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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:01.03.2003
Aktenzeichen:VerwG.EKD I-0124/G9-02 + I-0124/G10-02
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 11 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 2, MVWahlO § 1 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Satz 3, § 8 Abs. 5 Satz 1
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen in Münster (Westf.), Az.: 2 M 105/01; Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 2/04, S. 93; Rechtsprechungsbeilage zum Amtsblatt der EKD 2003, S. 34
Schlagworte:Wahlanfechtung - Wahlgeheimnis, Wahlbekanntmachung
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Leitsatz:

1. Der Wahlvorstand muss bei der Urnenwahl durch Bereitstellen von Wahlkabinen oder Sichtschirmen im Wahllokal sicherstellen, dass die unbeobachtete Kennzeichnung der Stimmzettel gewährleistet ist.
2. Verfügt eine Dienststelle über eine Vielzahl örtlich getrennter Einrichtungen, so liegt eine ordnungsgemäße Bekanntgabe der Wahlausschreiben nicht schon darin, dass es mit der (Haus-)post zwecks Aushangs in den verschiedenen Einrichtungen versandt wird. Vielmehr hat der Wahlvorstand den Aushang der Wahlausschreiben an allen in Frage kommenden Plätzen sicherzustellen.
3. Müssen mehrere Wahllokale eingerichtet werden, so kann die Wahl auch in der Weise durchgeführt werden, dass der Wahlvorstand die Wahl in den Wahllokalen nicht zeitgleich, sondern zeitlich gestaffelt durchgeführt und er die Wahlurne unter seiner Obhut von Wahllokal zu Wahllokal "wandern" lässt.

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen in Münster (Westf.) vom 1. März 2002 - 2 M 105/01 - abgeändert.
2. Das Ergebnis der Wahl vom 4. Dezember 2001 wird für ungültig erklärt. Die Wiederholung der Wahl wird angeordnet.
3. Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen.
4. Der Verfahrenswert beträgt 4.000,- EURO.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Wahlanfechtung darüber, ob anlässlich der Wahl zur Mitarbeitervertretung im Dezember 2001 gegen wesentliche Bestimmungen über das Wahlverfahren verstoßen wurde.
Antragsteller und Beschwerdeführer sind wahlberechtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in verschiedenen Einrichtungen der Gesellschaft A beschäftigt sind.
Die Gesellschaft A befasst sich mit Arbeitslosen- und Jugendhilfeprojekten. Daneben fördert sie die Kulturarbeit zu einem besseren Verständnis von Menschen unterschiedlicher Nationalität und unterschiedlichen Glaubens. Zu diesem Zweck unterhält sie als eine einheitliche Dienststelle insgesamt 32 Einrichtungen, verteilt auf die 5 Städte. Darüber hinaus hält sie Tochtergesellschaften in Form eigenständiger Dienststellen.
Am 4. Dezember 2001 wurde für die 32 Einrichtungen der Dienststelle eine neue, aus sieben Mitgliedern bestehende Mitarbeitervertretung gewählt. Zu diesem Zweck wurden in zwei Orten je ein Wahllokal eingerichtet. Im Wahlausschreiben vom 6. November 2001 ist eine Hausnummer zunächst zutreffend angegeben worden. Diese Anschrift änderte sich jedoch kurzfristig, ohne dass der Wahlvorstand diese Änderung noch einmal ausdrücklich bekannt gemacht hätte. Wegen der Einzelheiten des Wahlausschreibens wird ergänzend auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Der Wahlvorstand gab das Wahlergebnis mit Aushang vom 5. Dezember 2001 bekannt. Von den insgesamt 203 wahlberechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden 98 gültige Stimmen abgegeben, die sich in alphabetischer Reihenfolge wie folgt verteilen:
Herr F 38
Frau G 26
Herr H 42
Herr I 35
Herr J 35
Herr K 52
Herr L 34
Hinsichtlich der Ersatzmitglieder ergab die Auszählung:
Herr M 24
Herr N 25
Frau O 22
Herr P 11
Frau R 23
Herr S 26
Bereits mit Schreiben vom 13. Dezember 2001, eingegangen bei der Schlichtungsstelle am selben Tag, haben einige der Antragsteller die Wahl angefochten.
