWBO beschlossen worden seien - wenngleich diese nicht als Arbeitsvertragsrichtlinien des DWBO zusammengefasst würden, da das Abweichen von diesen Arbeitsvertragsrichtlinien ja gerade zulässig sei.
Eine wirksame Genehmigung zur Anwendung der Arbeitsordnung liege nicht vor.
Hinsichtlich des Antrages zu 2. verweist die Mitarbeitervertretung darauf, auf derzeit wohl noch etwas mehr als 70 % der Arbeitsverhältnisse bei der Dienststelle fänden im Hinblick auf sämtliche Vergütungsfragen das Regelungswerk der AVR.DWBO und im Übrigen das Regelungswerk der AVR.DW.EKD Anwendung. Dies bedeute, dass diese Arbeitsbedingungen die üblichen Arbeitsbedingungen seien, die auf die Mehrzahl der bei der Dienststelle beschäftigten Mitarbeitenden angewendet würden. Die Vereinbarung der Arbeitsordnung mit den betroffenen Mitarbeitenden sei unwirksam, ja nichtig. Dies folge zum Einen daraus, dass die Bezugnahme auf die Anwendung der Arbeitsordnung der Dienststelle einen Verstoß gegen ein Gesetz i.S.d. § 134 BGB darstelle. Damit seien die entsprechenden Vertragsklauseln nichtig. Das entsprechende Gesetz sei das Arbeitsrechtsregelungsgesetz. Darüber hinaus verstießen die Anwendung der Arbeitsordnung und somit auch die arbeitsvertragliche Vereinbarung dieser Arbeitsordnung gegen die Maßgaben des kirchlichen und höherrangigen Arbeitsrechts in Gestalt des Arbeitsrechtsregelungsgesetzes. Insofern fehle es an einer wirksamen vertraglichen Vereinbarung zur Anwendung der Arbeitsordnung, was sowohl § 2 des Musterarbeitsvertrages als auch für die darüber hinaus gehenden und stets wieder auf die Arbeitsordnung verweisenden Vertragsklauseln gelte.
Der Antrag zu 3. wird auf künftig einzustellende Mitarbeitende bezogen. Die Dienststelle lege den Eingruppierungen stets die Arbeitsordnung zugrunde und vereinbare diese mit den Neueingestellten. Dies sei unzulässig und zu unterlassen. Die AVR.DWBO/AVR.DW.EKD seien arbeitsvertraglich zu vereinbaren.
Die in dem Antrag zu Ziffer 4. oder in dem Hilfsantrag zu Ziffer 4. genannten Mitarbeitenden würden auf der Basis von Arbeitsverträgen bei der Dienststelle beschäftigt, die stets die Arbeitsordnung der Dienststelle in Bezug nähmen. Dabei fänden die Regelungen der Arbeitsordnung auf die Arbeitsverhältnisse der genannten Mitarbeitenden jeweils ab dem dort genannten Zeitpunkt Anwendung. Der Hauptantrag zu Ziffer 4. beziehe sich darauf, der Dienststelle aufzugeben, mit den dort genannten Mitarbeitenden ab den dort genannten Zeitpunkten die AVR.DWBO/AVR.DW.EKD zu vereinbaren. Diese Zeitpunkte bezeichneten jeweils den Beginn der Anwendung der Arbeitsordnung auf die genannten Arbeitsverhältnisse.
Hilfsweise beziehe sich die Mitarbeitervertretung auf das Ziel der Vereinbarung der Arbeitsvertragsrichtlinien mit den dort genannten Mitarbeitenden ab dem 1. Februar 2007. In der Entscheidung vom 14. Februar 2007 - richtig 16. Februar 2007 - der Schieds- und Schlichtungsstelle des DWBO e.V. - II-03/07 - sei die Dienststelle verpflichtet worden, die Anwendung der Arbeitsordnung auf Arbeitsverhältnisse ihrer Beschäftigten ab dem 1. Februar 2007 zu unterlassen. Diese zeitlich Zäsur schlage sich im Hilfsantrag zu Ziffer 4. nieder.
Rechtsgrundlage sei § 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO, zumal den einzelnen Mitarbeitenden der Weg zu den kirchlichen Gerichten nicht eröffnet sei und sich die staatliche Arbeitsgerichtsbarkeit insoweit auf das Selbstverwaltungsrecht der Kirche zurückgezogen habe und deshalb die Unzulässigkeit der Anwendbarkeit der Arbeitsordnung nicht geprüft habe.
