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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:10.01.2003
Aktenzeichen:VerwG.EKD I-0124/G19-02
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 42 Buchst. c , § 41 , § 60 Abs. 4
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem MVG der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster, Az.: 2 M 108/01; Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 3/04, S. 138
Schlagworte:Übergangsregelungen zu BA-Vergütungsgruppen des BAT-KF (RWL)
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Leitsatz:

Die Anwendung der Übergangsregelung zur Einführung der BA-Vergütungsgruppen in den BAT-KF (RWL) fällt nicht unter § 42 Buchst. c MVG.EKD.

Tenor:

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer - vom 5. Juli 2002 - 2 M 108/01 - wird zurückgewiesen.
2. Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen.
3. Der Verfahrenswert zur Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren wird auf 8.000,- € festgesetzt.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der beschwerdeführenden Mitarbeitervertretung anlässlich der Umsetzung der ab 1. Januar 2002 in den BAT-KF eingeführten Vergütungsgruppen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in besonderen Arbeitsbereichen (BA-Vergütungsgruppen, BA-Gruppen) unter dem Gesichtspunkt der Umgruppierung das eingeschränkte Mitbestimmungsrecht nach § 42 Buchst. c, § 41 MVG.EKD zusteht.
Am 5. Oktober 2001 hat die Arbeitsrechtliche Kommission (ARK-RWL) eine Arbeitsrechtsregelung für die Vergütung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in besonderen Arbeitsbereichen und zur Änderung der Altersteilzeitordnung beschlossen; sie ist am 21. Dezember 2001 bekannt gemacht worden und am 1. Januar 2002 in Kraft getreten (KABl.Westfalen 2001 Nr. 13 S. 396, 400, 401). Der Abschnitt 1 § 9 (Übergangsbestimmungen) Abs. 2 dieser Arbeitsrechtsregelung lautet:
"Für Arbeiterinnen und Arbeiter mit einem Lohn nach den Bestimmungen des Lohngruppenverzeichnisses zum MTArb-KF, die durch § 8 dieser Arbeitsrechtsregelung gestrichen werden, gilt, wenn sie am 31. Dezember 2001 in einem Arbeitsverhältnis nach dem MTARb-KF und den ihn ergänzenden Arbeitsrechtsregelungen stehen und am 1. Januar 2002 weiterbeschäftigt werden, ab 1. Januar 2002 Folgendes:
1. Sie sind Angestellte in einem Arbeitsverhältnis nach dem BAT-KF und den ihn ergänzenden Arbeitsrechtsregelungen. Die bisher in der Lohngruppe 1 oder 1a eingruppierten Arbeiterinnen und Arbeiter sind in der Vergütungsgruppe BA 1 eingruppiert. Die bisher in der Lohngruppe 2, 2a oder 3 eingruppierten Arbeiterinnen und Arbeiter sind in der Vergütungsgruppe BA 2 eingruppiert.
2. Absatz 1 findet entsprechende Anwendung."
Im genannten Absatz 1 ist eine Ausgleichszulage für den Fall der Verringerung der monatlichen Bezüge infolge der Umstellung auf die BA-Vergütungsgruppen geregelt.
Am 19. April 2002 hat die ARK-RWL eine weitere Arbeitsrechtsregelung zur Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts beschlossen; sie ist am 28. Juni 2002 bekannt gemacht worden (KABl.Westfalen 2002 Nr. 7 S. 167, 172). Deren § 9 lautet unter der Überschrift "Änderung der Übergangsbestimmungen zur Einführung der BA-Vergütungsregelungen" wie folgt:
"Die Arbeitsrechtsregelung für die Vergütung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in besonderen Arbeitsbereichen und zur Änderung der Altersteilzeitordnung vom 5. Oktober 2001 wird in Abschnitt 1 § 9 - Übergangsbestimmungen zur Einführung der BA-Vergütungsregelungen - wie folgt geändert:
1. Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a) Folgende neue Nr. 1 wird eingefügt:
"1. Angestellte, die bis 31. Dezember 2001 nach einem Tätigkeitsmerkmal, das durch § 2 dieser Arbeitsrechtsregelung gestrichen ist,
a) in die Vergütungsgruppen X BAT-KF eingruppiert waren, sind ab 1. Januar 2002 in die Vergütungsgruppe BA 1 BAT-KF eingruppiert,
b) in die Vergütungsgruppe IX, IX a oder VIII BAT-KF eingruppiert waren, sind ab 1. Januar 2002 in die Vergütungsgruppe BA 2 eingruppiert.
b) Die bisherigen Nrn. 1 bis 3 werden die Nrn. 2 bis 4.