Am 17. Dezember 2001 ging ein weiteres Anfechtungsschreiben (vom 14. Dezember 2001) bei der Schlichtungsstelle ein, das von weiteren Antragstellern unterzeichnet ist.
Zuvor hatte außerdem eine weitere Antragstellerin mit einem am 14. Dezember 2001 eingegangenen Schreiben vom 13. Dezember 2001 die Wahl angefochten. Ihrer Anfechtung hatte sie eine mit acht weiteren Unterschriften versehene Liste mit dem Hinweis "Unterschriftenliste der Befürworter der Wahlanfechtung" beigefügt.
Die Antragstellerinnen und Antragsteller haben (mit ihren bis zum 17. Dezember 2001 eingegangenen Anfechtungsschreiben) im wesentlichen gerügt, dass
- zusätzlich ein dritter Stimmbezirk hätte eingerichtet werden müssen,
- auf dem Stimmzettel Personen aufgeführt worden seien, die am Wahltag nicht mehr kandidiert hätten,
- die Wahlberechtigung nicht hinreichend überprüft worden sei,
- das Wahlgeheimnis wegen des Fehlens von Sichtblenden bzw. Wahlkabinen nicht ausreichend gewahrt worden sei,
- der Wahlvorstand die Wahlberechtigten über Wahl, Wahlverfahren und Möglichkeit der Briefwahl durch bloße Aufgabe zur Hauspost nicht ordnungsgemäß informiert habe.
Die Antragstellerinnen und Antragsteller haben beantragt,
das Ergebnis der Wahl der Mitarbeitervertretung vom 4. Dezember 2001 für ungültig zu erklären und die Wiederholung der Wahl anzuordnen.
Die Mitglieder der neugewählten Mitarbeitervertretung und die Dienststellenleitung haben keine Anträge gestellt.
Die Schlichtungsstelle hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung zweier Zeuginnen durch Beschluss vom 1. März 2002 den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Der Wahlvorstand habe nicht gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen. Es habe in seinem pflichtgemäßen Ermessen gelegen, keinen dritten Stimmbezirk einzurichten. Zur Information über die Wahlberechtigung und die Möglichkeit einer Briefwahl hätten sich aus dem Wahlausschreiben die zutreffenden Hinweise ergeben. Dass auf dem Stimmzettel noch eine Person aufgeführt worden sei, die nicht mehr zur Verfügung gestanden habe, mache die Wahl nicht anfechtbar. Die Frage, wie der Wahlvorstand zu verfahren habe, wenn ein Wahlbewerber kurz vor dem Wahltermin ausscheide, sei in der Wahlordnung nicht geregelt. Gewichtige Gründe sprächen sowohl für die Streichung als auch für das Stehenlassen des ursprünglichen Wahlbewerbers. Zu einer doppelten Stimmabgabe sei es nicht gekommen. Das habe laut Aussage eine der Zeuginnen ein Vergleich der Handzeichen auf den geführten Listen ergeben. Es sei auch nicht gegen das Wahlgeheimnis verstoßen worden. Zwar habe der Wahlvorstand zu gewährleisten, dass das Ausfüllen des Stimmzettels unbeobachtet erfolge. In Anbetracht der Größe der Wahlräume sei der Grundsatz der geheimen Wahl gerade noch beachtet worden. Weil den Wahlberechtigten offensichtlich bewusst gewesen sei, wo genau sich das Wahllokal befunden habe, sei die falsche Angabe der Hausnummer im Wahlausschreiben unerheblich. Die Rüge, das Wahlausschreiben sei nicht in geeigneter Weise bekannt gemacht worden, erweise sich letztlich ebenfalls als nicht begründet.
