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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:14.05.1998
Aktenzeichen:VerwG.EKD 0124/C2-98
Rechtsgrundlage:MVG.EKD §§ 41, 42, 38, 60 Abs. 4, 63 Abs. 1, VGG.EKD §§ 13 Abs. 2, 16 , VwGO §§ 125, 101
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle der EKD, Az.: 2708/B60-97; Fundstellen: Die Mitarbeitervertretung 5/98 S. 236; Rechtsprechungsbeilage zum Amtsblatt der EKD 1999 S. 23; Kirche und Recht 4/98 S. 258
Schlagworte:Endgültige Entscheidung der Schlichtungsstelle in Fällen des § 42
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Leitsatz:

In den Fällen der eingeschränkten Mitbestimmung (§ 42 MVG.EKD) entscheidet die Schlichtungsstelle endgültig (§ 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD).
Zu der Prüfung "in den Fällen des § 42" (§ 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD) gehört auch die Untersuchung, ob das Zustimmungsverfahren ordnungsgemäß im Sinne des § 38 Abs. 2 MVG.EKD eingeleitet worden ist. Diese Untersuchung stellt nur einen Teil der der Schlichtungsstelle obliegenden Gesamtprüfung dar.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 4. Dezember 1997 - 2708/B60-97 - wird verworfen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf 8.000,- (achttausend) DM festgesetzt.

Gründe:

I. Der Antragsgegner, ein sozialpädagogisches Ausbildungs- und Bildungswerk, unterhält von ihm eingerichtete Jugenddörfer sowie sozialpädagogische Institute und Schulen, die der Erziehung, Ausbildung und Fortbildung insbesondere junger Menschen dienen. Er unterhält auch das rechtlich nicht selbständige Jugenddorf D. Die Antragstellerin ist die hierfür zuständige Mitarbeitervertretung.
Der Antragsgegner wandte sich mit dem Formularantrag vom 6. Oktober 1997 an die Antragstellerin und bat um Zustimmung zu der Einstellung des Herrn E als arbeitspädagogischen Mitarbeiter. Die Einstellung sollte für die Zeit vom 10. Oktober 1997 bis zum 9. Dezember 1998 befristet sein und die Einstufung nach VGO B II/1 min erfolgen. Es handelte sich um eine Zusatzeinstellung. Der Antragstellerin lag zu diesem Zeitpunkt der Ist-Stellenplan nach dem Stand vom 4. Juni 1997 vor, der die Position eines arbeitspädagogischen Mitarbeiters und eine entsprechende Vergütung nicht auswies.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 1997 bestätigte die Antragstellerin den Antrag auf Zustimmung zu der beabsichtigten Einstellung. Weiter heißt es in diesem Schreiben: „... Wegen Fehlens eines Mitberatungsverfahrens bei dieser offensichtlichen Stellenplanerweiterung und mangelnder Information der Mitarbeitervertretung sieht die Mitarbeitervertretung ein Verfahren zur Zustimmung der Einstellung als nicht eingeleitet an und weist den Antrag der Dienststellenleitung vorerst zurück.“
Der Antragsgegner stellte am 10. Oktober 1997 Herrn E ein. Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 1997, eingegangen am folgenden Tage, rief die Antragstellerin die Schlichtungsstelle an. Sie hat geltend gemacht, das Mitberatungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden. Daher könne man auch nicht von einer Fiktion der Zustimmung zur Einstellung des Mitarbeiters E seitens der Mitarbeitervertretung ausgehen. Jedenfalls könne der Ist-Stellenplan nach dem Stande vom 23. Oktober 1997, der unter Punkt 9.28 die Position eines arbeitspädagogischen Mitarbeiters ausweise, die mangelnde Information der Mitarbeitervertretung nicht heilen.
Die Antragstellerin hat beantragt
festzustellen, daß eine Einstellung gemäß § 42 a MVG.EKD ohne Zustimmung der Mitarbeitervertretung vollzogen worden ist und diese Maßnahme gemäß § 38 Abs. 1 MVG.EKD unwirksam ist.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat vorgetragen, die Antragstellerin sei ordnungsgemäß informiert worden. So sei bereits im Vorfeld zu dem Antrag vom 6. Oktober 1997 auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, einen pädagogischen Mitarbeiter einzustellen. Weiter habe der Dienststellenleiter bei der persönlichen Aushändigung des Antragsschreibens der Vorsitzenden der Antragstellerin ergänzende Angaben insbesondere zu folgenden Punkten gemacht:
- Bekanntmachung des Jugenddorfes in der interessierten Öffentlichkeit und insbesondere bei in Frage kommenden Unternehmen
- Suche nach Praktikumsplätzen
- Suche nach Arbeitsstellen für Jugenddörfler
- Mitarbeiter-Hospitationen
- Arbeitnehmerüberlassung
- Spendenakquisition
- Entwicklung und Durchführung von Sponsoring-Modellen aller Art
- Suche nach und Durchführung von Dienstleistungsangeboten aller Art
- Suche nach und Durchführung von Produktionskooperationen aller Art
- Entwicklung und Durchführung des Angebots von Ausbildungsverbünden.