Die Dienststellenleitung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zwar sei der Beschwerdeweg gem. § 63 Abs. 1 Buchstabe h) MVG.DWBO gegeben. Auch seien die Anträge der Mitarbeitervertretung zulässig. Sie seien aber unbegründet.
Die Auffassung, das Arbeitsrechtsregelungsgesetz gestatte nur die Anwendung von Arbeitsrechtsregelungen, die zuvor von der Arbeitsrechtlichen Kommission des DWBO beschlossen worden seien, sei unzutreffend. Das führt die Beschwerdebeantwortung im Einzelnen aus, auf die verwiesen wird.
Die Leistungsanträge, auch in Form von Unterlassungsanträgen, seien bereits deshalb und unbeschadet der materiell-rechtlichen Rechtslage unbegründet, weil das "Wächteramt" gem. § 35 MVG.DWBO der Mitarbeitervertretung nicht die generelle Befugnis einräume, von der Dienststellenleitung die Einhaltung von bestimmten Rechtsvorschriften im Verhältnis zwischen Dienststellenleitung und Mitarbeitenden zu erzwingen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Beschwerde ist nach § 63 Abs. 1 Buchstabe h) MVG.DWBO statthaft.
Die Neufassung der Bestimmungen über die Beschwerde im MVG.EKD nach Artikel 5 Nr. 31 des Kirchengesetzes über die Errichtung, die Organisation und das Verfahren der Kirchengerichte der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 6. November 2003 (ABl.EKD S. 408), das am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist (Artikel 8 § 2 Abs. 1), ist nicht anzuwenden. Das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. hat das MVG.EKD bislang nicht übernommen. Daher kommt es für die Statthaftigkeit und Zulässigkeit der Beschwerde auf die anzuwendenden Regelungen nach dem MVG.DWBO an, während sich die Durchführung des Verfahrens selbst in der Zeit nach dem 1. Januar 2004 nach den mit diesem Tag für das Verfahren in Streitigkeiten nach dem MVG geltenden Verfahrensvorschriften, nämlich gem. § 63 Abs. 7 MVG.EKD nach den Vorschriften über das Beschwerdeverfahren des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens, richtet.
2. Die Vorinstanz hat die Anträge der Mitarbeitervertretung im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen.
a) Für die Mitarbeitervertretung folgt aus § 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO kein Anspruch auf Unterlassung der Anwendung der Arbeitsordnung.
§ 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO normiert den Auftrag an die Mitarbeitervertretung, dafür einzutreten, dass arbeits-, sozial- und dienstrechtliche Bestimmungen, Vereinbarungen und Anordnungen, die zugunsten der Mitarbeiter gelten, eingehalten werden.
Zu den zugunsten der Mitarbeitenden geltenden Vorschriften zählen insbesondere die staatlichen Arbeits- und Arbeitnehmerschutzgesetze wie z.B. das Arbeitszeitgesetz, das Kündigungsschutzgesetz oder das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Vorschriften in diesem Sinne sind auch Regelungen des kirchlichen "Tarifrechts", somit die kirchlichen Anstellungsordnungen, wie z.B. die AVR.DW.EKD. Weiterhin hat die Mitarbeitervertretung die Einhaltung der für die Dienststelle geltenden Dienstvereinbarungen und sonstigen Arbeitnehmerschutzvorschriften zu kontrollieren, wie etwa die Unfallverhütungsvorschriften. Zum Kontrollbereich gehören daneben auch allgemein anerkannte und auch für den kirchlichen Bereich geltende arbeitsrechtliche Grundsätze. Wegen der aus den genannten Vorschriften regelmäßig abzuleitenden individualrechtlichen Anspruchsgrundlagen beschränkt sich dabei die Kompetenz der Mitarbeitervertretung auf den Hinweis einer Verletzung von Vorschriften und auf die Beanstandung gegenüber der Dienststellenleitung. Damit bleibt der Regelungsbereich des individuellen Arbeitsvertrages, soweit dieser den gesetzlichen oder vereinbarten Anforderungen genügt, für eine Überwachung nach § 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO verschlossen. Die Mitarbeitenden können sich der Hilfe der Mitarbeitervertretung vergewissern, müssen aber eigene individualrechtliche Ansprüche selbst durchsetzen bzw. durchzusetzen suchen (vgl. Fey/Rehren, Praxiskommentar zum MVG.EKD, Stand März 2010, § 35 Rn. 10 f.).
