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Kirchengericht: Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:26.05.2010
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/R73-09
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 6, § 6a, § 36 , § 42 Buchst. c, AVR.DW.EKD § 12 Anlage 1 EGr 6 und 7
Vorinstanzen:Kirchengericht der Evangelischen Kirche in Deutschland Erste Kammer für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten, I-2708/P10-08; Fundstelle: ZMV 1/2001, S. 37
Schlagworte:Beschwerde, Inhalt der Beschwerdeschrift, Senatsvorsitzende
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Leitsatz:

1. Handlungen und Erklärungen nach dem MVG.EKD, die die Gesamtmitarbeitervertretung vornimmt, sind rechtswirksam und nicht nur für die Gesamtmitarbeitervertretung, sondern auch für die davon betroffenen Mitarbeitervertretungen bindend, wenn und soweit die Gesamtmitarbeitervertretung im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit gehandelt hat.
2. Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung können trotz des Wortlauts von § 36 Abs. 1 Satz 1 MVG.EKD zur Regelung kollektiver Angelegenheiten nicht nur förmliche Dienstvereinbarungen abschließen, sondern auch formlose Abreden (Regelungsabreden) treffen. Dasselbe gilt für Regelungsabreden der Dienststellenleitung mit der Gesamtmitarbeitervertretung hinsichtlich beschäftigungsdienststellenübergreifender Angelegenheiten.
3. Während die Dienstvereinbarung die Abschlusspartner schuldrechtlich bindet und zugleich normativ auf die Arbeitsverhältnisse einwirkt (§ 36 Abs. 3 MVG.EKD), hat die Regelungsabrede keine normative Wirkung, sondern nur die schuldrechtliche Bindung von Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung zur Folge.
4. Regelungsabreden können auch inhaltliche Regelungen der Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung betreffen. Auch Mitbestimmungsrechte können im Wege der Regelungsabrede ausgeübt werden. Dies gilt auch für die Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung bei der Eingruppierung.
5. Die AVR.DW.EKD haben nur den Charakter von Mindestbedingungen für die Bemessung des Entgeltes; sie schließen überobligationsmäßige Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, nicht aus.

Tenor:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Kirchengerichts der Evangelischen Kirche in Deutschland - Kammern für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten - vom 9. Juli 2009 - Az.: I-2708/P10-08 abgeändert:
Es wird festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Rettungsassistenten in die Entgeltgruppe 6 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zuzüglich einer Zulage von 50 % der Differenz zur Entgeltgruppe 7 vorliegt.

Gründe:

I. Die Dienststellenleitung beabsichtigt, aus Anlass des Inkrafttretens der Neufassung der AVR.DW.EKD am 1. Juli 2007 die im Antrag (und im Tenor) benannten Rettungsassistenten nach EGr 6 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zuzüglich 50% des Unterschiedsbetrags zur EGr 7 zu vergüten. Kraft Vereinbarung in den Arbeitsverträgen finden die AVR.DW.EKD in der jeweiligen Fassung Anwendung. Sie hat die Mitarbeitervertretung zu dieser beabsichtigten Eingruppierung der Rettungsassistenten in EGr 6 AVR.DW.EKD nebst dieser Zulage angehört. Diese hat nach einer ergebnislosen Erörterung die Zustimmung mit der Begründung verweigert, zutreffend sei die Eingruppierung in EGr 7. Diese Vergütungsgruppe ist auch in der - keinen Bestandteil der AVR.DW.EKD bildenden - so genannten Überleitungstabelle vorgesehen.