Wegen der weitergehenden Beschlussgründe wird ergänzend auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Die Antragsteller und Beschwerdeführer haben ihre mit Schriftsatz vom 16. April 2002 eingelegte Beschwerde, die am 17. April 2002 eingegangen ist, mit weiterem Schriftsatz vom 30. April 2002, eingegangen am 2. Mai 2002, wie folgt begründet:
Entgegen der Auffassung erster Instanz sei bei der Wahl vom 4. Dezember 2001 gegen wesentliche Bestimmungen des Wahlverfahrens verstoßen worden. Das Fehlen einer Wahlkabine bzw. einer Sichtblende in den Wahlräumen stelle einen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis dar. Bei gleichzeitiger Anwesenheit von etwa fünf Wahlberechtigten zur Hauptwahlzeit habe der Stimmzettel nicht mehr unbeobachtet ausgefüllt werden können. Das müsse jedenfalls hinsichtlich des lediglich 30 Quadratmeter großen Wahlraums gelten.
Hauptanfechtungsgrund bleibe jedoch die mangelnde Information über die Wahl, insbesondere das Wahlverfahren und die Möglichkeit der Briefwahl. Sei hinsichtlich des einen eingerichteten Wahllokals wegen fehlerhafter Angabe der Hausnummer im Wahlausschreiben die Möglichkeit nicht auszuschließen gewesen, dass angereiste Wahlberechtigte den Wahlraum nicht haben finden können (die Wahlbeteiligung bei ihnen besonders gering ausgefallen), so könne die Bekanntmachung des Wahlausschreibens über die Hauspost nicht als ordnungsgemäße Bekanntmachung angesehen werden. Die Versendung der Hauspost erfolge in der Weise, dass eigene Beschäftigte ein- bzw. zweimal pro Woche zwischen den insgesamt 32 Einrichtungen pendelten. Das Wahlausschreiben sei in zwei Einrichtungen nicht angekommen. Im übrigen habe eine Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten an der Wahl nur teilnehmen können, weil sie zufällig von der am 4. Dezember 2001 stattfindenden Wahl erfahren hätten. Angesichts der besonderen Anforderungen an die Sorgfalt des Wahlvorstands könne die bloße Übergabe der Wahlausschreiben an die Hauspost nicht als eine Zusendung des Wahlausschreibens i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 2 Ordnung über die Wahl von Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche von Westfalen (MVWahlO) angesehen werden. Es wäre zumutbar gewesen, die Wahlunterlagen eigenhändig in jeder der 32 Einrichtungen abzugeben. So sei es auch in der Vergangenheit gehandhabt worden.
Die Beschwerdeführer haben folgenden Antrag angekündigt,
den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen in Münster (Westf.) vom 1. März 2002 - 2 M 105/01 - abzuändern, das Ergebnis der Wahl vom 4. Dezember 2001 für ungültig zu erklären und die Wiederholung der Wahl anzuordnen.
II. Über die Beschwerden war ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss der Kammer zu entscheiden (§ 16 VGG.EKD, § 130a VwGO), und zwar einheitlich nach Verbindung der Verfahren I-0124/G9-02 und
I-0124/G10-02 zur gleichzeitigen Beratung und Entscheidung durch Beschluss vom 29. Oktober 2002.
III. Die Beschwerden sind nach § 63 Abs. 1 Buchst. f MVG.EKD statthaft und, weil sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden sind, auch im übrigen zulässig. Sie sind auch begründet. Bei der Wahl vom 4. Dezember 2001 ist gegen wesentliche Bestimmungen über das Wahlverfahren verstoßen worden, nämlich gegen den Grundsatz der geheimen Wahl und der ordnungsgemäßen Bekanntgabe des Wahlausschreibens. Das Wahlergebnis war daher nach § 14 Abs. 2 MVG.EKD für ungültig zu erklären und die Wiederholung der Wahl anzuordnen.
1. Der Wahlvorstand hat bei der Wahl vom 4. Dezember 2001 nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise für die Einhaltung des Wahlgeheimnisses gesorgt. Es fehlte in beiden eingerichteten Wahlräumen an geeigneten Vorkehrungen, um die Geheimhaltung des eigentlichen Vorgangs des Wählens zu sichern.
a) Die Mitglieder der Mitarbeitervertretung werden nach § 11 Abs. 1 Satz 1 MVG.EKD in gleicher, freier, geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt. Dem Wahlgeheimnis kommt eine hohe Bedeutung zu. Der Grundsatz der geheimen Wahl schließt nicht nur eine öffentliche Stimmabgabe, beispielsweise durch Handaufheben oder durch Zuruf, aus. Unvereinbar mit dem Wahlgeheimnis ist vielmehr auch die bloße Möglichkeit, den Wahlberechtigten beim Ausfüllen des Stimmzettels zu beobachten, ihm beim eigentlichen Wahlvorgang gleichsam über die Schulter zu schauen. Der kirchliche Gesetzgeber hat deshalb in § 8 Abs. 5 Satz 1 der MVWahlO bestimmt, dass die unbeobachtete Kennzeichnung der Stimmzettel zu gewährleisten ist.