Die Mitarbeitervertretung hat nur Überwachungsbefugnisse. Stellt sie Rechtsverstöße fest, hat sie die Dienststellenleitung auf sie hinweisen und auf Abhilfe zu drängen. Der Mitarbeitervertretung steht aufgrund ihres "Wächteramtes" kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Maßnahmen zur Einhaltung der "arbeitsrechtlichen Bestimmungen" zu (vgl. für den staatlichen Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes: BAG vom 9. Dezember 2003 - 1 ABR 44/02 - AP Nr. 1 zu § 33 BetrVG 1972 zu § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG), zumal dann, wenn gerade streitig ist, ob die von der Mitarbeitervertretung als "geltend" reklamierte Regelung, AVR.DWBO, "gilt" oder die Arbeitsordnung, wie sie von der Dienststellenleitung mit Mitarbeitenden vertraglich vereinbart wurde. Dem entspricht es, dass sich das Überwachungsrecht auf die Durchführung der Anstellungsordnung bezieht, nicht aber darauf, ob sie mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Dann aber besteht kein Anspruch auf Unterlassung einer beanstandeten Maßnahme des Arbeitgebers (vgl. BAG vom 28. Mai 2002 - 1 ABR 32/01 - EzA § 87 BetrVG 1972 betriebliche Ordnung Nr. 29 zum staatlichen Bereich), hier der von der Mitarbeitervertretung als rechtswidrig und damit als unzulässig beanstandeten Anwendung der Arbeitsordnung.
Die Mitarbeitervertretung kann die Dienststellenleitung im Rahmen ihrer Überwachung nur auf ein vorschriftenkonformes Handeln verpflichten, nicht jedoch individualrechtliche Ansprüche durchsetzen, etwa auf Anwendung der AVR.DWBO, weil die Dienststellenleitung zu deren Anwendung verpflichtet sei. Dafür steht, dass ein von der Mitarbeitervertretung eingeleitetes kirchengerichtliches Verfahren zur Klärung von Rechten und Pflichten nach § 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO, etwa, dass eine bestimmte Regelung nicht anzuwenden sei, zwar im Verhältnis Mitarbeitervertretung - Dienststellenleitung klärende Wirkung haben mag, die staatliche Arbeitsgerichtsbarkeit aber nicht bände (vgl. Scheer, Berliner Kommentar zum MVG.EKD, § 35 Rn. 31), etwa unter dem Gesichtspunkt, dass der Arbeitsvertrag mit vereinbarter Arbeitsordnung wirksam sei, solange ein Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht erkennbar sei.
b) Dem Hilfsantrag auf Feststellung, dass die Anwendung der Arbeitsordnung unzulässig sei, hat die Vorinstanz als unzulässig angesehen; es fehle am Rechtsschutzbedürfnis.
aa) Dem vermag der Senat so nicht zu folgen.
Da die Mitarbeitervertretung der Ansicht ist, der ihr zugewiesene Überwachungsauftrag schließe die Befugnis ein, zu verlangen, die aus ihrer Sicht fehlsame Anwendung der Arbeitsordnung zu unterlassen oder anders gewendet, Vertragsgestaltungen mit Mitarbeitenden zu verhindern, die nach Auffassung der Mitarbeitervertretung gegen zwingende Normen zugunsten der Mitarbeitenden verstoßen, macht die Mitarbeitervertretung so gesehen ein Feststellungsbegehren aus eigenem Recht, nämlich aus dem MVG, geltend. Vorschriften i.S.d. § 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO sind auch Regelungen des kirchlichen "Tarifrechts", wie z.B. die AVR.DW.EKD (Fey/Rehren, Praxiskommentar zum MVG.EKD, Stand März 2010, § 35 Rn. 10), wie bereits betont, die die Mitarbeitervertretung in ihrer Erscheinungsform der AVR.DWBO zugrunde gelegt wissen will.
