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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:10.12.2012
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/U23-12
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 38 Abs. 3; Sicherungsordnung (Anlage zu den AVR.DW.EKD) § 2 Abs. 1
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.) - 2 M 93/11
Schlagworte:Ordentliche Kündigung
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Leitsatz:

1. Im kirchengerichtlichen Verfahren können nach § 38 Abs. 3 Sätze 1, 5 und 6 MVG.EKD nur solche Gründe für eine Verweigerung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung berücksichtigt werden, die diese rechtzeitig schriftlich geltend gemacht hat.
2. Eine Abweichung vom Grundsatz in Satz 1 kann für den Fall erwogen werden, dass die Dienststelle die Einholung eines Rechtsrats durch die Mitarbeitervertretung verhindert hat, wenn die Einholung solchen Rechtsrats zur rechtzeitigen Geltendmachung des Zustimmungsverweigerungsgrundes geführt hätte. Für eine solche Annahme besteht keine Grundlage, wenn der Zustimmungsverweigerungsgrund nach anwaltlicher Vertretung im kirchengerichtlichen Verfahren nicht frühestmöglich geltend gemacht wird.
3. Es handelt sich nicht um eine Maßnahme nach § 2 Abs. 1 der Sicherungsordnung (Anlage zu den AVR.DW.EKD), wenn Tätigkeitsfelder eingeschränkt oder aufgegeben werden müssen, weil bestimmte Beschäftigte dort aus personenbedingten Gründen nicht eingesetzt werden können.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer - in Münster (Westf.) vom 31. Mai 2012 - Az. 2 M 93/11 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Dienststelle verlangt die Feststellung, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zu den beabsichtigten Kündigungen zweier Beschäftigter besteht.
In der Dienststelle sind seit 1999 Frau E und seit 2002 Herr F beschäftigt. Frau E und Herr F sind verheiratet. Sie betreuten zusammen in ihrer Wohnung als Erziehungsstelle nach § 34 SGB VIII durch das zuständige Jugendamt zugewiesene Kinder und Jugendliche. Die Dienststelle erhielt hierfür vom zuständigen Jugendamt Kostenersatz. Wegen der Einzelheiten der Leistungsbeschreibung einer Erziehungsstelle wird auf die Anlage 14 zur Antragschrift verwiesen.
Frau E ist 1950 geboren. Sie ist in die Entgeltgruppe 9 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD eingruppiert und verdient € 3.613,91 brutto monatlich. Ihre Kündigungsfrist beträgt sechs Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres. Zuletzt betreute sie zwei Kinder. Frau E ist Fremdsprachensekretärin, die eine Weiterbildung zur Arbeitsleiterin Sozialtherapie absolviert hat.
Herr F, gelernter Veranstaltungstechniker, ist 1952 geboren und in die Entgeltgruppe 7 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD eingruppiert. Sein Entgelt beträgt € 2.778,34 brutto monatlich. Seine Kündigungsfrist beträgt vier Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres. Ihm waren zuletzt ebenfalls zwei Kinder zur Betreuung zugewiesen.
Anfang 2011 wurde die für Frau E und Herrn F zuständige Leitung vom Kreisjugendamt darüber unterrichtet, dass dort Hinweise auf unbefriedigende Erziehungsmethoden in der Erziehungsstelle “E“ eingegangen seien. Die von Frau E und Herrn F betreuten Kinder wurden am 20. Mai 2011 aus der Erziehungsstelle herausgenommen. Mit Schreiben vom 27. September 2011 teilte das Kreisjugendamt der Antragstellerin mit, dass die Kinder nicht in die Erziehungsstelle zurückgebracht werden würden und eine zukünftige Belegung der Familienwohngemeinschaft nicht erfolgen werde. Das Landesjugendamt unterrichtete die Antragstellerin auf eine telefonische Anfrage des Regionalleiters der Antragstellerin vom 23. Januar 2012, inwieweit eine neue Beschäftigung der Eheleute im pädagogischen Bereich möglich sei, mit Schreiben vom 24. Januar 2012 (Anlage zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 30. Januar 2012) darüber, dass eine Beschäftigung von Frau E und Herrn F in pädagogischen Tätigkeitsfeldern betriebserlaubnispflichtiger Einrichtungen nach § 45 SGB VIII nicht möglich sei.
In der Dienststelle besteht kein Bedarf an pädagogischen Hilfskräften. Hauswirtschaftskräfte mit einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 3 werden auf Teilzeitstellen mit einem Umfang von 30 bis 50 % einer Vollzeitstelle benötigt.