Mit Schreiben vom 4. Juni 2007 teilte der Bundesvorstand den nachgeordneten Dienststellen unter Hinweis auf eine bundesweite Abstimmung u.a. zur Eingruppierung der Rettungsassistenten und Vorlage einer entsprechenden Tabelle mit, „man habe sich darauf geeinigt, den Rettungsassistenten in die Entgeltgruppe 6 der AVR (neu) einzugruppieren. Gleichzeitig erhalte der Rettungsassistent eine monatliche Zulage in Höhe von 50 v.H. der Differenz zur nächsthöheren Entgeltgruppe“. Die nach Berufstätigkeitsgruppen gegliederte Tabelle ist mit „Bundesweite Abstimmung der Entgeltgruppen innerhalb des Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.“ überschrieben und mit dem Vermerk „Stand 04.06.2007“ versehen. Sie weist Zuordnungen für die bei der JUH anzutreffenden Tätigkeiten zu den Entgeltgruppen der AVR.DW.EKD (gültig ab 1. Juli 2007) aus, darunter
Tätigkeit
Entgeltstufe
Besonderheiten
Rettungssanitäter/in
5
Rettungsassistent/in
6
mit 50% Zulage
Rettungswachenleiter/in mit weniger als 20 unterstellten Mitarbeitern
7
Die Dienststellenleitung hat das Kirchengericht angerufen und im ersten Rechtszug im Wesentlichen vorgetragen: Die den Rettungsassistenten übertragenen Tätigkeiten rechtfertigten mit Rücksicht auf die Stellenbeschreibung und das Rettungsassistentengesetz eigentlich noch nicht einmal eine Eingruppierung in EGr 6 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD, keinesfalls aber in EGr 7. Ein Rettungsassistent verfüge nicht über eine mindestens zweieinhalbjährige Berufsausbildung (EGr 6). Ferner müsse der Rettungsassistent nicht über die für EGr 7 vorausgesetzte emotionale und soziale Kompetenz verfügen. Eine Notfallkompetenz sei den Rettungsassistenten nicht übertragen worden. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Dienststellenleitung wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 16. Januar, 18. Februar, 26. Februar, 31. März, 7. Mai, 19. Mai, 27. Mai, 21. Juli, 28. Juli, 2. September, 14. November 2008, 25. Februar und 1. Juli 2009 Bezug genommen.
Die Dienststellenleitung hat beantragt, festzustellen,
dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung in EGr 6 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zuzüglich einer Zulage von 50 % der Differenz zur EGr 7 vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt, den Antrag der Dienststellenleitung zurückzuweisen. Sie hat im ersten Rechtszug im Wesentlichen vorgebracht: Etwaige Absprachen im Bundesvorstand der Johanniter-Unfall-Hilfe seien unerheblich, weil Rechtsgrundlage nur die AVR.DW.EKD sein könnten. Der nicht im Notfalldienst eingesetzte Rettungsassistent sei mindestens in EGr 7 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD eingruppiert. Eingruppierungsrelevant sei nur die übertragene Tätigkeit, sodass es nicht darauf ankomme, ob eine formale Berufsausbildung von zweieinhalb Jahren (EGr 7) oder für Rettungsassistenten in der Notfallrettung, für den die EGr 8 zutreffe, eine Fachschulausbildung von drei Jahren absolviert sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Mitarbeitervertretung im ersten Rechtszug wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 15. Februar, 21. Februar, 21. April, 8. Mai, 24. Juni, 18. Juli, 1. August und 3. Dezember 2008, 27. Januar und 15. Juni 2009 Bezug genommen.
Das Kirchengericht hat den Antrag der Dienststellenleitung durch seinen Beschluss vom 9. Juli 2009 zurückgewiesen, weil die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung zu Recht verweigert habe. Zutreffend sei die EGr 7 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Dienststellenleitung mit ihrer Beschwerde. Sie macht unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend, der angefochtene Beschluss sei unrichtig. Die Mitarbeitervertretung habe keinen Grund, ihre Zustimmung zur Eingruppierung der im Antrag benannten Rettungsassistenten in EGr 6 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD nebst einer Zulage von 50 v.H. der Differenz zur EGr 7 zu verweigern. Auf diese Eingruppierung, wie sie auch aus der Tabelle „Bundesweite Abstimmung der Entgeltgruppen innerhalb des Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.“ (Stand: 04.06.2007) ersichtlich sei, habe sich der Bundesvorstand mit der Gesamtmitarbeitervertretung mündlich verständigt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Dienststellenleitung wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vo 30. September, 11. und 17. Dezember 2009 sowie vom 12. März 2010 Bezug genommen.