Denn wegen der aus der in § 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO angesprochenen Regelungen regelmäßig abzuleitenden Anspruchsgrundlagen ist für die Mitarbeitervertretung nicht die Befugnis gegeben, von der Dienststellenleitung eine bestimmte Anwendung oder Nichtanwendung von Arbeitsordnungen verlangen zu können. Die Kompetenz der Mitarbeitervertretung beschränkt sich sonach im Ergebnis darauf, ggf. kirchengerichtlich klären zu lassen, dass von der Dienststellenleitung für unzutreffend gehaltene Hinweise auf ein anwendbares Recht, etwa, welches Arbeitsrecht in der Dienststelle gilt (VerwG.EKD vom 7. Dezember 2000 - 0124/E4-00, ZMV 2001, 138) oder welche Arbeitsvertragsregelung in der Dienststelle anzuwenden ist (KGH.EKD vom 19. Mai 2005 - II-0124/K40-04, ZMV 2006, 89), zutreffend sind.
§ 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO entspricht im Kern § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Für den Bereich der Betriebsverfassung ist es anerkannt, dass der Betriebsrat nicht die Möglichkeit hat, im Beschlussverfahren feststellen zu lassen, der Arbeitgeber sei verpflichtet, eine zugunsten der Arbeitnehmer bestehende allgemeine Regelung in bestimmter Weise durchzuführen (BAG vom 10. Juni 1986 - 1 ABR 59/84 - BAGE 52, 150 = AP Nr. 26 zu § 80 BetrVG 1992 = EzA § 80 BetrVG 1972 Nr. 26; 24. Februar 1987 - 1 ABR 73/84 - AP Nr. 28 zu § 80 BetrVG 1972 = EzA § 80 BetrVG 1972 Nr. 29). Andernfalls würde der dem einzelnen Arbeitnehmer zukommende Individualschutz auf das Verhältnis Arbeitgeber/Betriebsrat übertragen (vgl. GK-BetrVG/Weber 9. Auflage, § 80 Rn. 29). Dies gilt auch im Verhältnis Dienststellenleitung/Mitarbeitervertretung für den vorliegenden Fall der geltend gemachten Nichtanwendung einer bestimmten Regelung bzw. auf Unterlassung einer beanstandeten Maßnahme der Dienststellenleitung, hier der Anwendung der eigenen Arbeitsordnung. Es muss dabei bleiben, dass es Sache des einzelnen Mitarbeitenden ist, die ihm nach seiner Auffassung zustehenden (Lohn-) Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, im kirchlichen Bereich bei dem staatlichen Arbeitsgericht.
c) Mit dem Antrag zu 2. will die Mitarbeitervertretung die Dienststelle verpflichten, auf sämtliche bei ihr bestehende Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitenden gem. § 2 MVG im Hinblick auf die Vergütungsregelungen die allgemeinen Vertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. und bezüglich aller sonstigen Arbeitsbedingungen die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes in Deutschland, AVR.DW.EKD, anzuwenden.
Die Vorinstanz hat den Antrag als unbegründet angesehen. § 35 MVG.DWBO gewähre der Mitarbeitervertretung einen solchen Anspruch nicht.
Der Mitarbeitervertretung steht kein kirchengerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf tatsächliche Durchführung oder Einhaltung der nach Auffassung der Mitarbeitervertretung zugunsten der Mitarbeitenden geltenden Regelungen zu. Selbst wenn die Auffassung der Mitarbeitervertretung zutreffend wäre, dass auf rund 70 % der Arbeitsverhältnisse bei der Dienststelle hinsichtlich der Vergütung die AVR.DWBO und im Übrigen das Regelwerk der AVR.DW.EKD Anwendung finden, und der Schluss der Mitarbeitervertretung daraus zutreffend wäre, es handele sich damit um die üblichen Arbeitsbedingungen bei der Dienststelle, folgt daraus nicht der Anspruch der Mitarbeitervertretung, dass auf alle Mitarbeitenden diese "üblichen Arbeitsbedingungen" angewendet werden. Es liegen von den "üblichen Arbeitsbedingungen" abweichende einzelne Arbeitsverträge vor und es ist eine Sache des einzelnen Mitarbeitenden, die ihm zustehenden Ansprüche - notfalls vor den staatlichen Arbeitsgerichten - geltend zu machen, wenn er meint, "dass die Bezugnahme auf die Anwendung der Arbeitsordnung ... einen Verstoß gegen ein Gesetz im Sinne des § 134 BGB darstellt" und sich daraus etwa erhöhte Vergütungsansprüche ergeben.