Mit zwei Schreiben vom 30. September 2011 beantragte die Dienststelle bei der Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung von Herrn F und Frau E. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2011 verlangte die Mitarbeitervertretung mündliche Erörterungen sowie mit einem Schreiben vom selben Tage die Einholung anwaltlichen Rechtsrats. Die Dienstellenleitung lehnte mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 die Übernahme der Kosten für eine anwaltliche Beratung ab. Es fand ein Erörterungstermin für beide Kündigungsbegehren am 25. Oktober 2011 statt. Die Mitarbeitervertretung bat mit zwei Schreiben vom 3. November 2011 um eine weitere Erörterung, die am 7. November 2011 stattfand. Auf die Bitte der Mitarbeitervertretung nach einer nochmaligen Erörterung erklärte die Dienststelle mit Schreiben vom 11. November 2011 die Erörterung in beiden Angelegenheiten für beendet. Mit Schreiben vom 18. November 2011 teilte die Mitarbeitervertretung mit, dass sie beschlossen habe, den Kündigungen nicht zuzustimmen. Wegen der Einzelheiten dieses Schriftverkehrs und der Protokolle der Erörterungstermine wird auf die Anlagen 1 bis 13 zur Antragsschrift verwiesen.
Zwischen der Antragstellerin und Frau E und Herrn F sind oder waren arbeitsgerichtliche Streitigkeiten über Befristungen und außerordentliche arbeitgeberseitige Kündigungen der Arbeitsverhältnisse anhängig.
Die Dienststelle hat vorgetragen, dass zunächst für Erziehungsstellen nicht das Erfordernis bestanden habe, dass dort Fachkräfte eingesetzt würden. Ein im Anforderungsprofil genanntes Erfordernis einer pädagogischen Ausbildung der Fachkräfte in der Erziehungsstelle sei 2008 eingeführt worden. Es ergäbe sich aus den Ausführungsbestimmungen des Landesjugendamtes, deren Maßgeblichkeit sich aus der Betriebserlaubnis in Anlage 1 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 26. Januar 2012 folge. Für das Fachkräftegebot werde außerdem auf Ziffer 5 des Merkblattes zu den Voraussetzungen für die Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII in Anlage 2 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 26. Januar 2012 verwiesen. Mindestvoraussetzung für die Erfüllung des Fachkräftegebotes sei eine abgeschlossene Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher. Dabei handele es sich um eine dreijährige Fachschulausbildung. Die Beschäftigung einer Hilfskraft sei nur möglich, wenn gleichzeitig immer eine Fachkraft anwesend sei. Bei Einführung des Fachkräftegebots sei für die Erziehungsstelle “E/F“ eine Art Bestandsschutz vereinbart worden. Eine Neubelegung der Erziehungsstelle werde nicht erfolgen, weil sie vom Kreisjugendamt abgelehnt werde und Frau E und Herr F das Fachkräftegebot nicht erfüllten. Die fehlende Qualifikation von Frau E und Herrn F könne nicht durch Fortbildungen, sondern nur durch eine mehrjährige Fachausbildung erworben werden. Weder die Finanzierung noch die Wartezeit seien der Dienststelle zumutbar. Ferner lasse das Lebensalter von Frau E und Herrn F eine solche Ausbildung als unangemessen erscheinen. Herrn F sei außerdem eine unakzeptable Erziehungsbehandlung vorzuwerfen; Frau E sei bestehende Probleme nicht professionell angegangen, sondern habe versucht, während der Anwesenheit einer Frau ein unauffälliges Familienleben vorzutäuschen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG.EKD zur beabsichtigten ordentlichen (fristgemäßen) Beendigungskündigung des Arbeitsverhältnisses mit Herrn F besteht,
2. festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG.EKD zur beabsichtigten ordentlichen (fristgemäßen) Beendigungskündigung des Arbeitsverhältnisses mit Frau E besteht.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung hat die Auffassung vertreten, dass die Kündigung von Herrn F sozial ungerechtfertigt sei. Der zunächst vorrangig verfolgten verhaltensbedingten Kündigung von Herrn F fehle eine Abmahnung. Ein Fachkräftegebot werde vom SGB VIII nicht angeordnet. Es betreffe im Übrigen allenfalls das Verhältnis zwischen der Dienststelle und der Erlaubniserteilungsbehörde, nicht das Arbeitsverhältnis. Herr F habe aufgrund seiner Qualifikation kaum Möglichkeiten, auf dem Arbeitsmarkt entsprechende Beschäftigung zu finden, nachdem er langjährig Jugendliche in einer Einrichtung betreut habe. Gerade aufgrund des Alters von Herrn F hätte sich die Antragstellerin intensiv darum kümmern müssen, ob ein anderweitiger Arbeitsplatz für ihn in Betracht komme. Die Antragstellerin hätte zwei pädagogische Hilfskräfte eingestellt, da ein Projekt an eine bestehende Wohngruppe angeschlossen worden sei. Diese Stellen hätten mit Herrn F und Frau E besetzt werden können. Im Übrigen vermissten die Kinder ihre Pflegeeltern.
