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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:10.11.2008
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/P37-08
Rechtsgrundlage:ATZO § 2 Abs. 1 u. 2, § 3 Abs. 3, ATZG § 3 Abs. 1 Nr. 3
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle MVG, Ev. Kirche von Westfalen, 2 M 15/08; Fundstelle: ZMV 1/2009, S. 36-37, KuR 1/2009, S.140
Schlagworte:Altersteilzeit
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Leitsatz:

Nach § 2 Abs. 1 ATZO "kann" die Dienststelle ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter vereinbaren. Ob die Dienststellenleitung ein solches Teilzeitarbeitsverhältnis eingehen will, hat sie nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (KGH.EKD, Beschluss vom 14. Januar 2008 - I-0124/N57-07 - http://www.ekd.de).

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster - vom 16. Mai 2008 - 2 M 15/08 - wird nicht zu Entscheidung angenommen.

Gründe:

I. Die Antragstellerin will festgestellt wissen, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hatte, ihre Zustimmung zur beabsichtigten Ablehnung der Altersteilzeitanträge der Mitarbeitenden Frau C (vorliegendes Verfahren) und Herrn D (I-0124/P38-08) zu verweigern. Die Arbeitsverhältnisse unterliegen den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland. Dazu gehört auch die Altersteilzeitordnung (ATZO).
Frau C möchte ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell von vier Jahren vereinbaren. Sie ist verheiratet und unterhaltspflichtig für drei Kinder. Seit dem 17. April 1990 ist sie mit einer wöchentlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 38,5 Stunden als Heimhilfe bei der Antragstellerin beschäftigt.
Herr D strebt ein Arbeitsverhältnis im Blockmodell für die Dauer von sechs Jahren an. Er ist verheiratet und für drei Kinder unterhaltspflichtig. Bei der Antragstellerin ist er seit dem 1. April 1996 mit ei-ner regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden als Hausmeister tätig.
Wegen dieser beiden Altersteilzeitwünsche fanden bereits im ersten Halbjahr 2007 Verhandlungen zwischen der Dienststellenleitung (Antragstellerin) und der Mitarbeitervertretung statt. Ende 2007 bat die Dienststellenleitung die Mitarbeitervertretung um deren Zustimmung zur Ablehnung der beiden Altersteilzeitanträge. Die Mitarbeitervertretung lehnte ihre Zustimmung mit Schreiben vom 9. Januar 2008 ab. Am 23. Januar 2008 rief die Dienststellenleitung in beiden Angelegenheiten die Schlichtungsstelle an.
Die Dienststellenleitung hat geltend gemacht, sie beabsichtigte zu Recht, die Altersteilzeitanträge nach § 2 Abs. 1 ATZO abzulehnen. Weder Frau C noch Herr D hätten einen Rechtsanspruch auf Eingehung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach § 2 Abs. 2 ATZO, beide hätten das hierfür vorausgesetzte 60. Lebensjahr noch nicht vollendet. Nach pflichtgemäßem Ermessen i.S.d. § 2 Abs. 1 ATZO wolle sie die Anträge ablehnen. Es befinden sich bereits mehr als 5% aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Altersteilzeit. Die Rückstellungen von mehr als 32.000,- Euro für Frau C und von weiteren mehr als 107.000,- Euro für Herrn D würden sie angesichts der hochdefizitären Situation der Einrichtung überfordern. Es zeichne sich ein vorläufiger Jahresfehlbetrag von 276.000,- Euro ab (Antragsschrift vom 23. Januar 2008), der sich mittlerweile (Schriftsatz vom 13. Mai 2008) auf ca. 348.000,- Euro belaufe. Es sei ihr nicht zumutbar, solche Belastungen einzugehen, zumal sie vor strukturellen Veränderungen mit einem Abbau von Betten und vermutlich auch von Arbeitsplätzen stehe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen der Dienststellenleitung vom 23. Januar und 13. Mai 2008 Bezug genommen.
Sie hat beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Ablehnung des Teilzeitantrages der Frau C bestanden hat.
Die Mitarbeitervertretung hat die Zurückweisung des Antrags begehrt. Sie hat sich wesentlich darauf gestützt, dass die Ablehnung der Altersteilzeitanträge nicht im freien Ermessen der Dienststellenleitung liege, sondern nach § 2 Abs. 3 ATZO nur auf betriebliche Gründe gestützt werden dürfe, wobei es nicht auf die Situation in der Einrichtung ankomme, sondern auf die die Einrichtung tragende Organisation, nämlich das Johanneswerk, insgesamt. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Schriftsatz nebst Anlagen vom 8. April 2008 Bezug genommen.
Die Schlichtungsstelle hat im angefochtenen Beschluss vom 16. Mai 2008 nach dem Antrag der Dienststellenleitung erkannt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen diesen ihr am 2. Juni 2008 zugestellten Beschluss wendet sich die Mitarbeitervertretung mit ihrer am 26. Juni 2008 per Fax eingereichten Beschwerde. Die Beschwerdebegründungsschrift vom 2. September 2008 ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist mit ihrem am selben Tag per Fax eingegangenen Schriftsatz eingereicht worden. Die beschwerdeführende Mitarbeitervertretung macht geltend, die Beschwerde sei wegen erheblicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses zur Entscheidung in der Sache anzunehmen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 2. September 2008 Bezug genommen.