Für den staatlichen Bereich wird vertreten, dass aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz oder aus § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und der entsprechenden Überwachungsaufgabe des Betriebsrats folge, dass der Betriebsrat auch das Recht hat, die Anwendung arbeitsvertraglicher Einheitsregelungen zu überwachen (GK-BetrVG/Weber, § 80 Rn. 17) und Formulararbeitsverträge auf ihre Vereinbarkeit mit den Regelungen der §§ 305 c - 310 BGB hinsichtlich des Vertragsinhalts einer Rechtskontrolle eines Betriebsrats unterliegen (GK-BetrVG/Weber, § 80 Rn. 11; BAG vom 16. November 2005 - 7 ABR 12/05 - EzA § 80 BetrVG 2001 Nr. 4 S. 9). Das schließt aber - übertragen auf die Mitarbeitervertretung - nicht den Anspruch ein, dass - nur - AVR.DWBO oder AVR.DW.EKD vereinbart werden. Es ist nicht Gegenstand des Überwachungsrechts, Vertragsklauseln selbst zu entwickeln, alternative, andere Vertragsklauseln gerichtlich durchzusetzen.
d) Mit dem Antrag zu 3. will die Mitarbeitervertretung die Dienststellenleitung verpflichten, mit allen neu eingestellten und künftig einzustellenden Mitarbeitenden gem. § 2 MVG arbeitsvertraglich die Anwendung der AVR.DWBO im Hinblick auf die Vergütung im Arbeitsverhältnis und die Anwendung der AVR.DW.EKD im Hinblick auf alle anderen Arbeitsbedingungen zu vereinbaren.
Dafür ist eine Anspruchsgrundlage nicht erkennbar. Es bleibt den Vertragsverhandlungen überlassen, ob die Bewerber die Arbeitsbedingungen der Dienststelle akzeptieren oder nicht. Akzeptieren sie sie, aus welchen Gründen auch immer, etwa um überhaupt einen Arbeitsplatz zu erhalten und aus der Arbeitslosigkeit herauszukommen, dann bleibt es bei ihnen, ob sie mit der Begründung, die vereinbarten Arbeitsbedingungen verstießen gegen geltendes Recht, weitere über das Vereinbarte hinaus gehende Ansprüche vor den staatlichen Gerichten geltend machen wollen, vor denen eine Inhaltskontrolle der Vertragsinhalte stattfindet.
e) Mit dem Antrag zu 4. erstrebt die Mitarbeitervertretung die Verpflichtung der Dienststellenleitung, die Anwendung der AVR.DWBO bezüglich der Vergütung im Arbeitsverhältnis und die Anwendung der AVR.DW.EKD für alle übrigen Arbeitsbedingungen im Arbeitsverhältnis den im Antrag aufgeführten Mitarbeitenden jeweils mit Wirkung ab dem jeweils genannten Zeitpunkt arbeitsvertraglich anzubieten.
Auch für dieses Begehren ist eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich. § 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO gibt das nicht her. Der Überwachungsauftrag der Mitarbeitervertretung deckt nicht die Befugnis ab, die Dienststelle zu zwingen, bestimmte Arbeitsvertragsangebote oder Änderungsangebote zu bereits geschlossenen Arbeitsverträgen zu unterbreiten. Die Mitarbeitervertretung ist darauf beschränkt, bei der Dienststellenleitung auf die Einhaltung des geltenden Rechts zu drängen, u.U. auch andere Stellen, etwa beim Diakonischen Werk auf die nach Auffassung der Mitarbeitervertretung unzulässige Vereinbarung der Arbeitsordnung hinzuweisen.
Entsprechendes gilt für den Hilfsantrag zu Ziffer 4. Daran ändert auch nichts, dass nach Auffassung der Mitarbeitervertretung die Mitarbeitenden den ihnen nach Auffassung der Mitarbeitervertretung zustehenden Vertragsinhalt vor den staatlichen Gerichten nicht durchzusetzen vermöchten. Das vergrößert nicht die Handlungsmöglichkeiten der Mitarbeitervertretung im Rahmen des § 35 Abs. 3 Buchstabe b) MVG.DWBO.