Er habe darauf hingewiesen, daß die Bewältigung dieser Aufgaben für das Jugenddorf immer wichtiger werde. Er habe weiter klargestellt, daß die beabsichtigte Einstellung keinen Ersatz für einen damals erkrankten Mitarbeiter darstelle.
Herr E sei gemäß § 38 Abs. 5 MVG.EKD als „Eilmaßnahme“ eingestellt worden, weil seine Funktion für den Antragsgegner wesentlich gewesen sei und er selbst fachlich wie persönlich allen Anforderungen entsprochen habe.
Schließlich sei der beantragten Einstellung seitens der Mitarbeitervertretung nicht substantiiert widersprochen worden. Daher müsse die Zustimmungsfiktion des § 38 Abs. 3 MVG.EKD greifen.
Die Schlichtungsstelle hat den Antrag durch Beschluß vom 4. Dezember 1997 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Antragsgegner habe die Antragstellerin gemäß § 38 Abs. 2 MVG.EKD über die beabsichtigte Maßnahme am 6. Oktober 1997 mündlich und schriftlich informiert und deren Zustimmung erbeten. Er habe damit das Mitbestimmungsverfahren nach § 42 MVG.EKD ordnungsgemäß eingeleitet. Daran ändere sich auch dadurch nichts, daß der Antragstellerin damals nur ein Ist-Stellenplan nach dem Stande vom 4. Juni 1997 vorgelegen habe, der eine Planstelle für einen pädagogischen Mitarbeiter nicht ausgewiesen habe. Entscheidend sei, daß die Mitarbeitervertretung soweit über die beabsichtigte Maßnahme informiert werde, daß sie vollständig prüfen könne, ob ihr mögliche Widerspruchsrechte aus § 41 Abs. 1 MVG.EKD zur Verfügung stünden oder nicht. Insoweit habe die Antragstellerin aber ausreichende Informationen erhalten.
Sofern die Antragstellerin bei Einsicht in den Ist-Stellenplan vom 4. Juni 1997 habe feststellen können, daß keine entsprechende Planstelle für einen arbeitspädagogischen Mitarbeiter vorhanden gewesen sei, habe ihr das Recht zugestanden, vom Antragsgegner zu verlangen, daß er sie weiter informiere und die Angelegenheit mit ihr erörtere. Das sei jedoch unstreitig nicht geschehen. Der Antragsgegner habe die umstrittene Maßnahme nicht als endgültige durchgeführt, sondern lediglich eine vorläufige Maßnahme gemäß § 38 Abs. 5 MVG.EKD getroffen, indem sie Herrn E zum 10. Oktober 1997 eingestellt habe. Über die Voraussetzungen des § 38 Abs. 5 MVG.EKD stritten die Beteiligten jedoch nicht.
Ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften i.S. des § 41 Abs. 1 MVG.EKD sei nicht behauptet und auch nicht erkennbar. Durch den Verfahrensverlauf gelte die Maßnahme des Antragsgegners gemäß § 38 Abs. 3 MVG.EKD inzwischen als gebilligt, weil die Antragstellerin nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen die Zustimmung schriftlich verweigert oder eine mündliche Erörterung beantragt habe.
Gegen den Beschluß der Schlichtungsstelle hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 29. Januar 1998 Beschwerde eingelegt und diese mit Anwaltsschriftsatz vom 19. März 1998 begründet. Sie trägt vor:
Es handele sich nicht um einen Fall des § 60 Abs. 4 MVG.EKD mit der Folge der abschließenden Entscheidung durch die Schlichtungsstelle. Vorliegend habe die Schlichtungsstelle den Antrag nicht deshalb zurückgewiesen, weil sie festgestellt habe, daß für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung vorliege, sondern deshalb, weil die Maßnahme gemäß § 38 Abs. 3 MVG.EKD inzwischen als gebilligt gelte, weil die Antragstellerin nicht innerhalb von zwei Wochen die Zustimmung schriftlich verweigert oder eine mündliche Erörterung verlangt habe. Nach dem Antrag der Antragstellerin gehe es nicht darum, daß die Mitarbeitervertretung nach ordnungsgemäß eingeleitetem Mitbestimmungsverfahren die Zustimmung zu Unrecht verweigert habe, sondern darum, daß mangels ordnungsgemäß eingeleiteten Verfahrens die Maßnahme ohne weiteres nach § 38 Abs. 1 MVG.EKD unwirksam sei.