Die Dienststellenleitung beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses festzustellen,
dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung in EGr 6 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zuzüglich einer Zulage von 50 % der Differenz zur EGr 7 vorliegt;
hilfsweise,
dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung in EGr 6 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und hebt hervor, es liege mangels Einhaltung der Schriftform keine Dienstvereinbarung hinsichtlich der Eingruppierung vor. Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der Einzelheiten ihres zweitinstanzlichen Vortrags wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen vom 20. November 2009, 10. Februar, 30. April, 4. und 17. Mai 2010 Bezug genommen.
II. Die vom Senat mit seinem Beschluss vom 26. April 2010 zur Entscheidung angenommene Beschwerde ist begründet. Die Vorinstanz hat den Sachantrag der Dienststellenleitung, den diese in der Beschwerde als Hauptantrag weiter verfolgt, zu Unrecht zurückgewiesen. Die Mitarbeitervertretung hat schon deshalb keinen Grund, ihre Zustimmung zur Eingruppierung der im Sachantrag und in der Beschlussformel namentlich benannten Rettungsassistenten und der ebendort benannten Rettungsassistentin in EGr 6 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zuzüglich einer Zulage von 50 v.H. des Unterschiedsbetrages zur EGr 7 zu verweigern, weil insoweit eine auch die hier beteiligte Regionalverbands-Mitarbeitervertretung bindende Regelungsabrede besteht. Sie ist zwischen dem Bundesvorstand des Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. und der Gesamtmitarbeitervertretung des Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. zustande gekommen.
1. Die Dienststellenleitung hat hinsichtlich der Eingruppierung der Rettungsassistenten zwar keine, auch die Mitarbeiter normativ bindende Dienstvereinbarung getroffen, wohl aber eine schuldrechtlich bindende Regelungsabrede mit dem oben bezeichneten Inhalt. Dies hat die Dienststellenleitung allerdings nicht bereits im ersten Rechtszug, sondern im Beschwerderechtszug vorgetragen, und zwar im Schriftsatz vom 17. Dezember 2009. Die Mitarbeitervertretung ist diesem Vorbringen insoweit entgegengetreten, als sie darauf hingewiesen hat, dass es sich bei der Einigung zwischen Dienststellenleitung und der bei ihr bestehenden Gesamtmitarbeitervertretung mangels Einhaltung der Schriftform nicht um eine Dienstvereinbarung handele. Die formlose Einigung hat sie dagegen nicht in Abrede gestellt. Die Erörterung dieses Punktes in der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde hat nichts anderes zutage gefördert.
2. Diese Regelungsabrede ist für die Dienststellenleitung ebenso verbindlich wie für die Gesamtmitarbeitervertretung und alle Mitarbeitervertretungen in den Untergliederungen des Johanniter-Unfall-Hife e.V. Sie hindert, die mitbestimmungsrechtlich erforderliche Zustimmung zur Eingruppierung der Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten mit der Begründung zu versagen, diese seien anders eingruppiert als dort verabredet.
3. Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung können trotz des Wortlauts des § 36 Abs. 1 Satz 1 MVG.EKD zur Regelung kollektiver Angelegenheiten nicht nur förmliche Dienstvereinbarungen abschließen, sondern auch formlose Abreden (Regelungsabreden) treffen (vgl. BerlK/Andelewski, 2007, § 36 Rn. 53; Baumann-Czichon, 2009, § 38 MVG.EKD Rn. 15). Dasselbe gilt für Regelungsabreden der Dienststellenleitung mit der Gesamtmitarbeitervertretung hinsichtlich beschäftigungsdienststellenübergreifender Angelegenheiten.