3. Die Gesamtschau der Anträge der Mitarbeitervertretung führt im Ergebnis dazu, dass die Auslegung der Anträge dahin geboten ist, dass es der Mitarbeitervertretung um die Klärung der Frage geht, ob trotz des Vorhandenseins der Arbeitsordnung die Anwendung der AVR.DWBO bzw. AVR.DW.EKD den Vorrang hat oder anders gewendet, mangels Vorliegens einer Ausnahmegenehmigung sich der Inhalt der Arbeitsverträge nach den AVR.DWBO bzw. AVR.DW.EKD bestimmt.
Dem entspricht ein Feststellungsantrag, dass der Inhalt der Arbeitsverträge der Mitarbeitenden durch die AVR.DWBO/AVR.DW.EKD in ihrer jeweils geltenden Fassung bestimmt ist.
Indes ist auch ein solcher Antrag unbegründet.
Zum Einen liegt ein Dispens von der Verpflichtung vor, die AVR.DWBO oder die AVR.DW.EKD anzuwenden. Zum Anderen ist diese Ausnahme von dem anzuwendenden Kirchen(arbeits-)recht gedeckt.
a) Die Ausnahmegenehmigung des Diakonischen Rates vom 10. Dezember 2007 umfasst die Befugnis, die Arbeitsordnung anzuwenden.
Die Ausnahmegenehmigung des Diakonischen Rates vom 10. Dezember 2007 erfolgte mit dem Beschluss "Den Anträgen der Dienststelle A und einer weiteren Einrichtung vom 17.04.07, erneut vorgelegt am 16.11.07, wird entsprochen." (Beschlussprotokoll über die Sitzung des Diakonischen Rates des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. am Montag, den 10.12.2007, Bl. 221 der Senatsakte).
Aus Tagesordnungspunkt Arbeitsrecht 5.2. "Antrag der Dienststelle A auf Ausnahmegenehmigung gem. § 7 Abs. 4 Nr. 6 der Satzung des DWBO" folgt, dass der Erteilung der Ausnahmegenehmigung die Satzung des DWBO zugrunde gelegt wurde. In der im Beschlussprotokoll genannten Bestimmung heißt es in dessen Satz 2, dass der Diakonische Rat von der Verpflichtung, das Arbeitsrecht eines gliedkirchlichen Diakonischen Werkes oder des DW.EKD oder einer der beteiligten Kirchen zu übernehmen, Ausnahmen zulassen und außerdem Arbeitsvertragsrichtlinien bzw. Tarifverträge dem Arbeitsrecht der Diakonie zuordnen kann (vgl. Senatsakte Bl. 112 ff., 114).
Der Wortlaut der Bestimmung schließt eine Ausnahmeregelung für eine selbst geschaffene hauseigene Arbeitsordnung nicht aus. Es können andere kirchliche Arbeitsrechtsregelungen, wie etwa AVR.Caritas, zugelassen werden, aber auch weltliche Regelungen, etwa Tarifverträge i.S.d. Tarifvertragsgesetzes, also z.B. TVöD.
Der Senat vermag daher nicht der Auffassung der Mitarbeitervertretung zu folgen, aus der Satzung allein könne nicht das Recht abgeleitet werden, dass der Diakonische Rat im Wege der Ausnahmegenehmigung ein einseitig von der Dienststelle formuliertes Arbeitsrecht für anwendbar erklärt.
Entgegen der Auffassung der Mitarbeitervertretung ist die Ausnahmegenehmigung nicht zu unbestimmt. Zwar ist im Beschlussprotokoll vom 10. Dezember 2007 die Arbeitsordnung nicht genannt. Die Ausnahmegenehmigung bezieht sich auf die Arbeitsordnung vom 1. April 2007, wobei an dieser Stelle offen bleiben kann, ob die Ausnahmegenehmigung dynamisch aufzufassen ist. Dass jedenfalls die Arbeitsordnung vom 1. April 2007 Gegenstand der Ausnahmegenehmigung war, ergibt sich aus der Beschlussfassung i.V.m. dem Ablauf des Verfahrens.