Die Schlichtungsstelle sei grob rechtsirrig von einem ordnungsgemäß eingeleiteten Zustimmungsverfahren ausgegangen und zu einem unrichtigen Ergebnis gelangt. Das müsse einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sein.
Es liege noch gar kein wirksamer Zustimmungsantrag vor, so daß es sich nicht um einen Fall des § 42, sondern um einen solchen des § 38 MVG.EKD handele.
Einen förmlichen Antrag hat die Beschwerdeführerin nicht angekündigt.
Der Beschwerdegegner hat den Antrag angekündigt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die Beschwerde für nicht zulässig, jedenfalls aber für nicht begründet. Dazu wiederholt und vertieft er seinen bisherigen Vortrag.
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten, insbesondere wegen aller Einzelheiten, wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist nicht statthaft. Sie mußte daher verworfen werden (§ 16 VGG.EKD, § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, nachdem die Beschwerdeführerin zur Frage der Statthaftigkeit angehört worden ist (§ 125 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3, § 101 Abs. 3 VwGO).
Nach § 42 Buchst. a) MVG.EKD hat die Mitarbeitervertretung bei der Einstellung von privatrechtlich angestellten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht. Sie darf die erforderliche Zustimmung jedoch nur versagen, wenn einer der in § 41 Abs. 1 Buchst. a) bis c) MVG.EKD aufgeführten Gründe vorliegt. Kommt eine Einigung zwischen den Beteiligten nicht zustande, kann die Dienstgeberseite die Schlichtungsstelle anrufen (§ 41 Abs. 3, § 38 Abs. 4 MVG.EKD). Diese hat dann nach § 60 Abs. 4 Satz 1 MVG.EKD zu prüfen und festzustellen, ob für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 vorliegt. Stellt die Schlichtungsstelle fest, daß für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung vorliegt, gilt die Zustimmung als ersetzt (Satz 2). Die Entscheidung der Schlichtungsstelle ist endgültig, ein Rechtsmittel gegen ihren Beschluß ist nicht gegeben (§ 60 Abs. 4 Satz 3 in Verbindung mit § 63 Abs. 1 MVG.EKD).
Die gleiche Rechtsfolge der abschließenden, nicht rechtsmittelfähigen Entscheidung tritt ein, wenn die Schlichtungsstelle nicht von der Dienststellenleitung, sondern - wie hier - von der Mitarbeitervertretung angerufen wird mit dem Antrag, eine der eingeschränkten Mitbestimmung unterliegenden Einstellung als unwirksam festzustellen. Denn in jedem Falle geht es um den Bereich der eingeschränkten Mitbestimmung nach § 42 MVG.EKD. Der Gesetzgeber hat für alle aus diesem Bereich entspringenden Streitigkeiten nur eine Instanz zur Konfliktlösung vorgesehen, wie § 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD ausdrücklich bestimmt und wie es weiter im Umkehrschluß aus § 63 Abs. 1 Buchst. d) MVG.EKD hervorgeht. Die abschließende Entscheidung der Schlichtungsstelle umfaßt nicht nur die Fälle, in denen die Zustimmung seitens der Mitarbeitervertretung verweigert worden ist, sondern auch diejenigen, in denen die Mitarbeitervertretung sich nicht innerhalb von zwei Wochen geäußert oder eine Erörterung verlangt hat.
Zu der Prüfung „in den Fällen des § 42“ (§ 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD) gehört auch die Untersuchung, ob das Zustimmungsverfahren ordnungsgemäß im Sinne des § 38 Abs. 2 MVG.EKD eingeleitet worden ist. Diese Untersuchung stellt nur einen Teil der der Schlichtungsstelle obliegenden Gesamtprüfung dar. Eine andere Betrachtungsweise müßte dazu führen, daß jede Streitigkeit aus dem Bereich des § 41 mit der Behauptung, das Zustimmungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden, in die Beschwerdeinstanz getragen werden könnte. Das stünde jedoch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, wie er aus § 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD hervorgeht, entgegen.
Im Streitfall hat die Schlichtungsstelle den ihr vorgetragenen Sachverhalt geprüft und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß die Antragstellerin die erforderliche Informationen erhalten hat und daß die umstrittene Maßnahme als gebilligt anzusehen ist. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar, wie § 60 Abs. 4 Satz 3 MVG.EKD ausdrücklich bestimmt. Ob der Schlichtungsstelle bei ihrer Prüfung ein Subsumtionsfehler unterlaufen ist (wie die Beschwerdeführerin meint) oder nicht, entzieht sich der Rechtskontrolle durch das Verwaltungsgericht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 Abs. 2 VGG.EKD, die Entscheidung über den Gegenstandswert aus § 8 Abs. 2 BRAGO.