2. In Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:
"Dabei erhöhen sich die Ausgleichszulage um den Betrag, um den sich infolge der Gewährung des Sozialzuschlags nach § 29a Satz 2 BAT-KF der Familienzuschlag oder Ortszuschlag der Ehegattin oder des Ehegatten durch die Anwendung der Konkurrenzbestimmungen vermindert."
Die Regelung des § 9 ist rückwirkend zum 1. Januar 2002 in Kraft getreten (§ 10 Arbeitsrechtsregelung vom 19. April 2002).
Mit Schreiben vom 11. Dezember 2001 forderte die Antragstellerin die beteiligte Dienststellenleitung auf, für alle von der Einführung der BA-Gruppen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Einzelmitbestimmungsverfahren einzuleiten. Die Dienststellenleitung lehnte es mit Schreiben vom 17. Dezember 2001 ab, die Antragsteller nach § 42 Buchst. c MVG.EKD zu beteiligen, weil es sich bei der Umstellung auf die BA-Gruppen um die Umsetzung einer Änderung des geltenden Tarifrechts handele.
Am 20. Dezember 2001 rief die Antragstellerin die Schlichtungsstelle an. Sie meint, sie sei anlässlich der Einführung der BA-Gruppen in der Dienststelle nach § 42 Buchst. c MVG.EKD unter dem Gesichtspunkt der Umgruppierung in jedem der als Anlage 3 zur Antragsschrift beigefügten Liste mit 234 Einzelfälle zu beteiligten. Sie hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass die Antragstellerin bezüglich der Umgruppierung der in der Anlage 3 aufgeführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Lohngruppen 1, 1 a und 2 sowie 2 a und 3 des MTArb-KF bzw. den Vergütungsgruppen X, IX (irrtümlich: XI) und IX a BAT-KF in die sog. BA-Gruppen mitzubestimmen hat,
2. festzustellen, dass die ohne vorherige Zustimmung vorgenommene Eingruppierung der in Anlage 3 aufgeführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die BA-Gruppen unwirksam ist.
Ihren angekündigten Hilfsantrag zu 2) hat die Antragstellerin fallen gelassen.
Die Dienststellenleitung hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Hinsichtlich des zudem von ihr gestellten Antrags, die Zustimmung der Antragstellerin zur Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die BA-Gruppen zu ersetzen, ist das Verfahren abgetrennt worden; es wird vor der Schlichtungsstelle unter dem Aktenzeichen 2 M 71/02 geführt.
Die Schlichtungsstelle hat die Anträge der Antragstellerin im Beschluss vom 5. Juli 2002 abgewiesen. Gegen diesen ihr am 16. Juli 2002 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 16. August 2002 eingegangenen Beschwerde.
Sie macht geltend, die Beschwerde sei nach § 63 Abs. 1 Buchst. a MVG.EKD statthaft, weil es um die grundsätzliche Frage gehe, ob der Mitarbeitervertretung das Mitbestimmungsrecht nach § 42 Buchst. c MVG.EKD zustehe, nicht aber um die Frage der Durchführung der Mitbestimmung im Einzelfall. In der Sache selbst vertieft sie unter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie beantragt,
1. in Abänderung des angefochtenen Schlichtungsspruches nach den Anträgen der Beschwerdeführerin aus der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2002 zu entscheiden,
2. der Beschwerdegegnerin die Kosten für den Rechtsbeistand der Beschwerdeführerin aufzuerlegen.
Die Dienststellenleitung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hält sie im Hinblick auf § 60 Abs. 4 MVG.EKD für nicht statthaft und verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens den angefochtenen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in beiden Rechtszügen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Verhandlungsniederschrift und den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
II. Über die Beschwerde war ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 16 VGG.EKD, § 130a VwGO).
1. Die Beschwerde ist hinsichtlich des erstinstanzlichen Antrags zu 1 statthaft (§ 63 Abs. 1 Buchst. a MVG.EKD) und zulässig, jedoch nicht begründet. Die Schlichtungsstelle hat den erstinstanzlichen Antrag zu 1 zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. Zwar steht der Mitarbeitervertretung nach § 42 Buchst. c MVG.EKD bei jeder von der Dienststelle vorzunehmenden Umgruppierung das eingeschränkte Mitbestimmungsrecht (§ 41 MVG.EKD) zu. Für den Bereich der säkularen Mitbestimmung nach § 99 BetrVG ist entschieden worden, dass dieses Recht nicht durch eine tarifvertragliche Regelung eingeschränkt werden kann (vgl. LAG Düsseldorf 31. Juli 1992 - 17 TaBV 72/92 - LAGE BetrVG 1972 99 Nr. 44). Die darin enthaltenen Bezugnahmen auf BAG 10. Februar 1988 - 1 ABR 70/86 (AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 53) und BAG 18. August 1987 - 1 ABR 30/86 (AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 23) betreffen allerdings keine Tarifregelungen, mit denen betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmungsrechte eingeschränkt wurden, sondern solche, mit denen sie ausgeweitet wurden. Ob diese Rechtsprechung auch auf die Fälle der eingeschränkten Mitbestimmung nach § 42 Buchst. c MVG.EKD zu übertragen ist, kann dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn man hiervon zugunsten der antragstellenden Mitarbeitervertretung ausgeht, bleibt vorliegend festzustellen, dass hier kein Mitbestimmungsrecht anlässlich der Einführung der BA-Gruppen besteht. Es liegt kein Fall der Umgruppierung i.S. der eingeschränkten Mitbestimmung des § 41 MVG.EKD vor.