a) Der wesentliche Unterschied des Zustandekommens zwischen einer Dienstvereinbarung und einer Regelungsabrede liegt in der Beachtung der Schriftform. Ist die Vereinbarung unter Einhaltung der in § 36 Abs. 2 MVG.EKD normierten Schriftform, d.h. mit handschriftlichen Unterschriften unter dem schriftlichen Text getroffen worden, so sind die äußeren Bedingungen der Dienstvereinbarung mit der Folge gewahrt, dass es sich - sofern sich aus dem Text selbst nichts anderes ergibt - um eine Dienstvereinbarung mit grundsätzlich normativer Wirkung ihrer Inhaltsnormen handelt. Wird dagegen das Ergebnis der Einigung nicht schriftlich festgehalten oder in einer Textform (schriftlicher Text ohne Unterschriften) belassen, so liegt keine Dienstvereinbarung vor. Haben sich Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung hierauf verständigt, so handelt es sich nicht um eine Dienstvereinbarung, sondern um eine andere Absprache.
b) Solche formlosen Absprachen oder Abkommen werden üblicherweise Regelungsabreden genannt. Sie sind sowohl nach dem Betriebsverfassungsrecht als auch im Personalver¬tretungsrecht möglich und üblich. Sie sind auch im Geltungs- oder Anwendungsbereich des MVG.EKD möglich. Dem MVG.EKD kann nicht entnommen werden, dass derartige formlose Abreden unzulässig wären, weil das Gesetz nur die förmliche Dienstvereinbarung erlaube (a.A. Fey/Rehren, Stand Januar 2010, § 36 MVG.EKD Rn. 1). Die von Fey/Rehren (a.a.O.) angenommene Ausschließlichkeit der Dienstvereinbarung lässt sich dem MVG.EKD nicht entnehmen. Sie lässt sich auch nicht dem zitierten Beschluss des Senats vom 5. August 2004 (I-0124/K3-04 - ZMV 2005, S. 34) entnehmen. Dort hat der Senat ausgesprochen, dass das MVG.EKD für sich allein keine Rechtsgrundlage für einen nicht unter § 36 MVG.EKD fallenden Normenvertrag bietet. Ein Normenvertrag ist ein Vertrag, in welchem die Vertragspartner Normen aufstellen, die Dritte als Normunterworfene binden sollen. Davon ist die Regelungsabrede zu unterscheiden. Während die Dienstvereinbarung die Abschlusspartner schuldrechtlich bindet und zugleich wie ein Gesetz normativ auf die Arbeitsverhältnisse einwirkt (§ 36 Abs. 3 MVG.EKD), hat die Regelungsabrede keine normative Wirkung, sondern nur die schuldrechtliche Bindung von Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung zur Folge (vgl. zum BetrVG: BAG, Urteil vom 25.September 2002 - 10 AZR 554/01 - AP Nr. 241 zu § 611 BGB Gratifikation). Stellte die Dienstvereinbarung das einzig erlaubte Instrument der Abrede zwischen Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung dar, so würde die tägliche Arbeit in den Fällen, in denen es zwar der Zustimmung der Mitarbeitervertretung, aber keiner normativen Wirkung bedarf oder eine solche sogar vermieden werden soll, unerträglich erschwert.
c) Regelungsabreden können auch inhaltliche Regelungen der Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung betreffen. Auch Mitbestimmungsrechte können im Wege der Regelungsabrede ausgeübt werden (vgl. BerlK/Andelewski, a.a.O.). Dies gilt auch für die Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung bei der Eingruppierung.
4. Inhalt der Absprache zwischen der Gesamtmitarbeitervertretung und dem Bundesvorstand ist zum einen die Eingruppierung der Rettungsassistenten in die EGr 6 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD und daneben die Gewährung einer Zulage von 50% des Unterschiedsbetrages zwischen den EGr 6 und 7.
Die formlose Absprache über die Gewährung einer allgemeinen Zulage für Rettungsassistenten in Höhe des hälftigen Unterschiedsbetrages zwischen den Entgeltgruppen 6 und 7 ist nicht im Hinblick auf § 36 Abs. 1 Satz 2 und 3 MVG.EKD unwirksam. Auf die Einlassung der Mitarbeitervertretung, eine allgemeine Zulage für Rettungsassistenten sei im System der AVR.DW.EKD nicht vorgesehen, kommt es nicht an. Die Regelungen der AVR.DW.EKD sehen eine solche allgemeine Zulage nicht vor; dies hindert jedoch nicht, eine solche als - gemessen an den AVR.DW.EKD - überobligationsmäßigen Entgeltbestandteil auszuwerfen. Die AVR.DW.EKD haben nur den Charakter von Mindestbedingungen für die Bemessung des Entgeltes; sie schließen überobligationsmäßige Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, nicht aus.