Der hohe Wert des Wahlgeheimnisses erhellt sich auch daraus, dass in einem Rechtsstreit darüber, welche Liste oder Person der einzelne Arbeitnehmer gewählt hat, diesem ein Zeugnisverweigerungsrecht zuerkannt wird und dass jegliches Ausforschen, vor allem jede gerichtliche Nachprüfung, wie jemand gewählt hat, unzulässig ist (vgl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., Rdnr. 15 sowie Thüsing in Richardi, BetrVG, 8. Aufl., Rdnr. 15; beide zu §14 und mwN).
Verantwortlich für die Durchführung der Wahl ist der Wahlvorstand. Er hat daher, um die unbeobachtete Kennzeichnung der Stimmzettel zu gewährleisten, diejenigen organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Geheimhaltung des eigentlichen Wahlvorgangs zu sichern. Grundsätzlich kann das unbeobachtete Ausfüllen des Stimmzettels nur durch Bereitstellen abgeschirmter Schreibgelegenheiten sichergestellt werden, mithin dadurch, dass entweder eine Wahlkabine eingerichtet oder aber zumindest als Sichtblende ein Wandschirm aufgestellt wird. Darüber hinaus hat der Wahlvorstand auch während der Stimmabgabe darüber zu wachen, dass der Wahlberechtigte den Stimmzettel auch wirklich unbeobachtet ausfüllen kann.
b) Im vorliegenden Fall gab es weder Wahlkabinen noch abgeschirmte Schreibgelegenheiten. Der Wahlvorstand hatte unstreitig keine speziellen Maßnahmen für die unbeobachtete Stimmabgabe getroffen. Er hatte Tische aufgestellt, an denen die wahlberechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Stimmzettel ausfüllen konnten. Darin kann aber nicht die nach § 8 Abs. 5 Satz 1 MVWahlO erforderliche organisatorische Maßnahme gesehen werden. Fehlt es aber an einer solchen, ist der Wahlvorstand seiner Aufgabe zum Schutz des Wahlgeheimnisses nicht gerecht geworden. Mangels einer abgeschirmten Schreibgelegenheit bestand jederzeit zumindest die Möglichkeit, den eigentlichen Wahlvorgang zu beobachten, also dem Stimmberechtigten bei der Stimmabgabe gleichsam über die Schulter zu schauen. Weil mithin keine geeigneten organisatorischen Maßnahmen zur Wahrung des Wahlgeheimnisses getroffen worden waren und weil auch nicht erkennbar ist, dass der Wahlvorstand während der Stimmabgabe darüber gewacht hat, dass der Stimmzettel unbeobachtet ausgefüllt werden konnte, erweist sich die Beschwerde insoweit als begründet. Für die Entscheidung kam es deshalb auf die Größe der Wahlräume und damit auf die Anzahl und Platzierung der Tische sowie insoweit auf die weitere Frage, wie viele Wahlhelfer und Wahlberechtigten jeweils gleichzeitig anwesend waren, nicht mehr an. Entscheidend ist, dass es zwecks Wahrung des Wahlgeheimnisses an geeigneten Vorkehrungen fehlte und dass der Wahlvorstand damit das Wahlgeheimnis nicht ausreichend zu gewährleisten vermochte.