Das eingeschränkte Mitbestimmungsrecht nach § 42 Buchst. c, § 41 MVG.EKD setzt voraus, dass die Dienststelle überhaupt eine Umgruppierung vorzunehmen hat. Eine Umgruppierung liegt nur vor, wenn die Dienststelle eine wertende Entscheidung über die Zuordnung zu einer bestimmten Vergütungsgruppe treffen kann und muss. Die Mitbestimmung bei einer Umgruppierung beschränkt sich auf einen Mitvollzug der ohnehin nur aufgrund einer wertenden Subsumtion vorgenommenen Zuordnung der tatsächlichen Merkmale der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit in eine Vergütungsgruppe. Daran fehlt es vorliegend. Eine solche Entscheidung ist von der Dienststelle weder gefordert, noch ist sie ihr auch nur ermöglicht. Die in Rede stehenden Übergangsregelungen lassen, wie die Schlichtungsstelle zu Recht angenommen hat, keinen Raum für einen subsumierenden Akt der Zuordnung tatsächlicher Merkmale der jeweiligen arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit unter die Tätigkeitsmerkmale der in Rede stehenden Bestimmungen über die BA-Vergütungsgruppen. Denn die Arbeitsrechtsregelung selbst hat die Zuordnung der in die bisherigen Vergütungsgruppen eingruppierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in eine der beiden neuen BA-Vergütungsgruppen vorgenommen. Ob die Eingruppierung in die bisherigen Vergütungsgruppen zutraf, unterliegt anlässlich der Einführung der BA-Gruppen nicht erneut der eingeschränkten Mitbestimmung nach § 42 Buchst. c, § 41 MVG.EKD. Der Umstand, dass ein Teil der Übergangsregelungen erst am 19. April 2002 und damit "nachträglich" beschlossen und rückwirkend zum 1. Januar 2002 in Kraft gesetzt worden ist, führt hinsichtlich des § 42 Buchst. c MVG.EKD zu keinem anderen Ergebnis. Ob in der Zwischenzeit unter dem Gesichtspunkt der Umgruppierung ein Mitbestimmungsrecht nach § 42 Buchst. c, § 41 MVG.EKD hinsichtlich der Zuordnung der von der zuerst verabschiedeten Übergangsregelung nicht erfassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu den neuen BA-Gruppen bestanden hat, ist für die nach dem Inkrafttreten beider Übergangsregelungen getroffene Entscheidung im vorliegenden Verfahren unerheblich.
2. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Antrags zu 2 ist die Beschwerde mit Rücksicht auf § 60 Abs. 4 MVG.EKD nicht statthaft. Die Feststellung der Unwirksamkeit der Eingruppierung ohne vorherige Zustimmung der Antragstellerin betrifft die materielle Zustimmung der Antragstellerin im Einzelfall. Hierüber entscheidet die Schlichtungsstelle nach § 60 Abs. 4 MVG.EKD abschließend. Zudem ist der Antrags selbst mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil es vorliegend nicht um eine Beteiligung bei der Eingruppierung, d.h. um eine erstmalige Einordnung in ein Vergütungssystem, sondern - aus der Sicht der Antragstellerin - Umgruppierung geht.
III. Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen (§ 13 VGG.EKD). Ob die Kosten der Hinzuziehung der verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwältin für den Beschwerderechtszug von der Dienststelle zu tragen sind, kann nicht nach § 61 Abs. 9 MVG.EKD entschieden werden. Diese Bestimmung gilt nur für die erstinstanzliche Schlichtung. Die materielle Kostentragung richtet sich nach § 30 Abs. 2 MVG.EKD; bei Streitigkeiten hierüber kann die Schlichtungsstelle angerufen werden (§ 30 Abs. 6 MVG.EKD).
Der Verfahrenswert zur Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren war in entsprechender Anwendung von § 8 BRAGO auf 8.000,- € festzusetzen.