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II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und über das Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i.V.m. § 1 EGMVG-Westfalen (KABl. der Ev. Kirche von Westfalen 2003, S. 404).
2. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Sie ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kir-chengerichtshofs der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer Entscheidung eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann.
3. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor, vor allem nicht die zu Nr. 1 und 4 des § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD.
a) Ernstliche Zweifel an der materiell-rechtlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich an-ders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegengesetzten Entscheidung genügt nicht (std. Rspr. KGH.EKD, Beschluss vom 30. September 2008 - I-0124/P11-08 n.v.; KGH.EKD, Be-schluss vom 7. April 2008 - I-0124/P5-08 - (http://www.ekd.de); Beschluss vom 20. Dezember 2007 - I-0124/N43-07 - KuR 2008, 141; vgl. Fey/Rehren, MVG.EKD, Stand Juli 2008, § 63 Rn. 7 m.w.N.).
Daran fehlt es hier. Weder nach Vorbringen in der Beschwerde noch nach dem Inhalt der erstinstanzlichen Akte noch nach den Abwägungen im angefochtenen Beschluss kann angenommen werden, dass die Entscheidung voraussichtlich dahin gehen müsse, den Antrag zurückzuweisen. Zu Recht hat die Vorinstanz angenommen, dass sich die Entscheidung der Dienststellenleitung über den hier in Rede stehenden Teilzeitantrag nicht nach § 2 Abs. 2 ATZO, sondern nach Absatz 1 dieser Bestimmung zu richten hat, weil die Voraussetzung des Absatzes 2 - Vollendung des 60. Lebensjahres - nicht gegeben ist. Nach § 2 Abs. 1 ATZO "kann" die Dienststelle ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter vereinbaren. Ob die Dienststellenleitung ein solches Teilzeitarbeitsverhältnis eingehen will, hat sie nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (KGH.EKD, Beschluss vom 14. Januar 2008 - I-0124/N57-07 - (http://www.ekd.de)). Einen nach § 2 Abs. 3 ATZO ablehnbaren Rechtsanspruch auf Eingehung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses normiert nur § 2 Abs. 2 ATZO, nicht aber der hier anzuwendende Absatz 1 dieser Bestimmung. Eine solche Ermessensausübung hat die Dienststellenleitung nach den Feststellungen und Wertungen der Vorinstanz fehlerfrei vorgenommen. Die Beschwerde zeigt insoweit weder einen Rechtsfehler noch einen Ermessensfehler auf. Die Dienststellenleitung hat für ihre Ermessensentscheidung auf betriebliche Gründe abgestellt und dabei auf die Einrichtung, in der die Mitarbeiterin und der Mitarbeiter beschäftigt sind, selbst abgehoben. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zeigt die Beschwerde nicht auf, zumal die Belastungsgrenze von 5% aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtung erreicht ist (vgl. dazu auch § 3 Abs. 1 Nr. 3 ATZG). Bestenfalls zeigt die Beschwerde auf, dass eine andere Entscheidung möglich sein kann. Das aber genügt den Anforderungen des § 63 Abs. 2 Nr. 1 MVG.EKD nicht.
b) Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 Nr. 4 MVG.EKD sind nicht gegeben. Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs geht aus zwei Gründen fehl. Eine solche Rüge führt nur zur Annahme der Beschwerde, wenn sie begründet ist und die Entscheidung auf eben der Verletzung des rechtlichen Gehörs auch beruht.
Die Rüge ist nicht begründet. Der von der Beschwerde dargestellte Ablauf des erstinstanzlichen Prozessgeschehens erschöpft sich in der Behauptung, das Gericht hätte Gelegenheit zur Stellungnahme zum Vortrag der Unterdeckung von 348.000,- Euro im Schriftsatz der Antragstellerin vom 13. Mai 2008 geben müssen. Das lässt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht erkennen. Die Mitarbeitervertretung oder deren Verfahrensbevollmächtigte hätte den Vortrag der Dienststellenleitung zur Unterdeckung im Schriftsatz vom 13. Mai 2008 bereits in der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2008 "streitig stellen" können, wie sie es jetzt in der Beschwerdebegründungsschrift getan haben. Dazu bedarf es keiner Mitwirkung des Gerichts.
Die Beschwerde hat aber auch nicht aufgezeigt, dass der angefochtene Beschluss auf der von ihr behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht. Die Schlichtungsstelle hat ihre Entscheidung auf eine sie tragende Begründung gestützt, in der weder die Zahlen der voraussichtlichen Unterdeckung (ca. 276.000,- Euro) aus dem Schriftsatz vom 23. Januar 2008 noch die aus dem Schriftsatz vom 13. Mai 2008 erwähnt sind, sondern nur auf die "bedrängte wirtschaftliche Situation der Einrichtung". Von daher bleibt nicht erkennbar, weshalb es überhaupt auf die Zahlenangabe aus dem Schriftsatz vom 13. Mai 2008 und nicht auf die aus dem Schriftsatz vom 23. Januar 2008 ankommen soll. Die Zahlenangabe zur Unterdeckung aus dem Schriftsatz vom 23. Januar 2008 hat die Mitarbeitervertretung nicht streitig gestellt.
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III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m.§ 22 Abs. 1 KiGG.EKD).