2. Ein Verstoß gegen eine wesentliche Bestimmung des Wahlverfahrens liegt ferner darin, dass der Wahlvorstand das Wahlausschreiben nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht hat.
a) Das Wahlausschreiben ist nach § 5 Abs. 1 Satz 3 MVWahlO in geeigneter Weise bekannt zumachen. Das hat nach Satz 4 dieser Vorschrift gegenüber auswärtig Beschäftigten durch Zusendung zu geschehen. Was als eine geeignete Weise der Bekanntmachung anzusehen ist und in welcher Weise die Zusendung des Wahlausschreibens an auswärtig Beschäftigte zu erfolgen hat, lässt sich nicht generell abstrakt sagen. Entscheidend ist letztlich der Normzweck, nämlich sicherzustellen, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kenntnis vom Inhalt des Wahlausschreibens erhalten, damit sie das ihnen garantierte Wahlrecht ausüben, also ihre Stimme den von ihnen für geeignet gehaltenen Wahlbewerberinnen und -bewerbern geben können.
Vorliegend verfügt die Dienststelle über insgesamt 32 Einrichtungen, die sich vorwiegend auf zwei Städte, im übrigen auf drei weitere Städte verteilen. Das vom Wahlvorstand praktizierte Verfahren, nämlich entsprechend viele Exemplare des Wahlausschreibens vom 6. November 2001 an die einzelnen Einrichtungen zu adressieren und sie der Hauspost zur Beförderung zu übergeben, ist nicht generell ungeeignet. Entscheidend kann nämlich immer nur sein, ob auf die vom Wahlvorstand gewählte Weise eine ordnungsmäßige Bekanntgabe des Wahlausschreibens sicherzustellen ist, wenn es sich auch in der Regel empfehlen dürfte, ein Mitglied des Wahlvorstands oder einen Wahlhelfer die einzelnen Einrichtungen aufsuchen zu lassen, um am Schwarzen Brett einer jeden Einrichtung eigenhändig je ein Wahlausschreiben anzubringen. Die Benutzung des Intranets der Dienststelle zwecks Bekanntgabe des Wahlausschreibens hätte in Betracht gezogen werden können, wenn der entsprechende Zugriff subjektiv und objektiv sämtlichen Wahlberechtigten tatsächlich möglich gewesen wäre, wovon jedoch hier nicht auszugehen war.
Fehlt es überhaupt an einer Bekanntgabe des Wahlausschreibens, ist die nachfolgende Wahl nach § 14 MVG.EKD anfechtbar. Zu demselben Ergebnis führt die nicht ordnungsgemäße Bekanntgabe des Wahlausschreibens (vgl. für den Bereich der Betriebsverfassung: BAG 27. April 1976, AP Nr. 4 zu § 19 BetrVG 1972 sowie Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, aaO, Rdnr. 22 zu § 19).
b) Danach war festzustellen, dass die Bekanntgabe des Wahlausschreibens vom 6. November 2001 nicht ordnungsgemäß gewesen ist.
Aufgrund des unwidersprochenen Vorbringens einer der Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung vor der Schlichtungsstelle ist in einer Einrichtung kein Wahlausschreiben angekommen. Das gilt nach der ebenfalls unwidersprochenen Erklärung eines weiteren Antragstellers auch für eine andere Einrichtung. Dann aber musste davon ausgegangen werden, dass sich die Übergabe der Wahlausschreiben an die Hauspost als Mittel der Bekanntgabe als nicht geeignet erwies. Es fehlt deshalb an einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe des Wahlausschreibens i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 3 MVWahlO. Bereits der Umstand, dass das Wahlausschreiben zwei Einrichtungen der Dienststelle nicht erreichte, rechtfertigt den Schluss, dass mittels der vorhandenen Hauspost das Wahlausschreiben nicht in geeigneter Weise bekannt gemacht werden konnte.
3. Das Wahlergebnis war auch deshalb für ungültig zu erklären, weil das Wahlausschreiben die Anschrift eines der Wahlräume fehlerhaft angegeben hatte bzw. der Wahlvorstand die spätere Adressenänderung nicht hinreichend bekannt gemacht hatte. Darin liegt ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Buchst. b MVWahlO. Die Schlichtungsstelle hat dies für unschädlich gehalten und angenommen, offensichtlich hätten die für diesen Wahlraum vorgesehenen auswärtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewusst, wo genau sich das Wahllokal befunden habe. Diese Annahme setzt voraus, dass im Anfechtungsverfahren diese Annahme tragende Tatsachen festgestellt worden wären, zum Beispiel, dass allen für das eine Wahllokal vorgesehenen Wählerinnen und Wähler, die keine Briefwahlunterlagen abgefordert haben, zumindest die Wahlunterlagen in dem für sie vorgesehenen Wahllokal ausgehändigt worden seien. Daran fehlt es hier. Die Annahme der Schlichtungsstelle lässt sich auch im zweiten Rechtszug auf im Anfechtungsverfahren mitgeteilte Umstände nicht stützen.