Dem Charakter als Regelungsabrede über einen überobligationsmäßigen Anteil des Arbeitsentgeltes steht auch § 36 Abs. 1 Satz 3 MVG.EKD nicht entgegen. Hiernach können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch die in Satz 2 genannten Regelungen vereinbart worden sind, nicht Gegenstand einer Dienstvereinbarung sein, es sei denn, die Regelung nach Satz 2 lässt eine Dienstvereinbarung ausdrücklich zu. Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 MVG.EKD dürfen Dienstvereinbarungen Regelungen weder einschränken oder ausschließen, die auf Rechtvorschriften, insbesondere Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission, beruhen. Dieses Verbot betrifft nur (förmliche) Dienstvereinbarungen, nicht aber Regelungsabreden. Der Sinn des Verbotes des § 36 Abs. 1 Satz 2 und 3 MVG.EKD liegt darin, Konkurrenzen der normativ wirkenden Bestimmungen einer förmlichen Dienstvereinbarung bei den Normunterworfenen zu vermeiden und gleichzeitig den Regelungsprimat der in Satz 2 genannten Normsetzer zu schützen. (Formlose) Regelungsabreden werden mangels normativer Wirkung von § 36 Abs. 1 Satz 2 und 3 MVG.EKD nicht erfasst.
5. An die formlose Einigung (Regelungsabrede) zwischen der Gesamtmitarbeitervertretung und dem Bundesvorstand des Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. darüber, dass Rettungsassistenten in EGr 6 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD eingruppiert sind und eine Zulage in Höhe des hälftigen Unterschiedsbetrages zwischen den Entgeltgruppen 6 und 7 erhalten, sind aber der Bundesvorstand und unmittelbar die Gesamtmitarbeitervertretung schuldrechtlich gebunden. Sie verstoßen hiergegen, wenn sie im konkreten Verfahren einen anderen Standpunkt einnehmen. Das ist hier nicht der Fall.
6. Die Regelungsabrede über die Eingruppierung bindet zugleich die Mitarbeitervertretungen in den Untergliederungen und damit auch die hier beteiligte Mitarbeitervertretung. Handlungen und Erklärungen nach dem MVG.EKD, die die Gesamtmitarbeitervertretung vornimmt, sind rechtswirksam und nicht nur für die Gesamtmitarbeitervertretung, sondern auch für die davon betroffenen Mitarbeitervertretungen bindend, wenn und soweit die Gesamtmitarbeitervertretung im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit gehandelt hat.
a) Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, gleichgültig, ob die Gesamtmitarbeitervertretung nach § 6 Abs. 1 MVG.EKD als Gesamtmitarbeitervertretung einer (einheitlichen) Einrichtung der Diakonie oder nach § 6a Abs. 1 MVG.EKD als Gesamtmitarbeitervertretung im Dienststellenverbund gebildet worden ist. Im ersten Fall ist die Gesamtmitarbeitervertretung nach § 6 Abs. 2 MVG.EKD zuständig, im letzteren Fall nach § 6a Abs. 3 MVG.EKD. In beiden Fällen ist die Zuständigkeit der (jeweiligen) Gesamtmitarbeitervertretung gegeben, weil die mitarbeitervertretungsrechtliche Aufgabe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus mehreren oder allen Dienststellen betrifft (vgl. VerwG.EKD, Beschluss vom 9. März 2000 - 0124/D32-99 - ZMV 2000, S. 132). Die mitarbeitervertretungsrechtliche Aufgabe besteht vorliegend in der Mitbeurteilung der grundsätzlichen, für alle Dienststellen des Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. einheitlichen Zuordnung aller Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten zu einer Entgeltgruppe der AVR.DW.EKD wie auch die Zuordnung zu einem generellen, einheitlichen Entgeltzuschuss als Teil der Mitbestimmung (besser: Mitbeurteilung) bei der Eingruppierung (§ 42 Buchstabe c MVG.EKD) von Rettungsassistenten.