In der Beschlussfassung am 10. Dezember 2007 ist auf die Anträge der Dienststelle vom 17. April 2007 und vom 16. November 2007 Bezug genommen. Dem Antrag vom 17. April 2007 war die AO in der Fassung vom 1. April 2007 beigefügt. Wenn dann nach Ablehnung dieses Antrags am 30. August 2007 (vgl. Schreiben der AK.DWBO an die Dienststelle vom 26. Juni 2008 = Bl. 220 der Senatsakte) der Antrag "am 16.11.07" "erneut vorgelegt" wurde (Protokoll vom 10. Dezember 2007 Bl. 221 der Senatsakte) und ihm am 10. Dezember 2007 "entsprochen" wird (a.a.O.), dann bezieht sich die Ausnahmegenehmigung jedenfalls auf die Fassung der AO vom 1. April 2007.
b) Die Ausnahmegenehmigung verstößt nicht gegen höherrangiges kirchliches Recht.
aa) Das Kirchengesetz über die Regelung der Rechtsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis (Arbeitsrechtsregelungsgesetz - ARRG.DWBO) vom 23. April 2005 i.V.m. der Rechtsverordnung über die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. (DWBO) (Arbeitsrechtsregelungsordnung - ARRO.DWBO) vom 1. Juli 2005 stehen nicht entgegen.
§ 2a ARRG.DWBO, der den "Geltungsbereich" des ARRG umschreibt, sieht in Absatz 2 vor, für das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz e.V. (DWBO) und seine Mitgliedseinrichtungen, soweit diese kirchliche Körperschaften, Einrichtungen oder Werke der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz sind und nicht in den Geltungsbereich des Absatzes 1 fallen (Diakonisches Werk), gelten die Regelungen des Dritten oder Vierten Abschnitts dieses Kirchengesetzes; für andere Mitgliedseinrichtungen gelten die genannten Regelungen nach Maßgabe eines Beschlusses des zuständigen Organs des DWBO.
§ 6 ARRG.DWBO, der mit "Arbeitsrechtliche Kommission" überschrieben ist, sieht in Absatz 2 Satz 1 als "Aufgabe der AK.DWBO" die Beschlussfassung von Regelungen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen mit diakonischen Einrichtung im Bereich des DWBO vor, die in den Arbeitsvertragsrichtlinien des DWBO zusammengefasst werden.
Das steht zunächst dafür, dass für den Bereich des DWBO nur das an Regelungen vorgesehen ist, die durch die AK.DWBO beschlossen wurden. Das geht mit § 1a Abs. 2 AVR.DW.EKD konform, der Ausfluss des in § 16 der Satzung des Diakonischen Werkes der EKD niedergelegten Vorrangs gliedkirchlichen Rechts ist. In § 6 Abs. 2 Satz 3 ARRG.DWBO heißt es aber weiter, dass "die satzungsmäßigen Rechte der Mitglieder und Organe des DWBO ... unberührt ... bleiben".
Das heißt nichts anderes, als dass ein Mitglied des DWBO gemäß der Satzung eine Ausnahme von dem Anwendenmüssen dieser "Regelungen" beantragen kann, wie von der Dienststelle erfolgt und wie in der Satzung des DWBO vorgesehen, und dass der Diakonische Rat des DWBO diesem Antrag entsprechen kann, wie am 10. Dezember 2007 erfolgt. Eine Beschränkung auf von der AK.DWBO erlassene "Regelungen" ist nicht vorgesehen, etwa dahin, dass von den AVR.DWBO Abweichendes noch von der AK.DWBO "abgesegnet" werden muss oder etwa eine Arbeitsordnung einer Dienststelle nur aufgrund eines Beschlusses der AK.DWBO angewendet werden darf. Denn auch § 3 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz ARRO.DWBO greift wieder auf, dass die satzungsmäßigen Rechte der Mitglieder und Organe des DWBO "davon", also hinsichtlich der Regelung der Arbeits- und Vergütungsbedingungen und deren Fortentwicklung (Satz 1) "unberührt ... bleiben". Hinzu kommt, dass in § 4 "Konsultationsverfahren" ARRO.DWBO die Zulassung einer Ausnahme des § 7 Abs. 4 Nr. 6 Satz 2 der Satzung des DWBO aufgegriffen worden und für eine solche in Aussicht genommene Ausnahmegenehmigung vorgesehen ist, dass die AK.DWBO bis zur nächsten Sitzung des Diakonischen Rates "dazu", also zu der in Aussicht genommenen Ausnahmeregelung, Stellung zu nehmen hat. Dieses Konsultationsverfahren hat der Diakonische Rat vor Erteilung der Ausnahmegenehmigung eingehalten, was das Schreiben der AK.DWBO an die Dienststelle vom 26. Juni 2008 (Bl. 220 der Senatsakte) belegt.