Auch bei Frau E lägen keine Gründe für eine Kündigung vor. Wenn Frau E entgegen der Auffassung der Mitarbeitervertretung Herrn F gedeckt haben sollte, hätte sie sich in einem unauflösbaren Interessenkonflikt befunden, der einer verhaltensbedingten Kündigung entgegenstünde. Frau E hätte die ihr zugewiesenen Kinder weiter betreuen können, weil sich gegen sie keine Vorwürfe gerichtet hätten. Ferner hätte Frau E in einer anderen Gruppe der Einrichtung tätig werden können.
Wenn das Landesjugendamt die Auffassung vertreten haben sollte, dass eine Beschäftigung von Frau E und Herrn F wegen fehlender pädagogischer Eignung nicht mehr möglich sei, wäre es Aufgabe der Antragstellerin gewesen, auf das Landesjugendamt einzuwirken, um die Beschäftigung weiter zu ermöglichen.
Die Antragstellerin hat erwidert, dass sie nicht wisse, welche Einstellungen von pädagogischen Hilfskräften die Mitarbeitervertretung meine. Denkbar sei nur die Einstellung einer Mitarbeiterin als geringfügig Beschäftigte im Umfang von 0,15 VK. Ihr Arbeitsvertrag sei vom 1. Dezember 2011 bis zum 30. Juni 2012 befristet. Sie studiere im Studiengang “Soziale Arbeit“. Ferner komme eine andere Mitarbeiterin in Frage, die zur Ableistung ihres Berufsanerkennungsjahres nach Abschluss ihrer theoretischen Ausbildung zur Erzieherin befristet vom 1. September 2011 bis 31. August 2012 eingestellt worden sei.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Schlichtungsstelle hat die Mitarbeitervertretung auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Schließung der Familienwohngemeinschaft “E/F“ von der einschlägigen Rationalisierungs-Sicherungsordnung erfasst werde. Mit Schriftsatz vom 5. März 2012 trägt die Mitarbeitervertretung vor, dass die Sicherungsordnung anzuwenden sei, weil die durch Frau E und Herrn F betriebene Einrichtung stillgelegt worden sei.
Die Schlichtungsstelle hat den Anträgen der Dienstellenleitung mit Beschluss vom 31. Mai 2012 stattgegeben. Gegen diesen Beschluss, der der Mitarbeitervertretung am 2. Juli 2012 zugestellt worden ist, hat diese mit Schriftsatz vom 31. Juli 2012, beim Kirchengerichtshof der EKD eingegangen am selben Tage, Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 31. August 2012, beim Kirchengerichtshof der EKD eingegangen am selben Tage, begründet. Der Senat hat die Beschwerde zur Entscheidung angenommen.
Die Mitarbeitervertretung meint, dass der Beschluss der Schlichtungsstelle falsch sei, weil die beabsichtigten Kündigungen gegen die Sicherungsordnung (Anlage zu den AVR.DW.EKD) verstießen. Es handele sich bei der Maßnahme um eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne der Sicherungsordnung, weil es um die von einem Dritten veranlasste Einschränkung des Tätigkeitsbereichs gehe. Die von der Sicherungsordnung vorgegebenen Maßnahmen seien nicht durchgeführt worden.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer - in Münster (Westf.) vom 31. Mai 2012 zu Az. 2 M 93/11 in Sachen ordentlicher Kündigung der Mitarbeitenden E und F, zugestellt am 2. Juli 2012, Beschluss berichtigt am 6. Juli 2012, aufzuheben und nach dem Schlussantrag der Antragsgegnerin der I. Instanz zu erkennen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Beschwerde ist nach § 63 Abs. 1 MVG.EKD statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Der Kirchengerichtshof der EKD hat sie zur Entscheidung angenommen.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil die Anträge der Dienststellenleitung zulässig und begründet sind.