4. Die Wahl war für unwirksam zu erklären. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die festgestellten Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften geeignet waren, das Wahlergebnis zu beeinflussen.
a) Diese Voraussetzung ergibt sich aus § 14 MVG.EKD. In Absatz 2 dieser Vorschrift heißt es, dass die Wahl für ungültig zu erklären ist, wenn die Schlichtungsstelle feststellt, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis beeinflusst oder geändert werden konnte.
Die Wahl einer Mitarbeitervertretung darf mithin nur für unwirksam erklärt werden, wenn die festgestellten Wahlverstöße Einfluss auf das Wahlergebnis haben konnten. Die Wahlanfechtenden haben zunächst die Umstände zu bezeichnen, aus denen die Ungültigkeit der Wahl folgen soll. Ist dies geschehen, so ist aufzuklären, inwieweit die Umstände vorgelegen haben oder nicht. Dazu haben alle Beteiligten eines Wahlanfechtungsverfahrens beizutragen. Bleibt die Wirkung festgestellter Umstände auf das Wahlergebnis tatsächlich umstritten, so hat nicht der Anfechtende nachzuweisen, dass eine Beeinflussung des Wahlergebnisses durch den Verstoß möglich gewesen ist, sondern die objektive Beweislast dafür, dass dies nicht der Fall sein konnte, liegt insoweit bei denen, die die Wahl als gültig verteidigen (vgl. BAG 2. März 1955 - 1 ABR 19/54 - BAGE 1,317, 322).
b) Jeder der vorliegend festgestellten Verfahrensverstöße für sich allein war geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Dies folgt hier bereits aus dem Umstand, dass auf die zum Mitglied der Mitarbeitervertretung gewählte Frau G und auf den nur als Ersatzmitglied gewählten Herrn S jeweils 26 gültige Stimmen entfielen. Zwischen ihnen musste das Los entscheiden (§ 10 Abs. 4 Satz 2 MVWahlO). Frau F ist allerdings inzwischen als Mitarbeiterin ausgeschieden, während Herr G sein Amt als Nachrücker nunmehr ausgeschlagen hat. Dadurch ändert sich aber im Ergebnis nichts daran, dass bereits durch eine einzige weitere oder anders abgegebene Stimme das Wahlergebnis sich hätte verändern können, zumal ihnen mit der nächst höheren Stimmenzahl mit 25 und 24 Stimmen zwei Mitglieder folgen.
5. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahingestellt bleiben, ob ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften angesichts der räumlichen Verteilung der Dienststellenteile darin liegt, dass nicht auch ein weiteres Wahllokal eingerichtet worden ist. Zwar setzt der Umstand, dass der Wahlvorstand aus drei Mitgliedern besteht (§ 1 Abs. 2 MVWahlO) und die Wahl in Anwesenheit von mindestens zwei Mitgliedern des Wahlvorstands stattzufinden hat (§ 8 MVWahlO) der Bildung einer Vielzahl von Wahllokalen Grenzen. Indessen kann dem dadurch begegnet werden, dass die Wahl in den verschiedenen Wahllokalen nicht zeitgleich, sondern zeitversetzt durchgeführt wird und der Wahlvorstand die Wahlurne dementsprechend von Wahllokal zu Wahllokal unter seiner Obhut "wandern" lässt. Können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei solcher Organisation aus dienstlichen oder persönlichen Gründen nicht zur Wahl kommen, so können sie Briefwahl ausüben (§ 9 MVWahlO).
Nach allem war die angefochtene Entscheidung antragsgemäß abzuändern und insbesondere die Wiederholung der Wahl vom 4. Dezember 2001 anzuordnen.
IV. Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen (§ 13 VGG.EKD).
Der Gegenstandswert war nach § 8 Abs. 2 BRAGO festzusetzen.