Dieser Verfahrensablauf mit dem aufeinander Abgestelltsein des ARRG.DWBO und der ARRO.DWBO auf die - ältere - Satzung des DWBO zeigt, dass nach dem Recht der Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz eine Ausnahme von der Verpflichtung, das Arbeitsrecht eines gliedkirchlichen diakonischen Werkes oder des Diakonischen Werkes der EKD oder einer der beteiligten Kirchen zu übernehmen, gedeckt ist.
Nimmt man hinzu, dass ein Konfliktlösungsmechanismus für Streitigkeiten aus der Anwendung des ARRG.DWBO und der ARRO.DWBO durch einen Schlichtungsausschuss vorgesehen ist (§ 10 ARRG.DWBO und §§ 15 ff. ARRO.DWBO) und dass durch die Satzung des DWBO mit § 19 den Satzungsunterworfenen ein schiedsrichterliches Verfahren zur Verfügung steht, wird deutlich, dass gliedkirchenrechtlich ein in sich geschlossenes System gegeben ist.
§ 36 MVG.DWBO steht nicht entgegen. Es wird das Wort "insbesondere" nicht gesehen. Auch die Satzung in Verbindung mit einer auf ihr beruhenden Ausnahmegenehmigung ist eine "Regelung" i.S.d. § 36 Abs. 1 MVG.DWBO.
Der Senat vermag daher der Auffassung der Mitarbeitervertretung nicht zu folgen, eine Ausnahmegenehmigung nach § 7 Abs. 4 Nr. 6 Satz 2 der Satzung des DWBO könne nur wirksam für arbeitsrechtliche Regelungen erteilt werden, die durch die Arbeitsrechtliche Kommission des DWBO beschlossen worden seien.
bb) Diese gliedkirchliche Regelung verstößt nicht ihrerseits gegen höherrangiges Recht.
aaa) Die Mitarbeitervertretung verweist auf den Beschluss des Senats zur Leiharbeit vom 9. Oktober 2006 - II-0124/M35-06 - NZA 2007,761 und auf die Entscheidung vom 26. März 2007 - II-0124/M10-06 - ZMV 2007, 260. Es ist zwar richtig, dass für die Evangelische Kirche in Deutschland wie in den meisten Gliedkirchen und ihrer Diakonie der sogenannte Dritte Weg gilt, also Arbeitsrecht und Arbeitsbedingungen, insbesondere die Vergütung nicht durch Tarifverträge festgelegt, sondern von einer paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission und ggf. im Wege von Konfliktlösungsmechanismen unterschiedlicher Art beschlossen werden. Wenn aber das gliedkirchliche Recht Ausnahmen zulässt, kann ein Verstoß gegen den sich u.a. aus der Präambel zu den Mitarbeitervertretungsgesetzen ergebenden besonderen Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft aller Mitarbeitenden nicht mit Erfolg abgeleitet werden. Der Dienstgemeinschaftsgedanke vermag das Anliegen der Mitarbeitervertretung nicht zu begründen. Dieser Gedanke steht nicht über den von den zuständigen Kirchengesetz- und Satzungsgebern erlassenen kirchlichen Recht, auch nicht über dem nicht durchgängig durchgeführten Grundsatz des Dritten Weges für Kirche und Diakonie.
bbb) Ein Verstoß gegen sonstige zwingende höherrangige Normen ist nicht erkennbar.
Die Grundordnung der EKD bezieht sich inhaltlich nicht auf den sich aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 70, 158 umrissenen staatskirchlichen Rahmen der kirchlichen Selbstbestimmung. Für die EKD gilt seit den 70iger Jahren der sog. Dritte Weg. Das gilt auch für die meisten Gliedkirchen und ihre Diakonie, aber nicht durchgehend, wie gerade die Entwicklung in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zeigt.
Sonach war die Beschwerde zurückzuweisen, wie geschehen.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).