a) Die Anträge sind zulässig. Für die von der Dienststellenleitung beabsichtigten Kündigungen der Arbeitsverhältnisse mit Herrn F und Frau E benötigt sie die Zustimmung der Mitarbeitervertretung. Da diese die Zustimmung verweigert hat, bedarf die Dienststellenleitung zum Ausspruch der Kündigungen nach § 41 Abs. 2 MVG.EKD die Feststellung, dass kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung gegeben ist, also die Kündigungen nicht gegen eine Rechtsvorschrift, eine arbeitsrechtliche Regelung, eine andere bindende Bestimmung oder eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung verstoßen. Da nicht ersichtlich ist, dass die Arbeitsverhältnisse der Dienststelle mit Frau E anderweitig aufgelöst worden sind, insbesondere durch außerordentliche Kündigung oder Befristung, besteht für die Dienststellenleitung ein entsprechendes Feststellungsinteresse.
b) Die Anträge sind begründet. Die Mitarbeitervertretung durfte ihre Zustimmung nicht nach § 41 Abs. 2 MVG.EKD verweigern. Die Kündigungen verstießen nicht gegen eine Rechtsvorschrift, eine arbeitsrechtliche Regelung, eine andere bindende Bestimmung oder eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung.
aa) Die Kündigungen sind nicht sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG. Es liegen Gründe in der Person von Frau E und Herrn F vor, die die Kündigung bedingen. Da sie nicht über die von der Behörde geforderte Qualifikation verfügen, können sie nicht mehr auf ihren bisherigen Arbeitsplätzen eingesetzt werden. Weder würden ihnen die bisher betreuten, noch andere Kinder zur Erziehung zugewiesen werden. Dieses steht aufgrund der klaren Äußerungen der Behörde gegenüber der Dienststelle fest. Damit können sie auf ihren Arbeitsplätzen nicht mehr eingesetzt werden. Anderweitige zumutbare Beschäftigungsmöglichkeiten zu denselben oder veränderten Bedingungen sind nicht ersichtlich. Weder sind sie von den Beteiligten nachvollziehbar vorgetragen worden, noch für das Gericht ersichtlich. Überwiegende Interessen der Beschäftigten, die im Rahmen einer Interessenabwägung dazu führen könnten, dass die Arbeitsverhältnisse trotz Wegfalls einer Beschäftigungsmöglichkeit fortzuführen sind, sind nicht zu erkennen. Damit liegen personenbedingte Gründe für die Kündigungen vor. Die vom erstinstanzlichen Gericht zur sozialen Rechtfertigung der Kündigungen angestellten Überlegungen sind von der Mitarbeitervertretung in der Beschwerdebegründung nicht angegriffen worden. Diese verhält sich vielmehr nur zu einem Verstoß gegen die Sicherungsordnung.
bb) Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kündigung gegen die Sicherungsordnung (Anlage zu den AVR.DW.EKD) verstößt.
aaa) Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Verstoß gegen die Sicherungsordnung überhaupt berücksichtigt werden kann, da sich die Mitarbeitervertretung erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Schlichtungsstelle am 31. Januar 2012 und damit nach Ablauf der Frist des § 38 Abs. 3 Satz 6 MVG.EKD auf diesen Grund berufen hat.
(1) Vor dem Hinweis der Mitarbeitervertretung im Termin vom 31. Januar 2012 gab es keinen Hinweis darauf, dass sich die Mitarbeitervertretung auf einen Verstoß gegen die Sicherungsordnung berufen wolle. Ihr Hinweis auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ist kein solcher Hinweis, weil diese bereits für die soziale Rechtfertigung der Kündigung nach § 1 KSchG zu prüfen sind.
(2) Gründe, auf die sich eine Mitarbeitervertretung bei der Verweigerung der Zustimmung nicht beruft, können im kirchengerichtlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden. Die maßgebliche Begründung muss spätestens mit der abschließenden Verweigerung der Zustimmung gegeben werden (KGH.EKD, Beschluss vom 11. Januar 2010, II-0124/P32-08 - KuR 2/2010, S. 286). Dieses Erfordernis gilt erst recht, nachdem der Gesetzgeber von der Mitarbeitervertretung verlangt, ihre Zustimmung innerhalb einer Frist von einer Woche nach Abschluss einer Erörterung schriftlich zu verweigern, um die Fiktion einer Zustimmung zu vermeiden. Damit ist vom Gesetzgeber klargestellt worden, dass innerhalb der Woche Klarheit über die Erteilung der Zustimmung, aber auch über die Gründe für eine Verweigerung der Zustimmung bestehen soll.