b) Im Rahmen dieser Aufgabenstellung ist die Regelungsabrede zwischen der Gesamtmitarbeitervertretung und dem Bundesvorstand des Joahnniter-Unfall-Hilfe e.V. getroffen worden. Sie regelt einen dienststellenübergreifenden (vgl. VerwG.EKD, Beschluss vom 24. Februar 2003 - 0124/G14-02 - ZMV 2003, S. 195) Gesichtspunkt einer mitbestimmungspflichtigen Aufgabe, nämlich das generelle Eingruppiertsein von Rettungsassistenten in der EGr 6 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD und die ebenso generelle Gewährung der Zulage; die Regelungsabrede gilt bundesweit und betrifft und bindet damit alle Dienststellen des Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. und dessen Untergliederungen, in denen Rettungsassistenten beschäftigt sind. Insoweit ist infolge der Zuständigkeit der Gesamtmitarbeitervertretung auch die Mitarbeitervertretung der jeweiligen Beschäftigungsdienststelle gebunden.
c) Dagegen bindet die Regelungsabrede die in der betreffenden Dienststelle gebildete Mitarbeitervertretung nicht, wenn diese einzelne Dienststelle von der Regelungsabrede durch eine andere Eingruppierung abweichen will oder wenn es darum geht, ob ein Mitarbeiter seiner Tätigkeit nach als Rettungsassistent oder als Mitarbeiter mit einer anderen übertragenen Tätigkeit eingruppiert ist (vgl. VerwG.EKD, Beschluss vom 24. Februar 2003 - 0124/G14-02 – a.a.O.). Die Zuständigkeit der Gesamtmitarbeitervertretung ist nur insoweit gegeben, als es um dienststellenübergreifende Mitbestimmungs- oder Mitwirkungstatbestände geht. Das ist hier nur insoweit gegeben, als es um die generelle Zuordnung der Tätigkeiten im Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. zu den Entgeltgruppen der AVR.DW.EKD und zur freiwilligen überobligationsmäßigen Zulage geht, nicht aber hinsichtlich anderer Gesichtspunkte im jeweiligen Einzelfall. Für die Mitbestimmung bei der Eingruppierung bleibt es deshalb bei der Zuständigkeit der jeweilige Mitarbeitervertretung; ihr ist lediglich versagt, eine andere Eingruppierung für zutreffend zu erachten und deswegen die Zustimmung zu verweigern, wenn die Parameter der Regelungsabrede der Gesamtmitarbeitervertretung mit dem Bundesvorstand eingehalten sind.
7. Der hier beteiligten Mitarbeitervertretung steht kein Grund zur Seite, ihre Zustimmung zur Eingruppierung der zehn hier in Rede stehenden Rettungsassistenten und Rettungsassistentinnen zu versagen. Denn Dienststellenleitung hält sich an die mit der Gesamtmitarbeitervertretung dienststellenübergreifend getroffene Regelungsabrede. Andere (denkbare), nur den Einzelfall oder die Beschäftigungsdienststelle betreffende Zustimmungsverweigerungsgründe liegen nicht vor.
8. Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es nicht mehr auf die in der Vorinstanz vorgenommene eigenständige Prüfung an, welche Entgeltgruppe originär zutrifft. Ebenso kann dahinstehen, was es mit einem „AVR-J“ genanntem Regelungswerk auf sich haben soll, welches nach dem Vorbringen der Dienststellenleitung seit 1. Januar 2010 gilt. Es betrifft nach dem Bundesrundschreiben Nr. 10/2009 vom 17. Dezember 2009 nur die ab 1. Januar 2010 neu angestellten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und damit nicht den vorliegenden Fall.
III. Über den in der Beschwerde erstmals gestellten Hilfsantrag war nicht zu befinden; er ist nicht angefallen, weil dem Hauptantrag stattgegeben worden ist.
IV. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).