(3) Es kann dahingestellt bleiben, ob ein nicht fristgerecht geltend gemachter Grund für die Zustimmungsverweigerung ausnahmsweise dann berücksichtigt werden kann, wenn die Dienststellenleitung verhindert hat, dass sich die Mitarbeitervertretung ausreichenden Rechtsrat verschafft. Hierfür spricht, dass die Dienststelle gewährleisten muss, dass die Mitarbeitervertretung sich die für ihre Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse verschaffen kann. Wenn die Dienststelle dieses verhindert, obwohl die Mitarbeitervertretung rechtzeitig die Einholung eines Rechtsrats verlangt hat, wird zugunsten der Dienststelle kaum berücksichtigt werden können, dass die Mitarbeitervertretung einen Grund nicht rechtzeitig vorgebracht hat, den sie - hätte sie den gewünschten Rechtsrat erhalten - rechtzeitig hätte einbringen können. Ob die Voraussetzungen für eine solche Ausnahme von der Obliegenheit, sich auf einen Grund zur Zustimmungsverweigerung rechtzeitig schriftlich zu berufen, vorliegend vorliegen, kann aus zwei Gründen dahingestellt bleiben. Zum Einen verstoßen die Kündigungen nicht gegen die Sicherungsordnung (dazu unter bbb). Zum Anderen kann aber auch gar nicht davon ausgegangen werden, dass die Mitarbeitervertretung sich nicht rechtzeitig auf einen Verstoß gegen die Sicherungsordnung berufen hat, weil ihr von der Dienststellenleitung die Einholung eines Rechtsrats verweigert wurde. Dieses könnte nur dann angenommen werden, wenn die Mitarbeitervertretung nach Beauftragung einer anwaltlichen Vertretung im kirchengerichtlichen Verfahren unverzüglich den zuvor nicht angeführten Grund für die Zustimmungsverweigerung vorgetragen hätte. Nur dann könnte angenommen werden, dass die Mitarbeitervertretung diesen Grund auch schon im vorgerichtlichen Mitbestimmungsverfahren geltend gemacht hätte, wäre ihr nicht die Einholung eines Rechtsrats verweigert worden. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Mitarbeitervertretung hat nämlich auch im Verfahren vor der Schlichtungsstelle mit ihrem anwaltlichen Schriftsatz vom 14. Januar 2012, der nach Verlängerung der Stellungnahmefrist um zwei Wochen eingereicht wurde, nicht auf einen Verstoß gegen die Sicherungsordnung abgestellt, sondern dieses erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Schlichtungsstelle am 31. Januar 2012 getan. Demgemäß kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Mitarbeitervertretung diesen Grund rechtzeitig vorgebracht hätte, wäre ihr der gewünschte Rechtsrat schon im vorgerichtlichen Verfahren erteilt worden. Hierfür könnte nur dann eine Annahme begründet sein, wenn der Grund frühestmöglich nach Einholung des Rechtsrats eingebracht worden wäre.
bb) Die Kündigungen verstoßen überdies nicht gegen die Sicherungsordnung. Nach § 2 Abs. 1 der Sicherungsordnung betrifft diese von der Dienstgeberin veranlasste erhebliche Änderungen von Arbeitstechniken oder wesentliche Änderungen der Arbeitsorganisation mit dem Ziel einer rationelleren Arbeitsweise oder die Einschränkung oder Aufgabe von Tätigkeitsfeldern. Die Anmerkung zu Absatz 1 stellt klar, dass es sich dabei auch um eine unmittelbar von Dritten veranlasste Aufgabeneinschränkung handeln kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Die Kündigungen sollen nicht erfolgen, weil die Dienststelle eine Einschränkung oder Aufgabe von Tätigkeitsfeldern vornimmt. Selbst wenn die Dienststelle die Erziehungsstelle aufrechterhielte, könnten Frau E und Herr F dort nicht mehr beschäftigt werden, weil sie nicht über die von der Behörde verlangte Qualifikation verfügen. Frau E und Herr F sollen ihren Arbeitsplatz nicht wegen einer Einschränkung oder Aufgabe von Tätigkeitsfeldern verlieren, vielmehr fällt möglicherweise eine Einrichtung weg, weil Frau E und Herr F nicht die nötige Qualifikation haben, dort eingesetzt zu werden. Das ist ersichtlich keine Maßnahme im Sinne des § 2 Abs. 1 der Sicherungsordnung. Eine solche liegt nur dann vor, wenn der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit sich aus den dort genannten Gründen ergibt.
cc) Sonstige Rechtsvorschriften, arbeitsrechtliche Regelungen, andere bindende Bestimmungen oder rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, gegen die die Kündigungen verstoßen könnten, sind nicht ersichtlich.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).